Höffner hat Recht

von Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Höffner hat Recht

Nachtragsliquidation einer kapitalistisch strukturierten GmbH & Co. KG

Oberlandesgericht München

Urteil verkündet am 23.01.2002

Aktenzeichen: 7 U 4255/01

HGB § 161 Abs. 1

AktG § 273 Abs. 4

Die Nachtragsliquidation einer kapitalistisch strukturierten GmbH & Co. KG erfolgt nicht durch den bisherigen, sondern durch einen analog § 273 Abs. 4 AktG gerichtlich neu zu bestellenden Abwickler; ersterer kann eine in die Nachtragsliquidation fallende Abwicklungsmaßnahme auch nicht im Wege der actio pro socio oder einer sonstigen Prozessführungsbefugnis geltend machen.

Verkündet am 23. Januar 2002

In dem Rechtsstreit (…)

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Barwitz und Kotschy aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2002 folgendes Endurteil:

Tenor:

Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 18. Juni 2001 wird zurückgewiesen.

(…)

Tatbestand:

Die Klägerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, macht als alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin zu 1), einer bereits 1986 aufgelösten und nach Anmeldung der Beendigung der Liquidation mit Schreiben vom 12.10.1987 im Jahre 1988 im Handelsregister gelöschten Publikums-Kommanditgesellschaft, in deren Namen sowie in eigenem Namen eine ihrer Meinung nach von der Beklagten übernommene Verbindlichkeit des Dr. D. auf Leistung eines Teilbetrages von DM 100.000,00 auf dessen Kommanditeinlage in die Klägerin zu 1) in Höhe von DM 500.000,00 geltend, hilfsweise begehrt die Klägerin zu 2) die Feststellungen, dass die Klageforderung zu Recht bestehe und im Rahmen einer Abfindungsrechnung zu berücksichtigen sei.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Abwicklung der Klägerin zu 1) noch nicht beendet sei. Nach wie vor stünden erhebliche Beträge auf Kommanditeinlagen aus. Diese seien zur Abdeckung erheblicher Verbindlichkeiten erforderlich. Die Abtretung aller Aktiven und Passiven der Klägerin zu 1) an die M. Abwicklungstreuhand GmbH zum 31.10.1986 sei mangels Zustimmung aller Gesellschafter unwirksam. Sie, die Klägerin zu 2), sei daher als nach § 22 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) berufene Liquidatorin befugt, die Nachtragsliquidation der Klägerin zu 1) zu be- und offene Einlagen einzutreiben. Die Klageforderung könne sie zudem in eigenem Namen geltend machen, da sie aus dem Bruch des Gesellschaftsvertrages durch den Mitgesellschafter W. und die Beklagte als frühere Gesellschaftsgläubigerin und heutige Mitgesellschafterin resultiere.

Die Beklagte hält die Klägerin zu 1) schon für nicht wirksam vertreten, da für sie kein Nachtragsliquidator bestellt worden sei. So habe das Bayerische Oberste Landesgericht bereits mit Beschluss vom 10.11.1992 die Ernennung der Klägerin zu 2) als Nachtragsliquidatorin der Klägerin zu 1) abgelehnt und in analoger Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG ausgeführt, dass das Amt der Klägerin zu 2) für eine etwaige Nachtragsliquidation nicht wieder auflebe. Entsprechend habe auch der erkennende Senat am 12.04.2000 hinsichtlich der Schwestergesellschaft der Klägerin zu 1) entschieden. Die Klägerin zu 2) sei nicht prozessführungsbefugt, da nur der Liquidator rückständige Einlagen geltend machen könne. Auch habe sie, die Beklagte, nicht die Einlage des Dr. D. oder die Verpflichtung zu deren Zahlung übernommen. Weiter beruft sich die Beklagte auf Erfüllung und Verjährung nach § 159 HGB.

Das Landgericht München I hat die Klage am 18.06.2001 als unzulässig abgewiesen und sich dabei dem Standpunkt der oben genannten Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des erkennenden Senats angeschlossen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Klägerinnen ihr Begehren weiter.

Im Übrigen wird auf das Ersturteil, die im Berufungsrechtszug zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 23.01.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerinnen hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage hinsichtlich der Klägerin zu 1) mangels Prozessfähigkeit und hinsichtlich der Klägerin zu 2) mangels Prozessführungsbefugnis als unzulässig abgewiesen.

I.

Die Berufung der Klägerinnen ist zulässig; dies gilt insbesondere auch in Richtung der Klägerin zu 1).

Auch wenn das Erstgericht die Fähigkeit der Klägerin zu 1) verneint hat, Prozesshandlungen selbst oder durch selbst bestellte Vertreter wirksam vorzunehmen oder entgegenzunehmen, war die Klägerin zu 1) für das Berufungsverfahren als prozessfähig zu behandeln. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. zuletzt BGHZ 110, 294, 295; NJW 1993, 2943, 2944; NJW 1996, 1059 f.) ist das Rechtsmittel der Partei, die sich dagegen wendet, dass sie in der Vorinstanz zu Unrecht, sei es als prozessfähig, sei es als prozessunfähig behandelt worden ist, ohne Rücksicht darauf zulässig, ob sie die sonst für die Prozessfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen aufweist. Anderenfalls bliebe ein an dem Verfahrensverstoß leidendes Urteil der Vorinstanz aufrechterhalten, erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit der Nichtigkeitsklage beseitigt werden.

II.

1. Die Berufung der Klägerin zu 1) ist nicht begründet; soweit im Namen der Klägerin zu 1) Klage erhoben worden ist, ist sie wegen fehlender Prozessfähigkeit der Klägerin zu 1) unzulässig.

Entgegen ihrer Ansicht ist die Klägerin zu 2) hier nicht zur Vertretung der Klägerin zu 1) befugt. Ihre Rechte als frühere Abwicklerin der Klägerin zu 1) leben auch dann nicht auf, wenn man mit den Klägerinnen eine Nachtragsliquidation für erforderlich hielte. Auf die Klägerin zu 1) ist insoweit nicht § 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 157 HGB anzuwenden, sondern in analoger Weise die Vorschrift des § 273 Abs. 4 AktG. Ein danach gerichtlich zu ernennender Nachtragsliquidator ist nach übereinstimmenden Vortrag der Parteien bisher nicht bestellt oder berufen worden.

a) Bei der Klägerin zu 1) handelt es sich um eine körperschaftlich strukturierte Publikumsgesellschaft. Sie war nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Mitgliedschaft einer Vielzahl noch zu werbender Gesellschafter angelegt gewesen, die sich nur kapitalistisch beteiligt haben und mehr oder weniger zufällig zusammengeführt worden sind. Das ergibt sich nicht nur aus dem vorgelegten Zeichnungsschein (Anl. K 1), sondern auch aus § 2 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1) (Anl. K 4). Zudem war nach § 13 der zuletzt gültigen Fassung der Satzung ein Verwaltungsrat bei der Klägerin zu 1) gebildet worden, dem die Befugnisse eines Aufsichtsrates bei einer Aktiengesellschaft zukamen und der nach § 22 auch während der Liquidationsphase im Amt blieb. Die Klägerin zu 1) weicht damit wesentlich vom gesetzlichen Leitbild einer Kommanditgesellschaft ab.

b) Der Bundesgerichtshof hat daher solche Publikumspersonengesellschaften wie die Klägerin zu 1) in Ergänzung oder Abkehr von den §§161 ff. HGB mehrfach Sonderregeln unterstellt. So sind Gesellschaftsverträge solcher Gesellschaften nach objektiven Grundsätzen auszulegen (BGH WM 1979, 672; WM 1990, 714, 715) und unterliegen einer Inhaltskontrolle (BGHZ 64, 238, 241; 84, 11, 13 f.; 102, 172, 177 f.; 104, 50, 53 f.). Ladungsmängel führen anders als bei gewöhnlichen Personengesellschaften und ähnlich wie bei nicht zur Nichtigkeit führenden Mängeln im Rahmen der Einberufung zu Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften mangels Kausalität oder Relevanz (vgl. Hüffer, AktG, 4., Aufl., Rn. 11 ff. zu § 243) nicht immer zur Nichtigkeit der von der Gesellschafterversammlung getroffenen Beschlüsse (BGH WM 1983, 1407, 1408; WM 1987, 927, 928). Bei einer Publikumsgesellschaft mit mehr als 150 Gesellschaftern hat der Bundesgerichtshof die Einberufungsfrist in entsprechender Anwendung des § 121 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz AktG mit der Aufgabe der Einladungsschreiben zur Post beginnen lassen, wenn der Gesellschaftsvertrag keine ausdrücklich abweichende Regelung enthält (NJW 1998, 1946, 1947). Dem folgend haben das Oberlandesgericht Hamm (OLGZ 1991, 13, 17) und das Bayerische Oberste Landesgericht (ZIP 1993, 1086 ff.) § 273 Abs. 4 AktG entsprechend auf die Neubestellung oder Neuberufung von Abwicklern für eine Nachtragsliquidation einer Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG angewandt. Letzteres hat dies mit Beschluss vom 10.11.1992 gerade für die Klägerin zu 1) ausgeführt.

c) Diese analoge Anwendung drängt sich hier zudem deshalb auf, weil die Klägerin zu 2) als persönlich haftende Gesellschafterin nach dem Gesellschaftsvertrag der Kontrolle ihres Verwaltungsrates auch bei der Liquidation unterliegen soll. Ein alleiniges Aufleben von Rechten der Klägerin zu 2) als Abwicklerin wäre daher mit dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu 1) unvereinbar.

