Nachtragsliquidator bei einer Kommanditgesellschaft ? Liquidator entspr. entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB?

In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob ein Nachtragsliquidator bei einer Personengesellschaft (OHG, KG usw.) als Liquidator entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB zu bestellen ist.

Fallgstaltung:

Es findet ein Aufgebotsverfahren für die Gläubiger einer Hypothek statt. Dabei stellt sich heraus: Gläubigerin der Hypothek ist eine Kommanditgesellschaft, also eine Personengesellschaft. Die Gesellschaft ist jedoch nach § 31 Abs. 2 HGB von Amts im Handelsregister gelöscht worden. Weiteres kann der Registereintragung nicht entnommen werden.

Frage:

Es ist jedoch nunmehr ein Vermögensgegenstand aufgetaucht, die Hypothekenforderung. Die Gesellschaft ist nicht mehr als vermögenslos anzusehen.

Kommt in so einem Fall möglichicherweise die Bestellung eines Nachtragsliquidators in Betracht?

Antwort:

Dies ist die typische Ausgangssituation, in der für eine Kapitalgesellschaft eine Nachtragsliquidation beantragt werden kann. Das Problem ist vorliegend, dass die Kommanditgesellschaft keine Kapital- sondern eine Personengesellschaft nach §§ 161, 105 Ab.s 1 HGB, 705 BGB ist.

Existenz der Personengesellschaft bei Auftauchen von Vermögensgegenständen

Die Personengesellschaft ist, wenn ein Vermögensgegenstand auftaucht, – auch wenn sie bereits gelöscht wurde – nach allgemeinen Grundsätzen (Theorie des Doppeltatbestandes, Karsten Schmidt) zum Zweck der Geltendmachung ihrer Rechte aus der Hypothek als existent, partei- und prozessfähig anzusehen. Dieser Grundsatz gilt bei Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften gleichermaßen.

Exkurs: Personalität der Kapitalgesellschaft,

Bei der Kapitalgesellschaft ist jedoch die Personalität an die Registereintragung (bzw. an die Bekanntmachung der vertretungberechtigten Person im Handelsregister) gebunden. Registereintragung bzw. Veröffentlichung des Leitungsorgans (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator) und dessen Vertretungsmacht für die Gesellschaft haben bei der Kapitalgesellschaft konstitutive Wirkung.

Eine Kapitalgesellschaft ist aber – im Gegensatz zur Personengesellschaft –  nach der Löschung keine Person mehr. Daher bedarf es durch Bestellung eines Nachtragsliquidators der „Wiederbelebung“. Rechtsgrundlagen für die Kapitalgesellschaft sind die §§ 273 Abs. 4 S. 1 AktG, 66 Abs. 5 GmbHG.

Nachtragsliquidation bei der Personengesellschaft

Grundsätzlich ist die Nachtragsliquidation einer Kommanditgesellschaft nicht ausgeschlossen, vgl. BGH Urteil vom 2. Juni 2003 Az.: II ZR 102/02. Nach dem BGH „besteht für jedes Mitglied der Publikumskommanditgesellschaft die Möglichkeit, entsprechend § 273 Abs. 4 AktG die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu beantragen„, BGH a.a.O.

Derartiege Rechtsgrundlagen gibt es jedoch für die KG und auch für die OHG nicht. Mit gutem Grund: Eine Personengegsellschaft ist nie eine juristische Person gewesen, und kann folglich diese Eigenschaft nicht durch Löschung verlieren. Eine Personengesellschaft besteht unabhängig von einer Registereintragung. Deswegen können bei OHG und KG die ursprünglich bestellten Liquidatoren auch nach der Löschung weiter für die Personengesellschaft handeln.

Neuerdings hält jedoch das OLG Saarbrücken die Nachtragsliquidation über eine Personengesellschaft wie OHG und KG für möglich, vgl. OLG Saarbrücken, 18.07.2018 – 5 W 43/18. Das OLG Saarbrücken hielt die Bestellung eines Nachtragsliquidators in den Fällen für möglich und auch notwendig, in denen die Nachtragsliquidation sehr lange Zeit nach der Löschung im Handelsregister erforderlich wird und es unklar ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter überhaupt noch existieren und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage sind, und es gegebenenfalls notwendig wäre zur Suche der Erben der früheren Gesellschafter sogar einen Nachlasspfleger zu bestellen, der die Erben ermitteln solle, vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.

Wann genau die Grenze für das Kriterium des OLG Saarbrücken zu ziehen ist, steht noch nicht fest. Bei dem Fall, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden hatte, ging es um ein ins Grundbuch im Jahre 1906 eingetragenes Recht. Die Gesellschaft ist 1910 gelöscht worden. In diesem Fall ist es offensichtlich, dass das Auffinden der zur Liquidation berufenen Personen nahezu unmöglich ist. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch bei Gesellschaften, die in den 1960er Jahren gelöscht wurde, das Auffinden der Gesellschafter unmöglich sein kann. Deswegen wird wohl entscheidend sein, ob das Auffinden der entscheidungsbefugten Personen ein zumutbares Maß übersteigt.

Dem OLG Saarbrücken zu Folge erfolgt die Bestellung nach § 146 Abs. 2 HGB.

Personalität, Registerbekanntmachung und Außenwirksamkeit der Personengesellschaft

Außenwirkung:

Für Personenesellschaften, die eintragsungsfähig sind, (OHG, KG etc.) gilt grundsätzlich § Abs. 1 S. 1 123 HGB:

Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.

Innenwirkung:

Unter den Gesellschaftern und allen eingeweihten besteht die OHG mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

Anwendbarkeit der Vorschriften zum Nachtragsliquidator aus dem Recht der Kapitalgesellschaften auf die Personenesellschaften (im Besipiel: KG)

Ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen behandelt die Rechtsprechung Personengesellschaften – zumindest dann, wenn es sich um Handelsgesellschaften handelt -ähnlich einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft. Bereits gesetzlich haben die Handelsgesellschaften Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit verliehen bekommen. Deswegen sind aber o.g. Vorschriften zu den Kapitalgesellschaften nicht ohne weiteres auf die persönlich strukturierten Handelsgeselslchaften anwendbar.

Nachtragsliquidatoren bei einer Personengesellschaft können theoretisch nach §§ 66 Abs. 5 GmbHG, 264 Abs. 2 AktG oder nach § 273 Abs. 4 S. 1 AktG bestellt werden.

Schlussfolgerungen

Bei der Liquidation einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft gibt es entscheidende Unterschiede, die eine Analoge Anwendung der Vorschriften aus dem Recht der kapitalgesellschaften überflüssig machen. Personengesellschaften benötigen zu ihrer Existenz nur das Auftauchen eines Vermögensgegenstandes. In Bezug auf diesen Vermögensgegenstandes sind die (ehemaligen oder von den Gesellschaftern neu zu wählenden) Leitungsorgane sofort handlungsfähig. Dritten gegenüber genügt es, sie in Kenntnis von der Vertretungsmacht zu setzen und hernach können auch Rechtsgeschäfte in Bezug auf den Vermögensgegensant eingegangen werden. Eine Registereintragung ist hierfür nicht erforderlich.

In den seltensten Fällen wird es erforderlich sein, für eine Personengesellschaft einen Nachtragsliquidator zu finden. Sobald ein werthaltiger Vermögensgegenstand im Eigentum einer Personengesellschafft aufgefunden wird, wird es einen interessenten geben, der bereit ist, die Rolle des Liquidators zu übernehmen.