Auflösung, Abwicklung und Beendigung einer OHG effektiv!

Hervorgehoben

von Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner, Berlin

  1. Vorbemerkung

Das Ausscheiden einer Offenen Handelsgesellschaft aus dem Rechtsverkehr vollzieht sich in der Regel in drei Schritten. Am Beginn steht die Auflösung durch Gesellschafterbeschluss oder einen gesetzlichen Auflösungsgrund. Damit ist die recherche Existenz der Gesellschaft noch nicht beseitigt, zunächst müssen die laufenden Geschäfte abgewickelt und Forderungen beglichen beziehungsweise eingezogen werden. Dieses Stadium nennt man Auseinandersetzung oder Abwicklung, das Verfahren ist in den §§ 143 ff HGB geregelt.

HGB

Sechster Titel

Liquidation der Gesellschaft

§ 143 Notwendigkeit der Liquidation; anwendbare Vorschriften
(1) Nach Auflösung der Gesellschaft findet die Liquidation statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.
(2) Die Gesellschafter können anstelle der Liquidation eine andere Art der Abwicklung vereinbaren. Ist aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft durch die Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, bedarf eine Vereinbarung über eine andere Art der Abwicklung der Zustimmung des Privatgläubigers oder des Insolvenzverwalters; ist im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung angeordnet, tritt an die Stelle der Zustimmung des Insolvenzverwalters die Zustimmung des Schuldners.
(3) Die Liquidation erfolgt nach den folgenden Vorschriften dieses Titels, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt.

§ 144 Liquidatoren
(1) Zur Liquidation sind alle Gesellschafter berufen.
(2) Ist über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden, tritt dieser an die Stelle des Gesellschafters.
(3) Mehrere Erben eines Gesellschafters haben einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen.
(4) Durch Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Gesellschafter können auch einzelne Gesellschafter oder andere Personen zu Liquidatoren berufen werden.
(5) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, gilt dies im Zweifel nicht für die Berufung und Abberufung eines Liquidators.

§ 145 Gerichtliche Berufung und Abberufung von Liquidatoren
(1) Auf Antrag eines Beteiligten kann aus wichtigem Grund ein Liquidator durch das Gericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, berufen und abberufen werden. Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, welche dieses Recht ausschließt, ist unwirksam.
(2) Beteiligte sind:
1. jeder Gesellschafter (§ 144 Absatz 1),
2. der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gesellschafters (§ 144 Absatz 2),
3. der gemeinsame Vertreter (§ 144 Absatz 3) und
4. der Privatgläubiger des Gesellschafters, durch den die zur Auflösung der Gesellschaft führende Kündigung erfolgt ist (§ 143 Absatz 2 Satz 2).
(3) Gehört der Liquidator nicht zu den Gesellschaftern, hat er Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen und auf Vergütung für seine Tätigkeit. Einigen sich der Liquidator und die Gesellschaft hierüber nicht, setzt das Gericht die Aufwendungen und die Vergütung fest. Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt.

  1. § 146 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Liquidatoren
  2. (1) Mit der Auflösung erlischt die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung. Diese Befugnis steht von der Auflösung an allen Liquidatoren gemeinsam zu.
  3. (2) Die bisherige Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung gilt gleichwohl zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung der Gesellschaft Kenntnis erlangt hat oder die Auflösung kennen muss.

§ 147 Anmeldung der Liquidatoren
(1) Die Liquidatoren und ihre Vertretungsbefugnis sind von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Das Gleiche gilt für jede Änderung in der Person des Liquidators oder in seiner Vertretungsbefugnis. Wenn im Fall des Todes eines Gesellschafters anzunehmen ist, dass die Anmeldung den Tatsachen entspricht, kann die Eintragung erfolgen, auch ohne dass die Erben bei der Anmeldung mitwirken, sofern einer solchen Mitwirkung besondere Hindernisse entgegenstehen.
(2) Die Eintragung gerichtlich berufener Liquidatoren sowie die Eintragung der gerichtlichen Abberufung von Liquidatoren geschieht von Amts wegen.

§ 148 Rechtsstellung der Liquidatoren
(1) Die Liquidatoren haben, auch wenn sie vom Gericht berufen sind, den Weisungen Folge zu leisten, welche die Beteiligten in Bezug auf die Geschäftsführung beschließen. Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, bedarf der Beschluss der Zustimmung der Beteiligten nach § 145 Absatz 2 Nummer 2 und 4.
(2) Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen der Gesellschaft einzuziehen und das übrige Vermögen in Geld umzusetzen. Zur Beendigung der laufenden Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen.
(3) Die Liquidatoren haben bei Abgabe ihrer Unterschrift der Firma einen Liquidationszusatz beizufügen. Dies gilt entsprechend für die Pflicht nach § 125.
(4) Die Liquidatoren haben gegenüber den nach § 145 Absatz 2 Beteiligten zur Ermittlung des zu verteilenden Gesellschaftsvermögens bei Beginn und Beendigung der Liquidation eine Bilanz aufzustellen. Die Pflichten zur Buchführung (§§ 238 bis 241a) und Jahresrechnungslegung (§§ 242 bis 256a) bleiben unberührt.
(5) Aus dem Vermögen der Gesellschaft sind zunächst die Gläubiger der Gesellschaft zu befriedigen. Ist eine Verbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, ist das zur Berichtigung der Verbindlichkeit Erforderliche zurückzubehalten.
(6) Aus dem nach der Berichtigung der Verbindlichkeiten verbleibenden Gesellschaftsvermögen sind die geleisteten Beiträge zurückzuerstatten. Für Beiträge, die nicht in Geld bestanden haben, ist der Wert zu ersetzen, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für Beiträge, die in der Leistung von Diensten oder in der Überlassung der Benutzung eines Gegenstands bestanden haben, kann im Zweifel kein Ersatz verlangt werden.
(7) Das während der Liquidation entbehrliche Geld wird unter Berücksichtigung der den Gesellschaftern bei der Schlussverteilung zukommenden Beträge vorläufig verteilt.
(8) Das nach Berichtigung der Verbindlichkeiten und Rückerstattung der Beiträge verbleibende Vermögen der Gesellschaft ist unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile, wie sie sich aufgrund der Schlussbilanz im Sinne von Absatz 4 ergeben, schließlich zu verteilen.