2. Die Berufung der Klägerin zu 2) ist ebenfalls nicht begründet; soweit die Klägerin zu 2) in eigenem Namen Klage erhoben hat, war diese wegen fehlender Prozessführungsbefugnis unzulässig.

a) Als Ausfluss des Mitgliedschaftsrechtes kann nach zumindest gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein nicht allein zur Geschäftsführung berechtigter Gesellschafter einer Personengesellschaft in eigenem Namen von Mitgesellschaftern die Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag verlangen (BGH NJW 1985, 2830, 2831; NJW 1992, 1890, 1892). In einem solchen Fall steht dem einzelnen Gesellschafter die Prozessführungsbefugnis zu, da er ein berechtigtes Interesse hat, den Anspruch der Gesellschaft einzuklagen. Dasselbe gilt, wenn der oder die zur Geschäftsführung berechtigten Gesellschafter einer Personengesellschaft eine Forderung gegen einen Dritten aus gesellschaftswidrigen Gründen in bewusstem Zusammenwirken mit dem Dritten nicht einziehen (BGH NJW 2000, 734).

Hierauf indes kann sich die Klägerin zu 2) nicht berufen, soweit sie jetzt den ihrer Ansicht nach gegebenen Anspruch der Klägerin zu 1) auf Zahlung der Resteinlage in eigenem

BFH, Urteil vom 1.7.2014 – IX R 47/13, zur Frage: Wann realisiert eine Kapitalgesellschaft den Auflösungsverlust für den Fall, dass später eine Nachtragsliquidation durchgeführt wird?

BFH, Urteil vom 1.7.2014 – IX R 47/13, zur Frage:

In welchem Jahr ist ein Auflösungsverlust zu berücksichtigen, wenn nach dem förmlichen Abschluss der Abwicklung eine Nachtragsliquidation durchgeführt wird?

Sachverhalt:

Der Kläger war Alleingesellschafter einer nach Insolvenz seit 2001 im Handelsregister gelöschten GmbH. 2005 wurde auf Betreiben von Gläubigern der GmbH eine Nachtragsliquidation angeordnet. Nach deren Abschluss 2005 erstellte die GmbH eine Schlussbilanz. Der Kläger begehrte danach, den gesamten aus der Auflösung der GmbH erzielten Verlust bei der Einkommensteuer 2005 zu berücksichtigen. Das FA lehnte dies ab. Die Klage hatte Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 4.6.2013, 2 K 2475/11, Haufe-Index 6449809). Das FG argumentierte mit der zivilrechtlichen Kontinuität der Gesellschaft im Fall einer Nachtragsliquidation.

Leitsätze:

1. Maßgebender Realisierungszeitpunkt des nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Auflösungsverlusts ist auch im Fall einer Nachtragsliquidation derjenige, in dem mit einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter und mit einer wesentlichen Änderung der durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen nicht mehr zu rechnen ist.
2. Fallen im Rahmen der Nachtragsliquidation Aufwendungen an, die nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, handelt es sich um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Auflösungsgewinns oder ‐verlusts beeinflusst und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen ist.

Normenkette § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 17 EStG, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, § 273 Abs. 4 AktG

Entscheidung:

1. Bei der Ermittlung des Gewinns (oder Verlusts) aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft oder aus der Auflösung der Gesellschaft ist eine Stichtagsbewertung vorzunehmen auf den Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder Verlusts. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre.
2. Das bedeutet u. a., dass alle am jeweiligen Bewertungsstichtag bereits vorhersehbaren Risiken zu berücksichtigen sind. Es sind deshalb auch Sachverhalte zu berücksichtigen, die die GmbH am Bilanzstichtag zur Bildung einer Rückstellung verpflichten würden. Mit anderen Worten: Der Verlust muss zwar im Wesentlichen, aber noch nicht in voller Höhe endgültig feststehen.
3. Ein Auflösungsverlust ist nach der Rechtsprechung bereits in dem Jahr zu erfassen, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits (im Wesentlichen) feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist, spätestens jedoch im Zeitpunkt des förmlichen Abschlusses der Liquidation, also mit der Eintragung im Handelsregister, dass die Gesellschaft gelöscht ist.
4. Entstehen nach diesem Zeitpunkt noch Aufwendungen, die sich auf die Höhe des Auflösungsverlusts auswirken (nachträgliche Anschaffungskosten), handelt es sich um ein rückwirkendes Ereignis (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 AO). Der für die Berücksichtigung des Verlusts maßgebliche Zeitpunkt wird dadurch nicht beeinflusst.
5. Nichts anderes gilt, wenn nach dem förmlichen Abschluss der Liquidation eine Nachtragsliquidation durchgeführt wird. Der für die Berücksichtigung des Auflösungsverlusts maßgebliche Zeitpunkt (regelmäßig der Abschluss der Liquidation, nicht der Nachtragsliquidation) wird dadurch nicht beeinflusst. Unerheblich ist, dass die Gesellschaft im Fall einer Nachtragsliquidation handelsrechtlich als fortbestehend angesehen wird. Auf den Zeitpunkt der zivilrechtlichen Beendigung der Gesellschaft kommt es nicht an.

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Auflösung, Liquidation oder Abwicklung einer Gesellschaft

Allgemeines

Aus der Perspektive der Gesellschafter  ist die Liquidation oder Abwicklung der Beginn des Zeitraumes nach der Auflösung der Gesellschaft oder des Vereins, durch den sie zur tatsächlichen Vermögenslosigkeit geführt werden, um die Vollbeendigung ihrer Existenz durch registerliche Löschung zu ermöglichen. Es handelt sich also um die zweite Phase der Beendigung einer Gesellschaft oder eines Vereins, ihr vorauszugehen hat rechtsformunabhängig die Auflösung, ihr folgt die Löschung im Register. Die Liquidationsphase findet nur statt, wenn eine (nicht insolvente) Gesellschaft regulär beendet werden soll oder ein Insolvenzantrag mangels Masse abgelehnt wurde. Die Liquidation im Rahmen eines Insolvenzverfahrens folgt hingegen den komplexen Sondernormen der Insolvenzordnung.

Liquidator/Abwickler

Die Abwicklung wird nach der gesetzlichen Festlegung durch die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer durchgeführt, im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Hauptversammlung kann jedoch auch eine andere Person als Abwickler bestimmt werden (§ 265 Abs. 1 und 2 AktG, §§ 146 ff. HGB für Personengesellschaften). Die mit der Liquidation (Abwicklung) eines Vereins oder einer Handelsgesellschaft nach deutschem Recht (z. B. nach HGB, GmbHG, AktG oder BGB) betrauten Personen werden auch Liquidator (oder Abwickler) genannt. Die Abwickler vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 269 Abs. 1 AktG). Ähnliche Regeln gelten für die GmbH (§ 66 Abs. 1 GmbHG). Die Liquidatoren werden bei Handelsgesellschaften in das Handelsregister eingetragen.

Aufgabe der Abwickler ist es, im Interesse der Gläubiger sowie der Aktionäre und Gesellschafter eine möglichst große Verteilungsmasse zu erwirtschaften.

Offene Liquidation

Bei einer offenen Liquidation haben die Abwickler die Liquidationsabsicht öffentlich bekanntzumachen, die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und durch einen Gläubigeraufruf diese aufzufordern, sich zu melden (§ 65 Abs. 2 GmbHG). Ab dieser Bekanntmachung beginnt die Frist für das Sperrjahr (§ 73 Abs. 1 GmbHG), vor dessen Ablauf und kompletter Schuldentilgung darf das verbleibende Gesellschaftsvermögen nicht an die Gesellschafter verteilt werden; bei Verstoß haften die Liquidatoren mit ihrem Privatvermögen (Gläubigerschutz).

Der Liquidator ist Organ der Gesellschaft und haftet in dieser Funktion nach den allgemeinen Regeln. Beispielsweise hat er die steuerlichen Pflichten für die Liquidationsgesellschaft zu erfüllen.

Stille Liquidation

Bei der stillen Liquidation werden die Vermögensgegenstände der Gesellschaft aufgelöst und dem Registergericht die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft – sobald sie eingetreten ist – glaubhaft gemacht. Das Registergericht löscht in diesem Fall die Gesellschaft gemäß § 394 Abs. 1 FamFG von Amts wegen – ohne Liquidationsverfahren.

Durchführung der Liquidation

Zur Liquidation gehört auch die Veräußerung des Unternehmens insgesamt oder in betriebsfähigen Teilbetrieben. Es dürfen alle der Liquidation dienlichen Geschäfte durchgeführt und gegebenenfalls auch Neuverträge abgeschlossen werden. Während der Liquidationsphase tragen die Gesellschaften einen den Abwicklungsprozess kennzeichnenden Firmenzusatz („i. L.“ für „in Liquidation“ oder „i. Abw.“ für „in Abwicklung“; z. B. § 71 Abs. 5 GmbHG). Zweck und Inhalt der Liquidation ist die Beendigung der laufenden Geschäfte mit dem Ziel, nach Erfüllung aller Verbindlichkeiten das verbleibende, ausschließlich in Geld bestehende Vermögen an die Gesellschafter zu verteilen (so z.B. § 72 GmbHG). Das zu verteilende Restvermögen abzüglich der Liquidationskosten wird als Liquidationserlös bezeichnet.