§ 149 Haftung des Gesellschafters für Fehlbetrag
Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Verbindlichkeiten und zur Rückerstattung der Beiträge nicht aus, haben die Gesellschafter der Gesellschaft für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile aufzukommen. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Betrag nicht erlangt werden, haben die anderen Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnis zu tragen.

§ 150 Anmeldung des Erlöschens der Firma
Nach der Beendigung der Liquidation ist das Erlöschen der Firma von sämtlichen Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

§ 151 Verjährung von Ansprüchen aus der Gesellschafterhaftung
(1) Ist die Gesellschaft durch Liquidation oder auf andere Weise erloschen, verjähren Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft in fünf Jahren, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt.
(2) Die Verjährung beginnt abweichend von § 199 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sobald der Gläubiger von dem Erlöschen der Firma Kenntnis erlangt hat oder das Erlöschen der Firma im Handelsregister eingetragen worden ist.
(3) Beginnt die Verjährung des Anspruchs gegen die Gesellschaft neu oder wird die Verjährung des Anspruchs gegenüber der Gesellschaft nach den §§ 203, 204, 205 oder 206 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt, wirkt dies auch gegenüber den Gesellschaftern, die der Gesellschaft zur Zeit des Erlöschens angehört haben.

§ 152 Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen; Einsicht in die Geschäftsunterlagen
(1) Die Geschäftsunterlagen der aufgelösten Gesellschaft werden einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung gegeben. In Ermangelung einer Verständigung wird der Gesellschafter oder der Dritte durch das Gericht bestimmt, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.
(2) Die Gesellschafter und deren Erben behalten das Recht auf Einsicht und Benutzung der Geschäftsunterlagen.

Die Abwicklung ist vollständig beendet, wenn das letzte Aktivvermögen verteilt wurde. Mit der Vollbeendigung erlischt die Gesellschaft. Diese Rechtsfolge tritt „automatisch” ein und ist nicht mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister verknüpft: Die Handelsregistereintragung hat nur eine klarstellende Funktion.

Denkbar ist aber auch, dass die Gesellschafter anstelle der Abwicklung eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbaren, § 143 Absatz 1 HGB. Beispielsweise können die Gesellschafter eine Lösung dergestalt wählen, dass das Gesellschaftsvermögen im Ganzen auf einen anderen Rechtsträger übertragen wird und es auf diese Weise zu einer Vollbeendigung der Gesellschaft ohne Abwicklung kommt.

Während der Abwicklung können die Gesellschafter die Fortführung der Gesellschaft jederzeit beschließen, es sei denn, der Auflösungsgrund liegt in der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und dieses wurde nicht auf Antrag des Schuldners, beziehungsweise durch einen bestätigten Insolvenzplan, der den Fortbestand der Gesellschaft vorsieht, eingestellt.

  1. Auflösungsgründe

Auflösungsgründe können im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, daneben bestehen auch gesetzliche Auflösungsgründe. Letztere sind in § 138 HGB definiert. Die Auflösung tritt demnach ein durch:
– Zeitablauf, wenn die OHG für eine bestimmt Dauer gegründet wurde
– Auflösungsbeschluss der Gesellschafter
– Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft
gerichtliche Entscheidung

Auch außerhalb des Handelsgesetzbuches finden sich gesetzliche Auflösungsgründe, etwa in § 38 Abs. 2 KWG, wonach die BaFin bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften bestimmen kann, dass das Institut abzuwickeln ist. Die Entscheidung der BaFin wirkt wie ein Auflösungsbeschluß.

Bei Eintritt eines Auflösungsgrunds folgt automatisch die Abwicklung der Gesellschaft.

Keine Auflösung erfolgt bei der Umwandlung einer Offene Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie bei einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz.

  1. Auflösung nach Zeitablauf

Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden, dass die Gesellschaft nur für eine bestimmte Zeit bestehen soll, ist die Offene Handelsgesellschaft nach Ablauf der Zeit automatisch aufgelöst. Die Zeitdauer muss kalendermäßig bestimmbar sein oder sich, wenn ein bestimmter Zeitpunkt noch nicht bestimmbar ist, an einem feststehenden Ereignis orientieren. Für den Fall, dass die Gesellschafter die Offene Handelsgesellschaft nach Eintritt des Zeitablaufes fortführen, gilt diese als Gesellschaft auf unbestimmte Zeit.

  1. Auflösungsbeschluss

Die Gesellschaft kann durch Gesellschafterbeschluss jederzeit aufgelöst werden. Das Gesetz gibt als Regelfall einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss vor, im Gesellschaftsvertrag kann aber auch ein einfacher Mehrheitsbeschluss vorgesehen werden. Für den Auflösungsbeschluss ist keine bestimmte gesetzliche Form vorgeschrieben und er kann weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch einen Vertrag mit Dritten ausgeschlossen werden. Solange die Offene Handelsgesellschaft nicht vollbeendet ist, können die Gesellschafter Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft beschließen.