Ende der Liquidation

Nach Verteilung des Liquidationserlöses an die Gesellschafter und der Erstellung der Schlussrechnung müssen die Abwickler die Beendigung der Abwicklung zum Handelsregister anmelden. Mit der Anmeldung sind dem Gericht ein Exemplar über die Bekanntmachung der Auflösungserklärung mit Gläubigeraufruf vorzulegen. Die Gesellschaft ist damit beendet und wird im Handelsregister gelöscht (§ 273 AktG, § 74 Abs. 1 GmbHG).

Die Liquidation führt nach ihrer Beendigung grundsätzlich zum Wegfall der Rechts- und Parteifähigkeit, das heißt eine Kapitalgesellschaft verfügt dann nicht mehr über Aktivvermögen und wird im Handelsregister gelöscht. Die im Verlauf eines anhängigen Prozesses betriebene Liquidation begründet dann einen Wegfall der Parteifähigkeit, wenn eine Gesellschaft vollständig beendet ist, sie mithin im Handelsregister gelöscht wurde, kein Aktivvermögen mehr vorhanden ist und damit zugleich – bei einem Passivprozess – das Zugriffsobjekt für den Kläger entfallen ist. Eine Personengesellschaft ist hingegen steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich weiter existent anzusehen, wie gegen sie noch Gewerbesteueransprüche geltend gemacht werden; infolgedessen gilt sie für die Dauer des Rechtsstreits über den Gewerbesteuermessbescheid als steuerrechtlich existent.

Bei Personengesellschaften ist keine gesetzliche Regelung vorgesehen, weil Gläubigerschutzbestimmungen wegen der Vollhafterfunktion nicht erforderlich sind. Nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB scheidet nämlich ein persönlich haftender Gesellschafter erst mit der Vollbeendigung der OHG oder KG aus. OHG und KG erlöschen mit ihrer Vollbeendigung, die Löschung im Handelsregister hat lediglich noch deklaratorische Bedeutung.

Löschung

Das Ende der Liquidation überführt die Gesellschaft in das Stadium ihrer Löschungsfähigkeit, die durch das Registergericht sorgfältig nach § 26 FamFG zu prüfen ist. Dabei hat das Registergericht von Amts wegen zu ermitteln, ob die Abwicklung tatsächlich beendet wurde und folglich weder Restvermögen vorhanden noch sonstige Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Insbesondere hat das Gericht von Amts wegen die erforderlichen Ermittlungen aufzunehmen und kann in diesem Zusammenhang die Anmeldung z.B. dem Finanzamt zur Stellungnahme zuleiten, ob die Liquidationsabschlussbilanz vorgelegt wurde und die steuerliche Veranlagung abgeschlossen ist. Sollten Bedenken oder Einwände geäußert werden, wird die Eintragung der Löschung bis zur Vollbeendigung zurückgestellt. Ergeben sich keine Bedenken, trägt das Registergericht das Erlöschen ein (Wortlaur des Handelsregistereintrags: „Die Liquidation ist beendet. Die Gesellschaft ist gelöscht.“) Mit Löschung im Register tritt die Beendigung ein (z.B. § 74 GmbHG).

Die Löschung im Handelsregister beeinträchtigt die Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit so lange nicht, als die Rechtsverhältnisse einer Personengesellschaft mit Dritten noch nicht abgewickelt sind. Der Untergang der Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit einer Personengesellschaft setzt nämlich deren Vollbeendigung voraus. Die Löschung hat lediglich deklaratorische Wirkung, so dass das Fehlen von Aktivvermögen für die Vollbeendigung maßgebend ist. Ist im Gesellschaftsvertrag einer GbR bestimmt, dass nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, und scheidet der vorletzte Gesellschafter aus der GbR aus, so führt dies zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft.

Mit der Löschung aus dem Handelsregister hört die Gesellschaft auf zu existieren. Nur ausnahmsweise können die drei Stadien Auflösung-Liquidation-Vollbeendigung zusammenfallen, insbesondere bei Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit durch das Registergericht gemäß § 394 Abs. 1 FamFG. Eine Löschung wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen ist für alle Kapitalgesellschaften (AG, GmbH und KGaA) materiell-rechtlich in dieser Vorschrift vorgesehen. Die Löschung führt zum Wegfall als juristische Person. Auch die Vermögenslosigkeit ist wegen der schwerwiegenden Folgen einer Löschung vom Registergericht sorgfältig zu prüfen.

Stellt sich nachträglich heraus, dass doch noch bisher unentdecktes Vermögen vorhanden ist, muss eine Nachtragsliquidation durchgeführt werden.

BGH: Verjährung der Erstattungsansprüche der GmbH mit Entstehung der Unterbilanz

Vorliegen einer verbotenen Auszahlung zu Lasten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens; Bestellung einer dinglichen Sicherheit für einen Darlehensrückzahlungsanspruch eines Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter; Verjährung der Erstattungsansprüche der Gesellschaft mit Entstehung einer Unterbilanz

BGH, Urteil, 21.03.2017, II ZR 93/16.

Amtlicher Leitsatz:

GmbHG § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 2Eine verbotene Auszahlung im Sinn von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu Lasten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens liegt mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit für einen Darlehensrückzahlungsanspruch eines Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter vor, wenn der Gesellschafter nicht voraussichtlich zur Rückzahlung in der Lage ist und zudem eine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird. Damit und nicht erst mit der Verwertung der Sicherheit beginnt die Verjährung der Erstattungsansprüche der Gesellschaft nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. mbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Die Beklagten sind Kommanditisten der Schuldnerin und Gesellschafter ihrer Komplementärin.
Zum Betriebsvermögen der Schuldnerin gehörte das Grundstück J. in G. . Dieses war zugunsten der S. Bank mit einer Buchgrundschuld belastet, die zuletzt aufgrund der Zweckerklärung vom 7. Juli 2003 eine Darlehensforderung der Gläubigerin gegen die frühere Beklagte zu 1 sicherte.
Im Juni 2011 kündigte die S. Bank das Darlehen. Nach Insolvenzeröffnung am 6. Dezember 2011 meldete sie eine Forderung von 306.604,92 € zur Tabelle an und verlangte abgesonderte Befriedigung aus der Grundschuld. Am 21. März 2013 gab die Beklagte zu 1 die eidesstattliche Versicherung ab. Der Kläger verkaufte das Grundstück am 18. Oktober 2013 im Einvernehmen mit der S. Bank für 74.000 €. Davon gelangte ein Kostenbeitrag von 4.998 € zur Insolvenzmasse, 54.876,63 € erhielt die S. Bank und den Restbetrag die Stadt G. .
Der Kläger hat mit seiner am 31. Dezember 2014 eingegangen Klage von der Beklagten zu 1 Zahlung von 54.876,63 € verlangt und hinsichtlich der Beklagten zu 2 bis 4 jeweils die Feststellung begehrt, dass sie verpflichtet seien, jeweils 8.521,53 € bei Ausfall der Beklagten zu 1 zu zahlen und zudem jeweils diesen Betrag bei Ausfall der weiteren Beklagten. Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 durch Teilversäumnisurteil zur Zahlung verurteilt und die Klage gegen die Beklagten zu 2 bis 4 abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, mit der er von den Beklagten zu 2 bis 4 jeweils Zahlung von 8.521,53 € verlangt und die Feststellung ihrer Verpflichtung zur Zahlung dieses Betrags bei Ausfall der weiteren verbliebenen Beklagten beantragt hat. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Zwar verstoße eine Zahlung der Kommanditgesellschaft an einen Kommanditisten, der zugleich GmbHGesellschafter sei, gegen das Verbot des § 30 GmbHG, wenn sie dazu führe, dass das Vermögen der Komplementär-GmbH nach Abzug der Verbindlichkeiten nicht der Höhe des Stammkapitals entspreche. Der Rückzahlungsanspruch aus § 31 GmbHG stehe der Kommanditgesellschaft zu. Durch die Gewährung der Sicherheit und deren Verwertung sei eine Auszahlung an die Beklagte zu 1 als Gesellschafterin erfolgt. Die Beklagte zu 1 sei als Adressatin des Auszahlungsverbots und zugleich als haftende Empfängerin der verbotenen Auszahlung im Sinne des § 31 GmbHG anzusehen, weil sie vereinbarungsgemäß durch die Verwertung der Sicherheit von ihrer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der S. Bank befreit werden sollte und auch teilweise befreit worden sei.
Es sei aber nicht festzustellen, dass die Auszahlung zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz geführt habe. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Auszahlung gegen das Kapitalerhaltungsgebot verstoße, sei der Moment, in dem die Haftung der Grundschuld für eine allein gegenüber der Beklagten zu 1 bestehende Forderung begründet worden sei. Gewähre die Gesellschaft ihrem Gesellschafter ein Darlehen, werde die Auszahlung des Darlehens als maßgeblicher Zeitpunkt angesehen, zu dem die Vereinbarkeit mit § 30 Abs. 1 GmbHG zu prüfen sei. Für die Stellung einer dinglichen Sicherheit aus dem Vermögen der Gesellschaft für eine Verbindlichkeit eines Gesellschafters könne nichts anderes gelten. Die Bestellung einer dinglichen Sicherheit entspreche wirtschaftlich der unmittelbaren Finanzierung des Gesellschafters durch ein Gesellschafterdarlehen. Wie die Auszahlung eines Darlehens führe sie zu einem Vermögensabfluss, auch wenn dieser nach § 251 HGB zunächst nur unter der Bilanz auszuweisen sei. Durch sie gehöre der als Sicherheit gewährte Gegenstand sachenrechtlich und insolvenzrechtlich nicht mehr allein der Gesellschaft, sondern stehe vorrangig dem Gläubiger des Gesellschafters zur Verfügung. Dieser sei auch dann nicht an einer Verwertung der Sicherheit gehindert, wenn dies zu einer Unterbilanz der Gesellschaft führe, da er als außenstehender Dritter nicht an die Kapitalerhaltungsvorschriften gebunden sei.
Stelle man demgegenüber nicht auf die Bestellung der Sicherheit, sondern auf den Zeitpunkt der mit Wahrscheinlichkeit drohenden Inanspruchnahme oder der Verwertung ab, könnten regelmäßig weder die Gesellschafter noch der Geschäftsführer absehen, ob sich aus der Bestellung der dinglichen Sicherheit künftig eine verbotene Auszahlung ergeben werde, die zu verhindern nicht mehr in ihrer Macht stehe. Die Gesellschafter und Geschäftsführer zur Vermeidung ihrer Haftung auf die Möglichkeit zu verweisen, bei der Einräumung der Sicherheit eine vertragliche Verwertungsbeschränkung zu vereinbaren, würde die Möglichkeit, Gesellschaftssicherheiten für Gesellschafterverbindlichkeiten zu bestellen, stark einschränken, da der Kreditgeber nicht ohne weiteres bereit sein werde, eine derartige Schwächung der von ihm geforderten Sicherheit hinzunehmen.
Nach dieser Maßgabe sei die Auszahlung hier mit Abschluss der Sicherheitenabrede vom 7. Juli 2003 erfolgt. Da der Kläger zur Vermögenssituation der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt nichts vorgetragen habe, könne nicht beurteilt werden, ob das Stammkapital durch die Auszahlung angegriffen worden sei. Eine später eingetretene Unterbilanz genüge zur Begründung des Erstattungsanspruchs für sich genommen nicht.
Es könne indes dahinstehen, ob die Haftung der Beklagten zu 2 bis 4 nach § 31 Abs. 3 GmbHG begründet worden sei, da der Erstattungsanspruch jedenfalls verjährt sei. Unterstelle man die Entstehung oder Vertiefung einer Bilanz und eine Unterbilanz am 7. Juli 2003, habe die Verjährung des Haftungsanspruchs nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts in diesem Zeitpunkt begonnen und wäre am 7. Juli 2008 eingetreten. Eine Hemmung sei nicht ersichtlich. Eine neue Verjährungsfrist habe im späteren Zeitpunkt der Verwertung nicht zu laufen begonnen, da es sich dabei lediglich um die rechtlich nicht selbständig zu beurteilende Auswirkung der ursprünglichen, schon vorher durch die Bestellung der Sicherheit bewirkten Auszahlung handele.
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Zahlung aus dem Vermögen der Kommanditgesellschaft an einen Gesellschafter der Komplementär-GmbH oder einen Kommanditisten eine nach § 30 Abs. 1 GmbHG verbotene Auszahlung ist, wenn dadurch das Vermögen der GmbH unter die Stammkapitalziffer sinkt oder eine bilanzielle Überschuldung vertieft wird (BGH, Urteil vom 29. März 1973 – II ZR 25/70, BGHZ 60, 324, 328 f.; Urteil vom 27. September 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 175; Urteil vom 29. September 1977 – II ZR 157/76, BGHZ 69, 274, 279; Urteil vom 24. März 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329; Urteil vom 8. Juli 1985 – II ZR 269/84, BGHZ 95, 188, 191; Urteil vom 25. November 1985 – II ZR 93/85, WM 1986, 447, 448; Urteil vom 6. Juli 1998 – II ZR 284/94, ZIP 1998, 1437, 1438; Urteil vom 10. Dezember 2007 – II ZR 180/06, BGHZ 174, 370 Rn. 10; Urteil vom 9. Dezember 2014 – II ZR 360/13, ZIP 2015, 322 Rn. 8).
2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 3 Satz 1 GmbHG gegen die Beklagten zu 2 bis 4 nicht entstanden oder jedenfalls verjährt ist. Eine verbotene Auszahlung im Sinn von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zu Lasten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens liegt mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit für einen Darlehensrückzahlungsanspruch eines Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter vor, wenn der Gesellschafter nicht voraussichtlich zur Rückzahlung in der Lage ist und zudem eine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird. Damit und nicht erst mit der Verwertung der Sicherheit beginnt auch die Verjährung der Erstattungsansprüche der Gesellschaft nach § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG.
a) Bei der Bestellung einer dinglichen Sicherheit durch die Gesellschaft für einen Darlehensrückzahlungsanspruch des Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter kommt als Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG regelmäßig die Bestellung der Sicherheit in Betracht (vgl. zur Aktiengesellschaft BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 – II ZR 94/15, ZIP 2017, 472 Rn. 15; Urteil vom 31. Mai 2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 21 – Dritter Börsengang; zur Kommanditgesellschaft BGH, Urteil vom 20. Oktober 1975 – II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131; offengelassen bei BGH, Urteil vom 18. Juni 2007 – II ZR 86/06, BGHZ 173, 1 Rn. 25). Das Auszahlungsverbot betrifft nicht nur Geldleistungen an Gesellschafter, sondern Leistungen aller Art (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 276; Urteil vom 1. Dezember 1986 – II ZR 306/85, WM 1987, 348, 349). Auch mit der Überlassung einer Grundschuld für Zwecke der Kreditbeschaffung wird dem Gesellschafter Vermögen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 1975 – II ZR 214/74, WM 1976, 130, 131). Die übrigen Gläubiger haben im Umfang der Sicherheit keinen Zugriff mehr auf das Vermögen der Gesellschaft, die die Verwertung zugunsten des Sicherungsnehmers bei Fälligkeit auch nicht verhindern kann.
Dafür spricht auch, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Gleichbehandlung der mittelbaren Finanzierung mit einer direkten Finanzierung des Gesellschafters durch ein Darlehen (MünchKommGmbHG/Ekkenga, 2. Aufl., § 30 Rn. 140; Schön, ZHR 159 [1995], 351, 356; Habersack/Schürnbrand, NZG 2004, 689, 696; Freitag, Der Konzern, 2011, 330, 331). In diesem Fall läge eine Auszahlung ohne weiteres vor, wenn das Darlehen an den Gesellschafter selbst oder auf dessen Weisung an dessen Gläubiger ausgezahlt würde. Das gilt dann auch, wenn anstelle einer unmittelbaren Auszahlung eine dingliche Sicherheit für die Auszahlung eines Darlehens eines Dritten an den Gesellschafter gestellt wird.
Dass sich die Bestellung der Sicherheit in der Handelsbilanz nicht unmittelbar auswirkt (§ 251 Satz 1 HGB), steht dem nicht entgegen. Wenn der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) zum bilanziellen Denken zurückkehren wollte (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG], BT-Drucks. 16/6140 S. 41), hatte er Darlehen im Blick, bei denen die Auszahlung immer bilanzwirksam ist. In anderen Fällen, in denen eine Auszahlung vorliegt, wie etwa bei der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes zum Buchwert statt zum Verkehrswert, muss sich dies nicht in der Handelsbilanz niederschlagen. Eine strikte Orientierung an den Bilanzierungsgrundsätzen für die Handelsbilanz wird diesen Fallgestaltungen nicht gerecht. Vielmehr ist mit dem „bilanziellen“ Denken eher eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gemeint (Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 30 Rn 62; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 145).
b) Zu einer Auszahlung kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht erst, wenn eine Inanspruchnahme der Sicherheit droht (so aber im Ergebnis Michalski/Heidinger, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 95, 207; Thiessen in Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl., § 30 GmbHG Rn. 42 f.; Winkler/Becker, ZIP 2009, 2361, 2363; Dampf, Der Konzern 2007, 157, 165; Sutter/Masseli, WM 2010, 1064, 1068; Steinbeck, WM 1999, 885, 887).