  • Auflösung durch Eröffnung eines Insolvenzverfahrens

Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Offene Handelsgesellschaft wird die Gesellschaft aufgelöst. Eine Abwicklung nach den Regelungen der §§ 143 ff HGB findet in diesem Fall nicht statt. Stattdessen wird das Vermögen der Offenen Handelsgesellschaft nach den Vorschriften der Insolvenzordnung durch den Insolvenzverwalter zugunsten der Gläubiger verwaltet und verwertet. Daneben ist es Aufgabe des Insolvenzverwalters, die Gesellschaft bis zur Vollbeendigung abzuwickeln.

Unter bestimmten Voraussetzungen können die Gesellschafter beschließen, die Gesellschaft fortführen. Die Voraussetzungen einer Fortführung sind in § 142 HGB geregelt. Möglich ist die Fortsetzung beispielsweise, wenn das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners, also der Offenen Handelsgesellschaft, eingestellt wird. Oder wenn der Insolvenzplan, der ein Fortbestehen der Gesellschaft vorsieht, bestätigt wurde. Auch andere Fälle der Beendigung des Insolvenzverfahrens, etwa die Verfahrenseinstellung mangels Masse, ermöglichen eine Fortsetzung, sofern die materielle Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) behoben wird, da die Gesellschafter ihre Handlungsbefugnis zurückerlangen.

  • Auflösungsklage

Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes haben die Gesellschafter die Möglichkeit die Auflösung der Gesellschaft einzuklagen. Die Auflösungsklage führt zur Zerschlagung der Gesellschaft und kann nur als letztes Mittel der Wahl angesehen werden. Deshalb müssen wichtige Gründe für eine Auflösungsklage vorliegen. Ein solcher Grund ist beispielsweise gegeben, wenn ein Gesellschafter eine wesentliche Gesellschafterpflicht verletzt, sich persönlich bereichert oder Straftaten zu Lasten der Gesellschaft begeht.

  • Tod eines Gesellschafters

Der Tod eines Gesellschafters führt nicht automatisch zur Auflösung der Gesellschaft. Wenn im Gesellschaftsvertrag dazu nichts geregelt ist, geht der Gesetzgeber von der Fortführung der Gesellschaft aus. Anders ist es, wenn der Gesellschaftsvertrag die Auflösung beim Tod bzw. Wegfall eines Gesellschafters vorsieht. Besonderheiten sind nur dann zu beachten, wenn es um einen von zwei verbliebenen Gesellschaftern handelt.

  • Ausscheiden eines von zwei verbliebenen Gesellschaftern

Hat eine Offene Handelsgesellschaft nur (noch) zwei Gesellschafter, führt das Ausscheiden des einen Gesellschafters zum Erlöschen der Gesellschaft ohne Abwicklung. Das Gesellschaftsvermögen geht auf den verbliebenen Gesellschafter über. Der verbliebene Gesellschafter kann das Unternehmen alleine fortführen. Sofern das Unternehmen (noch) den Umfang eines Handelgewerbes einnimmt, müsste sich der verbliebene, fortführende Gesellschafter als „eingetragener Kaufmann (e.K)” im Handelsregister eintragen lassen.

  1. Besonderheiten, wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist

Hier führen folgende weitere Gründe zur Auflösung der Gesellschaft

  • Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde
  • Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 FamFG
  • Eintragung der Auflösung

Die Auflösung muss in notariell beglaubigter Form von sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden, § 141 Abs. 1 HGB. Es empfiehlt sich den Auflösungsgrund bei der Anmeldung mit bekanntzugeben. Die Eintragung an sich hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Auflösung, da sie nur deklaratorisch ist. Mit der Eintragung wird die Auflösung aber dokumentiert und erleichtert so die Berechnung von Haftungsfristen.

Abweichendes gilt bei der Eröffnung oder Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft. In diesen Fällen muss das Gericht die Auflösung und ihren Grund von Amts wegen im Handelsregister eintragen. Bei Löschung wegen Vermögenslosigkeit der Gesellschaften entfällt die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft.

  • Liquidatoren

Die Liquidatoren haben Geschäftsführer- und Vertretungsbefugnisse. Sie vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Allerdings sind diese Befugnisse auf den Abwicklungszweck beschränkt.

Das Abwicklungsverfahren besteht im wesentlichen aus fünf Aufgaben:

  • Aufstellung einer Bilanz
  • Beendigung aller laufender Geschäfte
  • Forderungseinzug und Schuldenbegleichung
  • Umsetzung des restlichen Vermögens
  • Verteilung des Gesellschaftsvermögens

Bestellt werden die Liquidatoren aufgrund gesetzlicher oder gesellschaftsvertraglicher Regelung. Nach dem Gesetz werden sämtliche Gesellschafter automatisch zu Liquidatoren. Grundsätzlich können die Gesellschafter aber im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss einen oder mehrere Liquidatoren bestimmen. Beim Vorliegen eines wichtigen Grundes kann jeder Abwicklungsbeteiligte die gerichtliche Bestellung von Liquidatoren beantragen.

Neben der Auflösung müssen alle Gesellschafter die Liquidatoren und deren Vertretungsmacht zur Eintragung ins Handelsregister anmelden. Die Liquidatoren müssen mit Beginn der Abwicklung eine Eröffnungsbilanz erstellen. Diese dient als reine Vermögensbilanz die den Liquidatoren einen Überblick über das Gesellschaftsvermögen schaffen soll. Mit Beendigung der Abwicklung ist ebenfalls eine Bilanz aufzustellen. Diese dient dann bei der Verteilung des Geschäftsvermögens als Grundlage.

  • Beendigung der laufenden Geschäfte, geordnete Abwicklung

Die Liquidatoren müssen die laufenden Geschäfte beenden, vgl. Hopt-Roth, HGB, 42. Aufl. 2023, § 149 Rn. 2.

Außerdem sind schwebende Verfahren weiterzuführen und abzuschließen. Zur Befriedigung schwebender Geschäfte (§ 147 Abs. 1 S. 1 HGB)dürgen die Liquidatoren neue Geschäfte eingehen.