Bei Leistungen der Gesellschaft, welche durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind, liegt nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG keine Auszahlung vor. Bei der Bestellung einer dinglichen Sicherheit ist dieser Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch der Anspruch der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter, sie von der Inanspruchnahme der Sicherheit bei Fälligkeit des Darlehens freizustellen. Ob der Darlehensgeber und Sicherungsnehmer auf die Sicherheit zugreifen wird, hängt davon ab, ob der Gesellschafter aus der ex-ante-Perspektive zur Darlehensrückzahlung in der Lage ist (BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 – II ZR 94/15, ZIP 2017, 472 Rn. 18 zu § 57 Abs. 1 AktG).
Insoweit ist der Freistellungsanspruch als „Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch“ vollwertig und ein Ausfall unwahrscheinlich, wenn der Ausfall des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Sicherungsnehmers unwahrscheinlich ist. In diesem Fall liegt auch bei der Stellung einer dinglichen Sicherheit der vom Gesetzgeber mit der bilanziellen Betrachtungsweise (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG], BT-Drucks. 16/6140 S. 41) zugelassene „Aktiventausch“ vor, der nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG eine Bewertung als Auszahlung ausschließt (vgl. MünchKommGmbHG/Ekkenga, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 253 ff.; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 125; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 30 Rn. 62; Freitag, WM 2007, 1681, 1685). Der Gläubigerschutz durch Kapitalerhaltung ist insoweit geschwächt. Diese Schwächung beruht aber auf der Entscheidung des Gesetzgebers, einen Tausch von vorhandenen Vermögenswerten in einen Anspruch gegen den Gesellschafter zuzulassen.
aa) Ist der Freistellungsanspruch bei der Bestellung der Sicherheit nicht werthaltig, liegt bereits darin die Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG und sind nachfolgende Verschlechterungen ohne Bedeutung. Die Auszahlung und damit die Bestellung der Sicherheit sind nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verboten, wenn der Wert des Vermögensabflusses durch die Bestellung der Sicherheit, der einer unterstellten Verwertung im Zeitpunkt der Bestellung entspricht (vgl. Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 30 Rn. 35), durch den Freistellungsanspruch nicht ausgeglichen wird und die rechnerische Unterdeckung – unabhängig davon, ob sie sich in einer Handelsbilanz abbilden würde – zu einer Unterbilanz führt oder eine Unterbilanz vertieft. Führt der Vermögensabfluss dagegen nicht zu einer Unterbilanz oder vertieft er nicht eine bestehende Unterbilanz, ist die Auszahlung an den Gesellschafter erlaubt und es entsteht kein Erstattungsanspruch (Habersack in Ulmer/Habersack/ Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 98). Eine weitergehende Verschlechterung der Werthaltigkeit des Freistellungsanspruchs oder das spätere Entstehen einer Unterbilanz sind dann ebenfalls ohne Bedeutung.
bb) Auch wenn der Freistellungsanspruch bei der Bestellung der Sicherheit werthaltig ist, ist wie bei der Gewährung eines Darlehens eine spätere Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters für das Vorliegen einer Auszahlung grundsätzlich nicht von Bedeutung (Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 785; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 30 Rn. 43, 63; Kuntz in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 45; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 144 f.; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 30 Rn. 12). Bei einem werthaltigen Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter bei der Bestellung der Sicherheit, also wenn der das Darlehen in Anspruch nehmende Gesellschafter aus der ex-ante-Sicht zur Rückzahlung in der Lage sein wird, d.h. seine Bonität ausreichend ist, ist die Inanspruchnahme der Sicherheit unwahrscheinlich. Dann liegt nach § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ein bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bilanzneutraler Aktiventausch vor, der nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers unabhängig vom Bestehen oder dem Entstehen einer Unterbilanz keine verbotene Auszahlung ist. Wenn sich der Wert des Freistellungsanspruchs danach wider Erwarten verschlechtert, führt nicht allein diese Verschlechterung zu einer verbotenen Auszahlung (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13 – MPS zum Darlehen). Eine negative Entwicklung lässt die ex ante bestehende Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs nicht rückwirkend entfallen.cc) Daran ändert auch die Pflicht des Geschäftsführers nichts, die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters zu beobachten und auf eine sich nach der Sicherheitenbestellung andeutende Bonitätsverschlechterung mit der Anforderung von Sicherheiten oder der Durchsetzung des Freistellungsanspruchs zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 14 – MPS zum Darlehen). Die Unterlassung solcher Maßnahmen kann zur Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 2 GmbHG führen (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen [MoMiG], BT-Drucks. 16/6140 S. 41; BGH, Urteil vom 1. Dezember 2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 14 – MPS zum Darlehen).
Die bloße Unterlassung, einen Befreiungs-, Rückgriffs- oder Sicherungsanspruch gegen den Gesellschafter geltend zu machen, ist jedoch keine Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG (Altmeppen in Roth/ Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 145; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 30 Rn. 63; aA bei „Stehenlassen“ Scholz/Verse, 11. Aufl., § 30 GmbHG, § 30 Rn. 101). Zwar darf der Geschäftsführer nicht auf einen Freistellungsanspruch oder einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für die drohende Inanspruchnahme der Sicherheit verzichten, weil dann im Verzicht auf den Anspruch eine Auszahlung läge (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 30 Rn. 145; Schön, ZHR 159 [1995], 351, 363; vgl. auch Habersack in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 111 und 54 zum Darlehen). Die bloße Unterlassung der Geltendmachung eines Anspruchs ist aber allein noch kein Verzicht. Der Anspruch, der nicht geltend gemacht wird, besteht fort. Ein Verzicht auf den Freistellungsanspruch wäre außerdem eine andere „Auszahlung“ als die Auszahlung durch Bestellung der Sicherheit, die wertmäßig auch nur den liquiden Wert des wegen der Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters gegenüber dem Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung wertgeminderten Freistellungsanspruchs umfassen kann (vgl. MünchKommGmbHG/Ekkenga, 2. Aufl., § 30 Rn. 224). Da der Freistellungsanspruch gegen den begünstigten Gesellschafter fortbesteht, selbst wenn der Geschäftsführer ihn geltend macht, würde die Anwendung von § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG auf die Unterlassung der Geltendmachung des Freistellungsanspruchs lediglich eine zusätzliche Forderung nach § 31 Abs. 3 GmbHG gegen die übrigen Gesellschafter begründen. Dafür besteht bei ordnungsgemäßem Handeln der Gesellschafter aber kein Anlass (Schön, ZHR 159 [1995], 351, 363).
c) Die nachfolgende Verwertung ist bei einer dinglichen Sicherheitenbestellung für eine Forderung des Sicherungsnehmers gegen den Gesellschafter nicht für die Auszahlung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG maßgeblich (Scholz/Verse, GmbHG, 11. Aufl., § 30 Rn. 103; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 30 Rn. 61; Habersack in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 110; Schön, ZHR 159 [1995], 351, 359 ff.; J. Flume, GmbHR 2011, 1258, 1264; Theusinger/Kapteina, NZG 2011, 881, 883 f.; aA J. Vetter in Goette/Habersack, MoMiG, Rn. 4.79 ff.; Tillmann, NZG 2008, 401, 405; Komo, GmbHR 2010, 230, 233).
Das ist nicht deshalb der Fall, weil erst die Verwertung bilanzwirksam wäre und eine Unterbilanz hervorrufen oder vertiefen könnte. Wegen des vom Gesetzgeber für möglich erachteten Aktiventausches ist vielmehr bei fehlender Werthaltigkeit des Freistellungsanspruchs bereits die Bestellung, wie gezeigt, bilanzwirksam, weil die Verwertung unterstellt wird, sie wahrscheinlich ist bzw. entsprechende Rückstellungen gebildet werden müssen.
Für die Annahme einer „effektiven Zahlung“ (in diese Richtung BGH, Urteil vom 18. Juni 2007 – II ZR 86/06, BGHZ 173, 1 Rn. 25 und 27) durch die Verwertung als Auszahlung mag sprechen, dass bei der Bestellung der Sicherheit oft nicht offenbar sein wird, dass eine Auszahlung erfolgt ist, weil erst die Verwertung sie spürbar macht. Auch bei der Darlehensgewährung legt aber regelmäßig erst die ausbleibende Rückzahlung den Vermögensverlust offen. Dass für die Sicherheitenbestellung strengere Grundsätze gelten sollen, leuchtet nicht ein. Auch der mit der Kapitalerhaltung bezweckte Gläubigerschutz erfordert es nicht, erst die Verwertung als Auszahlung anzusehen. Der Gesetzgeber hat mit der Rückkehr zum bilanziellen Denken gerade den Tausch von Aktivvermögen gegen Ansprüche ermöglichen wollen und den Gläubigerschutz insoweit eingeschränkt. Würde man immer auf den Zeitpunkt der Verwertung abstellen, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, dass die Gesellschaft nie Sicherheitenrksam bestellen könnte, was den Zielsetzungen des Gesetzgebers des MoMiG zuwider liefe (Habersack in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 30 Rn. 110).
Entgegen der Revision liegt in der Bestellung der Sicherheit nicht nur eine Vermögensgefährdung, die sich mit einem andersartigen Werteverzehr erst in der Verwertung als Auszahlung realisiert, so dass damit eine neue Verjährungsfrist beginnt (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 31 Rn. 38; Scholz/Verse, GmbHG, 11. Aufl., § 31 Rn. 77 i.V.m. § 30 Rn. 103; aA Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 31 Rn. 27; Fleischer in Henssler/ Strohn, GesR, 3. Aufl., § 31 GmbHG Rn. 41; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 31 Rn. 31 und § 30 Rn. 8). Die Sicherheit scheidet vielmehr bereits mit der Bestellung aus dem Vermögen der Gesellschaft aus. Die Minderung des Vermögens besteht im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit nicht nur in einer Risikoübernahme, wenn der Freistellungsanspruch nicht werthaltig ist.
28 Danach besteht kein Erstattungsanspruch. Die Revision selbst geht nicht davon aus, dass im Zeitpunkt der Bestellung der Grundschuld für die Forderung der S. Bank gegen die frühere Beklagte zu 1 am 7. Juli 2003 eine Unterbilanz bestand. Das Berufungsgericht hat zwar keine Feststellung dazu getroffen, ob der Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 damals werthaltig war. Wenn bei fehlender Werthaltigkeit eine Auszahlung vorlag, fehlt aber die Verursachung einer Unterbilanz. Das Berufungsgericht konnte zu einer bestehenden oder entstehenden Unterbilanz mangels Vortrags des Klägers keine Feststellungen treffen. War der Freistellungsanspruch aufgrund ausreichender Bonität der Beklagten zu 1 am 7. Juli 2003 werthaltig, scheidet eine Auszahlung aus, ohne dass es auf eine bestehende Unterbilanz ankäme.
29
Eine spätere Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Beklagten zu 1 führt allein nicht zu einer Auszahlung. Ob der Vortrag des Klägers, die Inanspruchnahme der Sicherheit habe erstmals mit Inanspruchnahme der Bürgen gedroht, zutreffend ist und die erstmalige Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Beklagten zu 1 bzw. den Wertverfall des gegen sie gerichteten Freistellungsanspruchs belegt, kann daher offenbleiben. Dafür, dass zu diesem Zeitpunkt noch ein werthaltiger Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 bestand, auf den verzichtet wurde, bestehen keine Anhaltspunkte.
Richter: Drescher,Wöstmann, Born, Sunder, Grüneberg.Von Rechts wegen.
Verkündet am: 21. März 2017.
Redatktioneller Hinweis:Verantwortlich für die Präsentation des Urteils auf dieser Webseite (ra-hoeffner.com): Rechtsanwalt und Liquidator Dr. Dietmar Höffner.