Die Liquidatoren haben die Forderungen der Gesellschaft einzuziehen und das übrigen Vermögensgegen in Geld umzusetzen, vgl. Hopt-Roth, HGB, 42. Aufl. 2023, § 149 Rn. 3, 4.

Denkbar ist aber auch, dass neue Geschäfte getätigt werden, um den laufenden Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten um so eine geordnete Abwicklung erst zu ermöglichen.

  • Einzug/Begleichung von Forderungen

Sämtliche Forderungen der Gesellschaft sind fällig zu stellen und einzufordern. Notfalls sind sie einzuklagen. Alle anfallenden Maßnahmen, die zum Einzug oder sonstiger Verwertung von Forderungen zweckdienlich sind, zählen hier zu den Aufgaben der Liquidatoren.

Gleichermaßen müssen die Liquidatoren alle Schulden der Gesellschaft tilgen.vgl. Hopt-Roth, HGB, 42. Aufl. 2023, § 149 Rn. 2 die Liquidatoren haben die Klägbiger zu begriedigen. Sie haften diesen nur nach § 826 BGB. § 147 HGB ust bucgt Geettz zum Schutz der Gläubiger i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB, vgl. vgl. Hopt-Roth, HGB, 42. Aufl. 2023, § 149 Rn. 5.

Die Begründetheit der Forderung ist vor Bezahlung zu überprüfen und bei Bedarf sind Einwendungen oder Klage zu erheben.

  • Umsetzung des Restvermögens

Das verbleibende Vermögen ist unter den Gesellschaftern aufzuteilen. Der Verteilungsmaßstab für die Gesellschafter ist hierbei der jeweilige Kapitalanteil an der Gesellschaft. Es ist das gesamte Geldvermögen der Gesellschaft aufzuteilen, wobei die Kosten für die Verwahrung der Unterlagen im Vorfeld abzuziehen sind. Im Gesellschaftsvertrag kann auch eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbart werden. Es ist auch möglich, solche Vereinbarungen auch noch während des Abwicklungsverfahrens zu treffen.

  • Abschluss der Abwicklung

Mit Abschluss der Schlussverteilung oder mit der Hinterlegung im Streitfall ist die Abwicklung beendet. Nach Vollbeendigung kann die Gesellschaft nicht mehr wiederhergestellt werden. Die Gesellschafter können nur eine völlig neue Gesellschaft gründen. Die Beendigung der Abwicklung muss von allen Gesellschaftern zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden. Bei der Eintragung ist mit anzugeben, wo die Bücher und Papiere der Gesellschaft verwahrt werden. Die Löschung der Gesellschaft wird von Amtswegen durch das Registergericht bekannt gegeben. Eine zusätzliche Veröffentlichung seitens der Liquidatoren ist nicht notwendig. Sofern noch nicht geschehen, ist das Gewerbe der Gesellschaft beim Gewerbeamt abzumelden.

  • Nachtragsabwicklung

Sollte sich nach Beendigung der Abwicklung herausstellen, das die Gesellschaft doch noch über Vermögen verfügt bzw. noch Abwicklungsmaßnahmen durchzuführen sind, dann kann die Gesellschaft für die Dauer der Abwicklung mit den selben Liquidatoren als wieder in Abwicklung befindlich eingetragen werden.

Die Voraussetzungen sind in § 143 Abs. 1 S. 2 HGB: geregelt:

  • durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst;
  • nach der Löschung herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden.
  • Haftung

Ansprüche aus Gesellschaftsverbindlichkeiten verjähren fünf Jahre nach Eintragung der Auflösung in das Handelsregister. Wird eine Forderung erst nach Eintragung der Auflösung fällig, so läuft die Frist ab diesem Zeitpunkt. Die Liquidatoren haften gegenüber der Gesellschaft nach den gleichen Grundsätzen wie geschäftsführende Gesellschafter.

Ihr Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Meine Unterstützung richtet sich, entsprechend dem mir zu erteilenden Auftrag von Unternehmen aus Berlin, Deutschland und international.

Nachtragsliquidator bei einer Kommanditgesellschaft ? Liquidator entspr. entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB?

In Rechtsprechung und Literatur ist es umstritten, ob ein Nachtragsliquidator bei einer Personengesellschaft (OHG, KG usw.) als Liquidator entspr. § 273 Abs. 4 AktG oder § 146 Abs. 2 HGB zu bestellen ist.

Fallgstaltung:

Es findet ein Aufgebotsverfahren für die Gläubiger einer Hypothek statt. Dabei stellt sich heraus: Gläubigerin der Hypothek ist eine Kommanditgesellschaft, also eine Personengesellschaft. Die Gesellschaft ist jedoch nach § 31 Abs. 2 HGB von Amts im Handelsregister gelöscht worden. Weiteres kann der Registereintragung nicht entnommen werden.

Frage:

Es ist jedoch nunmehr ein Vermögensgegenstand aufgetaucht, die Hypothekenforderung. Die Gesellschaft ist nicht mehr als vermögenslos anzusehen.

Kommt in so einem Fall möglichicherweise die Bestellung eines Nachtragsliquidators in Betracht?

Antwort:

Dies ist die typische Ausgangssituation, in der für eine Kapitalgesellschaft eine Nachtragsliquidation beantragt werden kann. Das Problem ist vorliegend, dass die Kommanditgesellschaft keine Kapital- sondern eine Personengesellschaft nach §§ 161, 105 Ab.s 1 HGB, 705 BGB ist.

Existenz der Personengesellschaft bei Auftauchen von Vermögensgegenständen

Die Personengesellschaft ist, wenn ein Vermögensgegenstand auftaucht, – auch wenn sie bereits gelöscht wurde – nach allgemeinen Grundsätzen (Theorie des Doppeltatbestandes, Karsten Schmidt) zum Zweck der Geltendmachung ihrer Rechte aus der Hypothek als existent, partei- und prozessfähig anzusehen. Dieser Grundsatz gilt bei Personengesellschaften wie Kapitalgesellschaften gleichermaßen.

Exkurs: Personalität der Kapitalgesellschaft,

Bei der Kapitalgesellschaft ist jedoch die Personalität an die Registereintragung (bzw. an die Bekanntmachung der vertretungberechtigten Person im Handelsregister) gebunden. Registereintragung bzw. Veröffentlichung des Leitungsorgans (Geschäftsführer, Vorstand, Liquidator) und dessen Vertretungsmacht für die Gesellschaft haben bei der Kapitalgesellschaft konstitutive Wirkung.

Eine Kapitalgesellschaft ist aber – im Gegensatz zur Personengesellschaft –  nach der Löschung keine Person mehr. Daher bedarf es durch Bestellung eines Nachtragsliquidators der „Wiederbelebung“. Rechtsgrundlagen für die Kapitalgesellschaft sind die §§ 273 Abs. 4 S. 1 AktG, 66 Abs. 5 GmbHG.

Nachtragsliquidation bei der Personengesellschaft

Grundsätzlich ist die Nachtragsliquidation einer Kommanditgesellschaft nicht ausgeschlossen, vgl. BGH Urteil vom 2. Juni 2003 Az.: II ZR 102/02. Nach dem BGH „besteht für jedes Mitglied der Publikumskommanditgesellschaft die Möglichkeit, entsprechend § 273 Abs. 4 AktG die Bestellung eines Nachtragsliquidators zu beantragen„, BGH a.a.O.

Derartiege Rechtsgrundlagen gibt es jedoch für die KG und auch für die OHG nicht. Mit gutem Grund: Eine Personengegsellschaft ist nie eine juristische Person gewesen, und kann folglich diese Eigenschaft nicht durch Löschung verlieren. Eine Personengesellschaft besteht unabhängig von einer Registereintragung. Deswegen können bei OHG und KG die ursprünglich bestellten Liquidatoren auch nach der Löschung weiter für die Personengesellschaft handeln.

Neuerdings hält jedoch das OLG Saarbrücken die Nachtragsliquidation über eine Personengesellschaft wie OHG und KG für möglich, vgl. OLG Saarbrücken, 18.07.2018 – 5 W 43/18. Das OLG Saarbrücken hielt die Bestellung eines Nachtragsliquidators in den Fällen für möglich und auch notwendig, in denen die Nachtragsliquidation sehr lange Zeit nach der Löschung im Handelsregister erforderlich wird und es unklar ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Gesellschafter überhaupt noch existieren und auffindbar sowie zur Fortsetzung der Liquidation bereit und in der Lage sind, und es gegebenenfalls notwendig wäre zur Suche der Erben der früheren Gesellschafter sogar einen Nachlasspfleger zu bestellen, der die Erben ermitteln solle, vgl. OLG Saarbrücken a.a.O.

Wann genau die Grenze für das Kriterium des OLG Saarbrücken zu ziehen ist, steht noch nicht fest. Bei dem Fall, den das OLG Saarbrücken zu entscheiden hatte, ging es um ein ins Grundbuch im Jahre 1906 eingetragenes Recht. Die Gesellschaft ist 1910 gelöscht worden. In diesem Fall ist es offensichtlich, dass das Auffinden der zur Liquidation berufenen Personen nahezu unmöglich ist. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch bei Gesellschaften, die in den 1960er Jahren gelöscht wurde, das Auffinden der Gesellschafter unmöglich sein kann. Deswegen wird wohl entscheidend sein, ob das Auffinden der entscheidungsbefugten Personen ein zumutbares Maß übersteigt.

Dem OLG Saarbrücken zu Folge erfolgt die Bestellung nach § 146 Abs. 2 HGB.

Personalität, Registerbekanntmachung und Außenwirksamkeit der Personengesellschaft

Außenwirkung:

Für Personenesellschaften, die eintragsungsfähig sind, (OHG, KG etc.) gilt grundsätzlich § Abs. 1 S. 1 123 HGB:

Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.

Innenwirkung:

Unter den Gesellschaftern und allen eingeweihten besteht die OHG mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags.

Anwendbarkeit der Vorschriften zum Nachtragsliquidator aus dem Recht der Kapitalgesellschaften auf die Personenesellschaften (im Besipiel: KG)

Ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen behandelt die Rechtsprechung Personengesellschaften – zumindest dann, wenn es sich um Handelsgesellschaften handelt -ähnlich einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft. Bereits gesetzlich haben die Handelsgesellschaften Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit verliehen bekommen. Deswegen sind aber o.g. Vorschriften zu den Kapitalgesellschaften nicht ohne weiteres auf die persönlich strukturierten Handelsgeselslchaften anwendbar.

Nachtragsliquidatoren bei einer Personengesellschaft können theoretisch nach §§ 66 Abs. 5 GmbHG, 264 Abs. 2 AktG oder nach § 273 Abs. 4 S. 1 AktG bestellt werden.

Schlussfolgerungen

Bei der Liquidation einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft gibt es entscheidende Unterschiede, die eine Analoge Anwendung der Vorschriften aus dem Recht der kapitalgesellschaften überflüssig machen. Personengesellschaften benötigen zu ihrer Existenz nur das Auftauchen eines Vermögensgegenstandes. In Bezug auf diesen Vermögensgegenstandes sind die (ehemaligen oder von den Gesellschaftern neu zu wählenden) Leitungsorgane sofort handlungsfähig. Dritten gegenüber genügt es, sie in Kenntnis von der Vertretungsmacht zu setzen und hernach können auch Rechtsgeschäfte in Bezug auf den Vermögensgegensant eingegangen werden. Eine Registereintragung ist hierfür nicht erforderlich.