Nachtragsliquidator bei einer Kommanditgesellschaft ? Liquidator entspr. entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB?

In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob ein Nachtragsliquidator bei einer Personengesellschaft (OHG, KG usw.) als Liquidator entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB zu bestellen ist.

Fallgstaltung:

Es findet ein Aufgebotsverfahren für die Gläubiger einer Hypothek statt. Dabei stellt sich heraus: Gläubigerin der Hypothek ist eine Kommanditgesellschaft, also eine Personengesellschaft. Die Gesellschaft ist jedoch nach § 31 Abs. 2 HGB von Amts im Handelsregister gelöscht worden. Weiteres kann der Registereintragung nicht entnommen werden.

Frage:

Es ist jedoch nunmehr ein Vermögensgegenstand aufgetaucht, die Hypothekenforderung. Die Gesellschaft ist nicht mehr als vermögenslos anzusehen.

Kommt in so einem Fall möglichicherweise die Bestellung eines Nachtragsliquidators in Betracht?

Antwort:

Dies ist die typische Ausgangssituation, in der für eine Kapitalgesellschaft eine Nachtragsliquidation beantragt werden kann. Das Problem ist vorliegend, dass die Kommanditgesellschaft keine Kapital- sondern eine Personengesellschaft nach §§ 161, 105 Ab.s 1 HGB, 705 BGB ist.

Existenz der Personengesellschaft bei Auftauchen von Vermögensgegenständen

Die Personengesellschaft ist, wenn ein Vermögensgegenstand auftaucht, – auch wenn sie bereits gelöscht wurde – nach allgemeinen Grundsätzen (Theorie des Doppeltatbestandes, Karsten Schmidt) zum Zweck der Geltendmachung ihrer Rechte aus der Hypothek als existent, partei- und prozessfähig anzusehen. Dieser Grundsatz gilt bei Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften gleichermaßen.

Exkurs: Personalität der Kapitalgesellschaft,

Bei der Kapitalgesellschaft ist jedoch die Personalität an die Registereintragung (bzw. an die Bekanntmachung der vertretungberechtigten Person im Handelsregister) gebunden. Registereintragung bzw. Veröffentlichung des Leitungsorgans (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator) und dessen Vertretungsmacht für die Gesellschaft haben bei der Kapitalgesellschaft konstitutive Wirkung.

Eine Kapitalgesellschaft ist aber – im Gegensatz zur Personengesellschaft –  nach der Löschung keine Person mehr. Daher bedarf es durch Bestellung eines Nachtragsliquidators der „Wiederbelebung“. Rechtsgrundlagen für die Kapitalgesellschaft sind die §§ 273 Abs. 4 S. 1 AktG, 66 Abs. 5 GmbHG.

Nachtragsliquidation bei der Personengesellschaft

Grundsätzlich ist die Nachtragsliquidation einer Kommanditgesellschaft nicht ausgeschlossen, vgl. BGH Urteil vom 2. Juni 2003 Az.: II ZR 102/02. Nach dem BGH „besteht für jedes Mitglied der Publikumskommanditgesellschaft die Möglichkeit, entsprechend § 273 Abs. 4 AktG die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu beantragen„, BGH a.a.O.

Derartiege Rechtsgrundlagen gibt es jedoch für die KG und auch für die OHG nicht. Mit gutem Grund: Eine Personengegsellschaft ist nie eine juristische Person gewesen, und kann folglich diese Eigenschaft nicht durch Löschung verlieren. Eine Personengesellschaft besteht unabhängig von einer Registereintragung. Deswegen können bei OHG und KG die ursprünglich bestellten Liquidatoren auch nach der Löschung weiter für die Personengesellschaft handeln.

Neuerdings hält jedoch das OLG Saarbrücken die Nachtragsliquidation über eine Personengesellschaft wie OHG und KG für möglich, vgl. OLG Saarbrücken, 18.07.2018 – 5 W 43/18. Das OLG Saarbrücken hielt die Bestellung eines Nachtragsliquidators in den Fällen für möglich und auch notwendig, in denen die Nachtragsliquidation sehr lange Zeit nach der Löschung im Handelsregister erforderlich wird und es unklar ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter überhaupt noch existieren und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage sind, und es gegebenenfalls notwendig wäre zur Suche der Erben der früheren Gesellschafter sogar einen Nachlasspfleger zu bestellen, der die Erben ermitteln solle, vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.

Wann genau die Grenze für das Kriterium des OLG Saarbrücken zu ziehen ist, steht noch nicht fest. Bei dem Fall, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden hatte, ging es um ein ins Grundbuch im Jahre 1906 eingetragenes Recht. Die Gesellschaft ist 1910 gelöscht worden. In diesem Fall ist es offensichtlich, dass das Auffinden der zur Liquidation berufenen Personen nahezu unmöglich ist. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch bei Gesellschaften, die in den 1960er Jahren gelöscht wurde, das Auffinden der Gesellschafter unmöglich sein kann. Deswegen wird wohl entscheidend sein, ob das Auffinden der entscheidungsbefugten Personen ein zumutbares Maß übersteigt.

Dem OLG Saarbrücken zu Folge erfolgt die Bestellung nach § 146 Abs. 2 HGB.

Personalität, Registerbekanntmachung und Außenwirksamkeit der Personengesellschaft

Außenwirkung:

Für Personenesellschaften, die eintragsungsfähig sind, (OHG, KG etc.) gilt grundsätzlich § Abs. 1 S. 1 123 HGB:

Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.

Innenwirkung:

Unter den Gesellschaftern und allen eingeweihten besteht die OHG mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

Anwendbarkeit der Vorschriften zum Nachtragsliquidator aus dem Recht der Kapitalgesellschaften auf die Personenesellschaften (im Besipiel: KG)

Ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen behandelt die Rechtsprechung Personengesellschaften – zumindest dann, wenn es sich um Handelsgesellschaften handelt -ähnlich einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft. Bereits gesetzlich haben die Handelsgesellschaften Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit verliehen bekommen. Deswegen sind aber o.g. Vorschriften zu den Kapitalgesellschaften nicht ohne weiteres auf die persönlich strukturierten Handelsgeselslchaften anwendbar.

Nachtragsliquidatoren bei einer Personengesellschaft können theoretisch nach §§ 66 Abs. 5 GmbHG, 264 Abs. 2 AktG oder nach § 273 Abs. 4 S. 1 AktG bestellt werden.

Schlussfolgerungen

Bei der Liquidation einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft gibt es entscheidende Unterschiede, die eine Analoge Anwendung der Vorschriften aus dem Recht der kapitalgesellschaften überflüssig machen. Personengesellschaften benötigen zu ihrer Existenz nur das Auftauchen eines Vermögensgegenstandes. In Bezug auf diesen Vermögensgegenstandes sind die (ehemaligen oder von den Gesellschaftern neu zu wählenden) Leitungsorgane sofort handlungsfähig. Dritten gegenüber genügt es, sie in Kenntnis von der Vertretungsmacht zu setzen und hernach können auch Rechtsgeschäfte in Bezug auf den Vermögensgegensant eingegangen werden. Eine Registereintragung ist hierfür nicht erforderlich.

In den seltensten Fällen wird es erforderlich sein, für eine Personengesellschaft einen Nachtragsliquidator zu finden. Sobald ein werthaltiger Vermögensgegenstand im Eigentum einer Personengesellschafft aufgefunden wird, wird es einen interessenten geben, der bereit ist, die Rolle des Liquidators zu übernehmen.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg in Nachtragsliquidationssachen

Einleitung

Das Amtsgericht Charlottenburg ist über die regional begrenzten Zuständigkeiten hinaus Registergericht und Insolvenzgericht für das gesamte Stadtgebiet von Berlin.

Der Gerichtsbezirk

Karte Gerichtsbezirk Amtsgericht Charlottenburg

Karte Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Charlottenburg Bild: Wikimedia Commons / d17

Der Gerichtsbezirk ist das Gebiet, für das ein Gericht örtlich zuständig ist. In der Regel ist ein Gericht nur für Rechtsangelegenheiten innerhalb seines Bezirks zuständig. Davon gibt es zahlreiche Ausnahmen. Die Übertragung von Zuständigkeiten für bestimmte Rechtsangelegenheiten aus einem Gerichtsbezirk auf ein anderes Gericht führen zur Erweiterung der örtlichen Zuständigkeit und zur Vergrößerung des Gerichtsbezirks.

Das Amtsgericht Charlottenburg ist für die Ortsteile Charlottenburg, Charlottenburg Nord, Westend, Grunewald, Halensee, Wilmersdorf und Schmargendorf zuständig.

https://www.berlin.de/gerichte/amtsgericht-charlottenburg/das-gericht/zustaendigkeiten/#bezirk

Allgemeine Zuständigketen

  • Betreuung
  • Grundbuch
  • Info- und Rechtsantragsstelle
  • Mediation
  • Nachlass
  • Verbraucherinsolvenzen
  • Wohneigentum
  • Zivilprozess

Erweiterte Zuständigkeit

Abteilungen des Registergerichts und ihre Standorte

Einsicht in Registerakten

Detaillierte Information zu Auskünften aus Registerakten sowie zu Registerauszügen finden Sie auf der folgenden Seite und unter der Rubrik “Dienstleistungen”.