In den seltensten Fällen wird es erforderlich sein, für eine Personengesellschaft einen Nachtragsliquidator zu finden. Sobald ein werthaltiger Vermögensgegenstand im Eigentum einer Personengesellschafft aufgefunden wird, wird es einen interessenten geben, der bereit ist, die Rolle des Liquidators zu übernehmen.

Handelsvertretervertrag: Kündigung und Ausgleichsanspruch

Endet ein Handelsvertreterverhältnis z. B. durch Kündigung oder Befristung kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB zustehen. Die Voraussetzungen und die Reichweite dieses Ausgleichsanspruchs erläutere ich nachfolgend.

Ordentliche Kündigung durch Unternehmer

Häufig wird ein Handelsvertreterverhältnis durch die Kündigung durch den Unternehmer beendet. Sofern keine Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen, wird ordentlich gekündigt unter Einhaltung der Kündigungsfrist.

Kündigt der Handelsvertreter selbst, kann er seinen Ausgleichsanspruchs gem. § 89b Abs. 3 HGB verlieren, sofern es keinen in dem Verhalten des Unternehmers begründeten Anlass für seine Kündigung gegeben hat.

Bei einer Kündigung ist zu beachten, dass diese grds. formlos erfolge kann, es sei dann dass Schriftform vereinbart worden ist. Dann hat diese schriftlich zu erfolgen, wobei eine E-Mail bereits das Schriftformerfordernis erfüllen kann (OLG München Urteil v. 26.01.2012 – Az. 23 U 3798/11).

Wenn nun eine Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses z. B. durch eine ordentliche Kündigung erfolgt ist, gilt es den Ausgleichsanspruch festzustellen und zu berechnen.

Auskunftsanspruch

Nicht selten hat der Unternehmer kein gesteigertes Interesse daran, einen hohen oder überhaupt einen Ausgleich an den Handelsvertreter zu zahlen. Sofern der Handelsvertreter nicht über sämtliche Informationen zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs verfügt, weil beispielsweise die Anrechnungen nicht ergiebig bzw. vollständig sind, muss er den Unternehmer auffordern, ihm diese Informationen herauszugeben. Mit der Herausgabe dieser Informationen tuen sich die Unternehmer regelmäßig sehr schwer.

Geltendmachung eines Buchauszuges

Der Handelsvertreter wird dann üblicherweise seinen Anspruch auf eine Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB geltend machen. Leider wollen Unternehmer einen solche Buchauszug nicht gerne herausgeben oder sie verfügen über keine geordnete Buchhaltung und können keine Buchauszug ohne großen Aufwand erstellen. Nicht selten sind die Buchauszüge lückenhaft und erfüllen nicht den von der Rechtsprechung vorgegebenen Mindestinhalt (BGH Urteil v. 20.01.2011 – Az. I ZB 67/09).

Dabei sollte der Handelsvertreter genau darauf achten, dass er auch wirklich sämtliche notwendigen Informationen erhält. Beispielsweise kann es sein, dass ein Unternehmer seine unterbliebene Herausgabe der Informationen mit sog. Umstrukturierungen begründet oder aber auch daraufhin weist, dass z. B. die Lieferung der vermittelten Waren an eine Geschäftsstelle des Kunden in einen anderen Bezirk erfolgt sei. Falls der Handelsvertreter als Bezirksvertreter für den Unternehmer tätig war, stehen ihm gem. § 87 Abs. 2 HGB die Provisionen aus den Geschäften mit Kunden in diesem Bezirk zu. Bezirksschutz umfasst Geschäfte mit Kunden, die Sitz oder Geschäftsniederlassung im Bezirk haben, auch wenn anderswohin zu liefern ist (BGH NJW 58, S. 180). Entscheidend ist die Bezirksansässigkeit des Bestellers (Hopt, Handelsvertreterrecht zu § 87 HGB, Rn. 26).

In der Praxis kommt es gelegentlich vor, dass Unternehmer trickreich versuchen, die Auskunft auf möglichst wenig Kunden und Geschäfte zu begrenzen. Um erkennen zu können, welche Auskunft tatsächlich geschuldet wird, bedarf es daher eines geschulten Auges und der entsprechenden juristischen Kompetenz.

Stufenklage

Das führt regelmäßig dazu, dass der Handelsvertreter zunächst, falls eine außergerichtliche Einigung nicht erzielt werden kann, eine Stufenklage erheben muss. Dabei klagte er sowohl den Anspruch auf Auskunft als auch den Anspruch auf Ausgleich ein. Die gleichzeitige Klage auf Auskunft und Ausgleich macht insofern auch Sinn, da in diesem Fall die Verjährung bzgl. beider Anspruchsarten unterbrochen wird.

Berechnung des Handelsvertreterausgleichs

Die Rechtsprechung hat eine nunmehr gängige Berechnung des Ausgleichsanspruchs entwickelt. Zunächst wird der sog. Rohausgleich ermittelt. Der Rohausgleich wird nach gefestigter Rechtsprechung (Hopt, Handelsvertreterrecht zu § 89b HGB, Rn. 12 m. w. N.; OLG Düsseldorf Urteil v. 29.03.2012 – Az. I 16 U 199/10 m. w. N.) mit Bezug auf das letzte Vertragsjahr berechnet. Es findet üblicherweise eine degressive Berechnung der Abwanderungsquote in Höhe von 20 % über einen Zeitraum von 5 Jahren statt. Es kann natürlich Gründe für eine höhere oder geringere Abwanderungsquote ergeben. Das ist im Einzelfall festzustellen.