Online-Registerauskunft

Das Registerportal bietet die Möglichkeit, bundesweit Registerdaten abzurufen.
Hier finden Sie Hinweise und eine ausführliche Anleitung zur Nutzung des Portals.

Bestellung des Nachtragsliquidators

Das Amtsgericht Charlottenburg bestellt ferner Nachtragsliquidatoren nach den §§

Das Insolvenzgericht

Für Insolvenzverfahren in Berlin ist das Amtsgericht Charlottenburg zentrales Insolvenzgericht.

Ausnahme: Verbraucherinsolvenzverfahren, für die jeweils das Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners zuständig ist. (§ 8 der Verordnung über die Konzentration amtsgerichtlicher Zuständigkeiten – ZuwV)

Weitere Informationen auf der Webseite des Gerichts.

Organisation der Dienststelle

Hinweis: Die Netzversionen der hier angebotenen Dokumente werden regelmäßig aktualisiert. Aufgrund der Vielzahl von Daten sind Irrtümer leider nicht immer auszuschließen. Verbindlich ist daher allein das schriftliche Exemplar mit seinen Änderungen, das auf der Verwaltungsgeschäftsstelle des Gerichts in 14057 Berlin, Amtsgerichtsplatz 1 (Zimmer 222) eingesehen werden kann.

Geschäftsverteilungsplan für Richterinnen und Richter gemäß § 21 e GVG

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Organigramm der Verwaltungsstruktur

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Generalaktenverzeichnis des AG Charlottenburg

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Kosten des Nachtragsliquidationsverfahrens und Vergütung des Nachtragsliquidators

Einleitung

Die Durchführung eines Nachtragsliquidationsverfahrens ist kostenintensiv. In jedem Fall entstehen Gerichtskosten, die das Gericht in der Regel in Höhe von zwei Gerichtsgebühren zum Gegenstandswert von 60.000,- € festsetzen. Diese Gerichtskosten sind als Vorschuss zu zahlen.

Gelegentlich setzen Gerichte einen niedrigeren Gegenstandswert fest. Dies erfordert jedoch konkreten Vortrag des Antragstellers dahingehend, warum in seinem konkreten Verfahren vom Regelstreitwert abgewichen werden soll.

Hinzu kommen die Kosten des Nachtragsliquidators.

Die Höhe dieser Kosten hängen von den Kosten und Auslagen des Nachtragsliquidators ab. Die erste Frage, die sich stellt ist: Wer bezahlt diese?

Die Gerichtskasse ist es nicht. Der Nachtragsliquidator muss als Voraussetzung dafür, dass er vom Gericht überhaupt bestellt wird, auf einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Gericht oder dem Staat verzichten. Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass so wenige Personen – auch wenige Rechtsanwälte – bereit sind, sich als Nachtragsliquidator zur Verfügung zu stellen. Da also das Gericht, das den Nachtragsliquidator bestellt, diesen nicht bezahlt und es damit den weiteren Beteiligten am Verfahren überlässt, die Frage der Vergütung zu klären, ist die Bereitschaft sich zum Nachtragsliquidator bestellen zu lassen, nicht sehr groß. Weiß der Nachtragsliquidator doch, dass er sich dann um die Frage seiner Bezahlung selbst zu kümmern hat und das Gericht hierzu auch keine Hinweise gibt (nicht einmal geben darf).

Es stellt sich auch die weitere Frage nach der Höhe der Vergütung des Nachtragsliquidators.

Eine Rechtspflegerin fragt im Rechtspflegerforum:

„Über eine vermögenslose GmbH wird eine Nachtragsliquidation angeordnet, da offenbar noch ein Rechtsstreit anhängig ist (GmbH als Beklagte). Ein Rechtsanwalt wird zum Nachtragsliquidator bestellt.

Wie rechnet der Anwalt als Nachtragsliquidator ab?

Keine Abrechnung nach RVG, da Nachtragsliquidation keine Anwaltstätigkeit darstellt. Grundsätzlich soll wohl die Vergütung in entspr. Anwendung der InsVV über die Vergütung des Insolvenzverwalters zu bestimmen sein.

  • Wie wird dies allerdings festgesetzt, wenn kein Vermögen der GmbH vorhanden ist?
  • Wird auf den Streitwert der noch anhängigen Klage abgestellt?
  • Kann der Anwalt als Nachtragsliquidator auf Stundenhonorar abrechnen, wenn ggf. der Antragsteller der Nachtragsliquidation zustimmt?“

http://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php?33025-Kosten-der-Nachtragsliquidation-einer-verm%F6genslosen-GmbH

Eine Rechtsanwaltsfachangestellte fragt in einem ReNo-Forum:

„Vergütung Nachtragsliquidator

03.02.2009, 12:05

Mein Chef ist seit Jahren Nachtragsliquidator für eine GmbH. Da tut sich jetzt leider nichts mehr und er möchte das Amt niederlegen. Ich soll jetzt eine Mitteilung ans Gericht machen und darin auch seine Kosten auflisten.

Gesetzlich gibt es wohl keinen Anspruch.

Wonach bemisst sich denn die Vergütung eines Nachtragsliquidators? Ich habe absolut nichts dazu gefunden.“

http://www.foreno.de/rvg-bis-31-7-2013-f4/vergutung-nachtragsliquidator-t25866.html

Aus den wenigen Zitaten, die google zum Thema findet lässt sich bereits ersehen, dass auf dem Gebiet der Vergütung des Nachtragsliquidation auch in den Kreisen, die sich beruflich damit auseinandersetzen müssen.

Wer rechnet denn am Ende die Vergütung des Nachtragsliquidators ab? Zunächst werden dies die Rechtspfleger sein, die einen Kostenfestsetzungsantrag eines Nachtragsliquidators erhalten. Rechtspfleger müssen sich bereits wegen ihrer diesbezüglich gesetzlich angeordneten Zuständigkeit innerhalb der Gerichtsverfassung mit der Frage der Vergütung des Nachtragsliquidators auseinandersetzen. Außerdem werden dies auch Rechtsanwaltsfachangestellte oder Rechtsanwälte selbst sich fragen, was sie für eine Nachtragsliquidation bekommen, wenn sie sich überlege, als Nachlassliquidator tätig zu werden.

Gesetzliche Grundlagen

Gesetzlich gibt es nur spärliche Anhaltspunkte für die Höhe der Vergütung des Nachtragsliquidators. Grundlage der Vergütung des Nachtragsliquidator sind die §§ 273 Abs. 4 S. 2, 265 Abs. 4 AktG sein. Diese gesetzlichen Regelungen werden in einheitlicher Rechtsprechung der Obergerichte als Grundlage für die Vergütung des Nachtragsliquidators genannt, so z.B. OLG Hamm · Beschluss vom 8. Mai 2001 · Az. 15 W 43/01:

„Die Erforderlichkeit der gerichtlichen Neubestellung eines Nachtragsliquidators führt dazu, dass der Antragsteller ggf. einen Vorschuss zur Deckung der diesem gem. §§ 273 Abs. 4 S. 2, 265 Abs. 4 AktG geschuldeten Vergütung nebst Aufwendungsersatz zu leisten hat (OLG Stuttgart NJW-RR 1995, 805, 806).“

§ 273 Abs. 4 AktG (Schluss der Abwicklung) lautet:

1Stellt sich nachträglich heraus, dass weitere Abwicklungsmaßnahmen nötig sind, so hat auf Antrag eines Beteiligten das Gericht die bisherigen Abwickler neu zu bestellen oder andere Abwickler zu berufen. 265 Abs. 4 gilt.“

§ 265 Abs. 4 AktG (Abwickler) lautet:

1Die gerichtlich bestellten Abwickler haben Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für ihre Tätigkeit. 2Einigen sich der gerichtlich bestellte Abwickler und die Gesellschaft nicht, so setzt das Gericht die Auslagen und die Vergütung fest. 3Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. 4Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt.“

Damit bildet § 265 Abs. 4 AktG letztendlich die Grundlage für die Vergütung des Abwicklers. S. 1 stellt die Vergütungspflicht fest. Zur Höhe schweigt § 265 Abs. 4 AktG jedoch. Die Vorschrift enthält nur die weiteren Verfahrenshinweise nach denen der Abwickler zuerst versuchen soll, sich mit „der Gesellschaft“ auf eine Vergütung und Auslagen zu einigen. Einigen sich Abwickler und Gesellschaft nicht, „setzt das Gericht die Auslagen und Vergütung fest.“

Damit macht § 265 Abs. 4 AktG keinerlei Vorgaben dazu, wie die Vergütung zu bemessen wird. Das RVG ist nicht anwendbar. Einen bestimmten Streitwert gibt es bei der Nachtragsliquidation nicht.

Dies hat seinen berechtigten Grund in der Vielgestaltigkeit der Situationen, in denen die Einsetzung eines Nachtragsabwicklers in Betracht kommt. Je nach dem, worin der Abwicklungsbedarf besteht, können die Parteien ein am Aufwand des Abwicklers bemessenes Entgelt vereinbaren.