Dann stellt sich die Frage, ob es einen Grund für eine Billigkeitsabzug im Hinblick auf § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HGB gibt. Als Gründe für einen Billigkeitsabzug können üblicherweise vertragsbezogene Gründe herangezogen werden (Hopt, Handelsvertreterrecht zu § 89b HGB, Rn. 33 ff.). Auch eine besondere Sogwirkung der Marke des Unternehmens kann zu einem Billigkeitsabzug führen.

Anschließend erfolgt eine Abzinsung auf den Barwert in Höhe von 4 % nach der Gillardon Methode (BGH Urteil v. 12-09.2007 – Az. VIII ZR 194/06). Das Ergebnis ist der sog. Rohausgleich.

Dieser Rohausgleich ist sodann gem. § 89b Abs. 2 HGB in Bezug zu der durchschnittlichen Jahresprovision der letzten 5 Jahre zu setzen, welcher als Höchstgrenze für den Ausgleich angesetzt wird. Zu beachten ist, dass es sich hier lediglich um eine Höchstgrenze handelt. Gerichte sind nicht daran gehindert, sich nicht an dieser Höchstgrenze zu orientieren.

Vorteil im Sinne des § 89b HGB

Schließlich wird ermittelt, ob der Unternehmer auch einen Vorteil im Sinne des § 89b HGB hat. Nur dann ist ein Ausgleich auch gerechtfertigt. Dabei soll festgestellt werden, dass der Handelsvertreter sog. Stamm- oder Mehrfachkunden für den Unternehmer geworben hat, die eben auch weiterhin Kunden des Unternehmers sind. Stamm- oder Mehrfachkunden sind solche, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben (BGH 135, S. 14; Hopt, Handelsvertreterrecht zu § 89b HGB, Rn. 12 ff. m. w. N.). Auch diese Hürde kann den Ausgleichsanpruchs des Handelsvertreters schmälern. Hier kommt es sehr auf den Einzellall an.

Feilschen wie auf dem Basar

Wie zuvor schon an der Darstellung der Berechnung des Handelsvertreterausgleichs erkennbar wird, handelt es sich insgesamt um eine sehr komplexe Angelegenheit. Der Aufwand, der betrieben werden muss, um tatsächlich ein vollständiges Bild von allen für die zuvor genannte Berechnung notwendigen Daten zu bekommen, ist erheblich – insbesondere dann, wenn auch noch eine umfangreiche Auskunft geschuldet wird.

Daher haben Gerichte ein erhebliches Interesse daran, ein solches Verfahren vergleichsweise zu erledigen, damit für die Parteien zügig Rechtssicherheit in der Angelegenheit erreicht werden kann und sie kein aufwändiges Urteil anfertigen müssen.

Fazit:

Die Ermittlung eines Anspruchs auf einen Handelsvertreterausgleich ist ziemlich kompliziert und bedarf einer exakten Analyse des Sachverhaltes sowie entsprechende Sachkunde der rechtlichen Materie.

Handelsvertreterausgleich § 89b HGB

  1. Wesen, Voraussetzungen

Der Handelsvertreterausgleich, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Ausgleich oder Abfindung genannt, soll dem Handelsvertreter eine zusätzliche Vergütung für während der Vertragsdauer geleistete, bisher nicht abgegoltene Dienste gewähren. Dabei handelt es sich um eine Gegenleistung für geleistete Dienste, für die der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses keine seiner Leistung entsprechende Vergütung mehr erhält;

BGH v. 26.11.1976, BB 1977, S. 564.

  1. Beendigungsgründe

(a) Vertragsbeendigung durch Zeitablauf.

(b) Ordentliche Kündigung durch den Unternehmer

(c) Kündigung durch den Handelsvertreter, wenn der Unternehmer einen begründeten Anlass für die Beendigung gegeben hat.

Das Verhalten des Unternehmers, dass die Kündigung begründet, braucht weder vertragswidrig noch schuldhaft gewesen zu sein. Schon die Ausübung der vertraglichen oder gesetzlichen Rechte des Unternehmers in einem Umfang, dass dem Handelsvertreter die Fortsetzung des Vertrages nicht zugemutet werden kann, berechtigt diesen, bei einer Kündigung den Ausgleich zu verlangen. In der Regel liegt dieser Fall bei einer unzulässigen Teilkündigung vor;

OLG Bamberg v. 30.05.1958, NJW 1958, S. 1830.

Gibt der Unternehmer dem Handelsvertreter Anlass zu einer fristlosen Kündigung, bleibt der Handelsvertreterausgleich stets bestehen; § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB.

(d) Eine Vertragsbeendigung im gegenseitigen Einvernehmen berührt den Handelsvertreterausgleich selbst dann nicht, wenn der Wunsch hierzu vom Handelsvertreter ausging;

BGH v. 13.03.1969, BB 1969, S. 460.

(e) Kündigung oder Vertragsbeendigung wegen Krankheit, Alters (i.d.R. bei Erreichen des Pensionsalters) oder Tod des Handelsvertreters; § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB.

  1. Kundenwerbung

(a) Neue Kunden

Ein Handelsvertreterausgleich ist nur dann gegeben, wenn und soweit der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, noch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat, § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB.

Wenn der Handelsvertreter eine dritte Person für die Erzeugnisse seines Unternehmens gewinnt und dieser Dritte, ohne selbst Kunde zu werden oder in sonstige Rechtsbeziehungen zu dem Unternehmer oder Handelsvertreter zu treten, die Erzeugnisse des Unternehmers empfiehlt und dadurch zu deren Absatz beiträgt, begründet dies keinen Handelsvertreterausgleich.

(z.B. das Bewerben von Bietern, die Produkte des Unternehmens in die Ausschreibung bringen);

BGH v. 15.06.1959, BB 1959, S. 754.