Aus diesem Grunde gibt es auch eine Reihe ganz unterschiedlicher Maßstäbe für die Festsetzungen der Vergütung:

  1. InsVVO
  2. Stundenhonorar
  3. Freie Wertbemessung nach dem (vom Gericht zu schätzenden) Interesse an der Einsetzung des Abwicklers
  4. Erfolgshonorar (dazu BGH, 13.06.1996 – III ZR 113/95)

 

Compliance: Rechtliche Anforderungen an Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung der Energiewende

Das „Internet der Dinge“ hält Einzug in unseren vier Wänden – mit intelligenten Kaffeemaschinen, smarten Glühbirnen und Überwachungssystemen. Das ist der Fortschritt.

Dann rückt die Frage in den Vordergrund: Werden wir immer verwundbarer? Einbrecher nähern sich einem Haus mit einer Drohne. Mit den Daten, die sie so abgreifen, werden sie elektronische Schlösser hacken und die Alarmanlage deaktivieren.

Ohne Spuren zu hinterlassen, dringen sie in das Gebäude ein. Doch es geht um mehr als um Einbruch. Hacker können jedoch einen unvergleichbar größeren Schaden anrichten: den Blackout, das Aus für die gesamte Energieversorgung nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas. Ausgerechnet ein ökologisches Vorzeigeprojekt macht das möglich: die Digitalisierung der Energiewende.

Digitalisierung der Energiewende

Mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende setzt das Bundesministerium das Startsignal für Smart Grid, Smart Meter und Smart Home in Deutschland. Damit ermöglicht die Bundesregierung die digitale Infrastruktur für eine erfolgreiche Verbindung von über 1,5 Millionen Stromerzeugern und großen Verbrauchern. Im Zentrum steht die Einführung intelligenter Messsysteme. Sie dienen als sichere Kommunikationsplattform, um das Stromversorgungssystem energiewendetauglich zu machen. Datenschutz wird dabei ganz groß geschrieben – Deutschland hat die anspruchsvollsten Regeln in Europa eingeführt. Das beschlossene und verkündete Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende finden Sie hier (PDF: 264 KB).

Gefahren durch Hackerangriffe

In den Medien werden zur Zeit die Gefahren durch Hackerangriffe diskutiert. Technischen Systeme sind anfällig, auch die technischen Systeme, die unsere energetische Zukunft gewährleisten sollen. Smart Meter, Router, Windkraft – und Solaranlagen – alles könnte zur gefährlichen Waffe werden, wenn böswillige Hacker in die vernetzten Systeme eindringen. Experten mit Hack-Erfahrung können zeigen, wie schnell man „drin“ ist, wenn man nur über das entsprechende technologische Know-how verfügt. Das alles passiert zu einer Zeit, in der das „Internet der Dinge“ in unsere vier Wände einzieht, mit intelligenten Kaffeemaschinen, sich selbst organisierenden Kühlschränken oder smarten Glühbirnen, die vom Handy aus gesteuert werden. Dazu kommen Überwachungssysteme, die dem großen Bedürfnis nach mehr persönlicher Sicherheit entgegen kommen.

Anfälligkeit für Hackerangriffe erhöht sich

Sicherheitsversprechen sind trügerisch. Wir werden stattdessen immer verwundbarer – etwa beim Router-Angriff auf die Telekom, bei dem mit einem Schlag fast eine Millionen Menschen vom Internet abgeschnitten waren oder der Erpressung eines Krankenhauses durch Kriminelle, die über eine Schadsoftware alle Daten verschlüsselten. Damit war das Krankenhaus von der Notfallversorgung abgeschnitten. Aber auch auf staatlicher Ebene spielt das Hacken eine immer größere Rolle. Der Film zeigt, wie in der Ukraine Stromausfälle durch Cyber-Angriffe Teil einer hybriden Kriegsführung sind und zu einer allgemeinen Verunsicherung und Destabilisierung des Staates führen.

Die Verantwortlichen im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie geben sich jedoch überzeugt: Blackouts wie in der Ukraine seien in Deutschland nicht wahrscheinlich. Dennoch: Ob Kabel-Modem oder Windrad-Steuerung, ob Smart Home oder Smart Meter – die neuen, intelligenten Steuerungen, mit denen das Leben vernetzt ist, sind erschreckend leicht zu knacken.

Rechtliche Anforderungen an Unternehmer

Die rechtlichen Rahmenbedingungen formulieren an die beteiligten Unternehmer deswegen hohe Anforderungen. Haftungsrisiken hieraus können Unternehmer durch einen Compliance Check begegnen. Inhalt und Anforderungen an einen Compliance Check sind für jedes Unternehmen unterschiedlich zu beantworten.

Für eine unverbindliche Beratung stehe ich jederzeit zur Verfügung. Nutzen Sie die Kotanktdaten auf dieser Webseite oder kopieren Sie:

Dr. Dietmar Höffner
Rechtsanwalt und Liquidator
Straße 229 Nr. 2D
D-12109 Berlin
Telefon: +49 30 89 54 23 11

E-Mail: e-post@kanzlei-hoeffner.de
Internet:
www.kanzlei-hoeffner.de

Compliance: Rechtliche Vorgaben an die Vorbeugung von Hackerangriffen im Unternehmnen

Zu den rechtlichen Ansprüchen, wenn ein Unternehmen Opfer eines Hackerangriffs wird

Angriffe auf Unternehmen sind heute leider Alltag – ebenso wie die Gefahr, die dadurch droht, dass immer noch Unternehmer dieses Risiko unterschätzen. Wer von Angriffen auf Unternehmen hört, denkt schnell an internationale Großkonzerne die von Wirtschaftsspionage betroffen sind – ein grundlegender Fehler: Angriffe auf die IT-Infrastruktur von Unternehmen sind heute nichts Besonderes mehr sondern wirtschaftlicher Alltag.

Der Wert von Kundendaten ist inzwischen längst erkannt und es kann jeden treffen. Webshop-Betreiber, deren Server gehackt werden etwa. Oder Unternehmen, die Daten verarbeiten und bei denen eingebrochen wird um Daten zu stehlen. Wir haben inzwischen alle Fälle erlebt, in denen Bezahlterminals infiltriert wurden um Daten zu stehlen oder wo aus dem Krankenhaus Daten aus dem PC auf einen USB-Stick kopiert wurden. Eines haben alle Fälle gemeinsam: Einen spürbaren wirtschaftlichen und Image-Schaden für das Unternehmen.

Vorsorge vor einem Hack-Angriff

Das Unternehmen ist als Teilnehmer im öffentlichen Handel dazu verpflihctet, angemessene, handelsgebräuchliche und zumutbare Maßnahmen zu treffen, damit der Handelsverkehr nicht durch einen Hackeranriff gestärt wird. Kommt z.B.  bei einem Logistikunternehmen wegen eines Hackerangriffs die Zustellung zum Erliegen, werden auf das Unternehmen Schadenersatzforderungen der Kunden zukommen, die ihre Ware zu spät erhalten haben, Das Unternehmen wird deshalb Vorsorge tragen, dass derartige Schendensersatzanspruche versichert sind. sodann gilt es, um die eigene Haftung auszuschließen,, oder sich nicht gegebnüber der #versicherung Reresspflichtig zu machen, die notwendigen Standards zur Verhinderung eines Hackerangriffs einzuhalten.

Zu den Verkehrssicherungspflichten des Unternehmers zählt es auch, dass dieser die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, einen Hackerangriff zu verhindern, nutzen muss. Einzelheiten regelt das IT-Sicherheitsgesetz.

Grundanforderungen sind: Werksseitig vorhandene Passwörter müssen verändert werden, Softwareupdates zeitnah eingespielt werden und Zugangshürden zur Infrastruktur, die man selber einrichten kann, aktiviert werden.

Sofortmaßnahmen bei einem Hackerangriff

Wenn ein Unternehmen von einem Angriff betroffen ist und ein „Datenleck“ aufgetreten ist, kollidieren im ersten Moment drei rechtlich relevante Aufgaben, die später Probleme bereiten können:

  1. Um den Schädiger zu suchen, aber auch um Versicherungsansprüche zu sichern, ist die Strafanzeige schnell ins Auge gefasst. Eine Srafanzeige ist häufig nach den Versicherungsbedingugen Voraussetzung für die Zahlung der Versicherungsleistung.
  2. Die Versicherung braucht schnell eine Schadensmitteilung, wenn man hier zu lange wartet begeht man eine Obliegenheitsverletzung nach VVG
  3. Die Informationspflicht der Betroffenen nach §42a BDSG muss eingehalten werden.

Ansatzpunkte für Compliance Beratung

Für das Unternehmen stellt sich dann die Aufgabe herauszufinden, ob auf Seiten des Unternehmens  – z.B. durch einen Mitarbeiter, ein Mitglied der Geschäftsleitung, eines Zulieferers, usw. – schuldhafte Verhalten, insbesondere durch pflichtwidriges Unterlassen der gebotenen Schutzmaßnahmen,

In dieser Situation sind sänmtliche Verdachtsfälle in einem rechtlichen Compliance Check zu überprüfen.

Anwalt - Nachtragsliquidator

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner ist als Nachtragsliquidator und Liquidator tätig.

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner hat auf dem Gebiet der rechtlichen Compliance Systeme beträchtliche berufliche Erfahrung gesammelt. Er war auch für verschiedene internationale – indinsche, britische, us-amerikanische – Unternehmen rechtliche Compliance Systeme entwickelt, Checklisten entworfen, und Compliance Systeme begutachtet.

Für eine unverbindliche Beratung stehe ich jederzeit zur Verfügung. Nutzen Sie die Kotanktdaten auf dieser Webseite oder kopieren Sie:

Dr. Dietmar Höffner
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