Neukunden, die einen Ausgleichsanspruch begründen, sind nur solche, die nicht nur gelegentlich kaufen, sondern unter dem früheren Begriff der „Stammkunden“ einzuordnen sind. Der BGH hat den Stammkundenbegriff erheblich erweitert, indem er ausführt, dass als Stammkunden alle Mehrfachkunden anzusehen sind. Diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden, gelten demnach als Stammkunden, BGH v. 06.08.1997, NJW 1998, S. 66.

Bloße Mitursächlichkeit des Handelsvertreters bei der Kundenwerbung reicht aus, BGH v. 25.10.1984, BB 1985, S. 291.

(b)      Gesteigerte Kunden

Eine Steigerung des Umsatzes eines Kunden um mindestens 100 % während der Tätigkeit des Handelsvertreters gegenüber dem Umsatz vor Beginn des Handelsvertretervertrages stellt eine wesentliche Erweiterung der Geschäftsbeziehung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB mit der Folge dar, dass die Provisionsumsätze dieser Kunden vollen Umfangs ausgleichspflichtig sind, BGH v. 03.06.1971, BB 1971, S. 843.

In der Praxis ist es verbreitet, dem nachfolgenden Handelsvertreter die Zahlung des Handelsvertreterausgleichs seines Vorgängers aufzuerlegen als sogenannten Einstand.

Der BGH ist der Auffassung, dass die von dem Vorgänger geworbenen Kunden bei der Bemessung des Handelsvertreterausgleichs auch dann nicht als Neukunden im Sinne des § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB anzusehen sind, wenn die Zahlung im Einverständnis mit dem Unternehmer erfolgte, es sei denn, es wurde vereinbart, dass diese Kunden für den Handelsvertreter und einen ggfs. bei Vertragsbeendigung zu zahlenden Handelsvertreterausgleich als Neukunden zu gelten haben.

Ein vertraglicher Anspruch gegen den vertretenen Unternehmer auf (teilweise) Erstattung der geleisteten Zahlung kann sich aber bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung ergeben, wenn die Parteien beim Abschluss des Handelsvertretervertrages von einer Vertragsdauer ausgingen, die es dem Handelsvertreter ermöglicht hätte, den als Abfindung gezahlten Betrag ganz oder teilweise durch Provisionseinnahmen auszugleichen, BGH v. 10.05.1984, NJW 1985, S. 58.

Um den Handelsvertreter gegenüber der Ausgleichsübernahme zu schützen, sollte in den Handelsvertretervertrag eine Klausel aufgenommen werden, dass die vom Vorgänger übernommenen Altkunden bei Vertragsende als neue Kunden im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB gelten.

(d) Langlebige Wirtschaftsgüter

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist das Bestehen einer nutzbaren Geschäftsverbindung mit Unternehmervorteilen im Sinne des § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB zu bejahen, wenn innerhalb eines überschaubaren, in seiner Entwicklung noch abschätzbaren Zeitraums Nachbestellungen der vom Handelsvertreter geworbenen Kunden zu erwarten sind.

Welche Zeitspanne dabei im Einzelfall zugrunde zu legen ist, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Eine generelle zeitliche Begrenzung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sie wäre auch nicht mit dem Sinn und Zweck des Handelsvertreterausgleichs zu vereinbaren, der darin liegt, dem Handelsvertreter für einen auf seine Leistung zurückzuführenden Vorteil des Unternehmers eine Gegenleistung zu verschaffen.

Für die Annahme einer Geschäftsverbindung mit Unternehmervorteilen ist mithin die Zeitspanne maßgebend, innerhalb derer normalerweise noch mit Folgeaufträgen der vom Handelsvertreter neu geworbenen Kunden gerechnet werden kann. Im Falle des Vertriebs von Waren bestimmt sich dieser Zeitraum unter anderem danach, wie häufig sich ein Neubedarf einstellt. Lassen die vertriebenen Artikel aufgrund ihrer Zweckbestimmung und ihrer Langlebigkeit in der Regel nur eine einmalige Anschaffung erwarten, so kann von keiner – für den Geschäftsherrn in absehbarer Zeit – weiterhin nutzbaren Geschäftsverbindung gesprochen werden. Andererseits steht der Entstehung einer Geschäftsverbindung mit Unternehmervorteilen aber nicht von vornherein entgegen, dass Nachbestellungen infolge der Lebensdauer eines Erzeugnisses erst nach einer längeren, auch mehrjährigen Zeitspanne in Betracht kommen, BGH v. 25.10.1984, BB 1985, S. 291.

(e)      Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Handelsvertreter geschäftliche Beziehungen zwischen neuen Kunden und dem Unternehmer hergestellt hat, obliegt dem Handelsvertreter. Der Handelsvertreter braucht nicht substantiiert vorzutragen, dass der Unternehmer vor Vertragsbeginn keine Geschäftsbeziehungen zu den geworbenen Kunden unterhielt. Dem Unternehmer obliegt vielmehr die Pflicht, substantiiert darzulegen, dass er mit den einzelnen Kunden vor Vertragsbeginn bereits Geschäfte, und zwar auch in welcher Höhe, getätigt hatte, BGH VIII ZR 19/99 vom 12.01.2000, NJW 2000, S. 1413.

Hat der Handelsvertreter unwiderlegt die Neukundenwerbung dargetan, so spricht eine – allerdings widerlegbare – Vermutung dafür, dass die hergestellten Geschäftsverbindungen auch nach der Vertragsbeendigung weiter bestehen werden, BGH v. 25.10.1984, BB 1985, S. 291.

  1. Unternehmervorteile, Billigkeit – „Rohausgleich“

Das Gesetz verlangt, dass dem Unternehmer nach der Vertragsbeendigung durch die von dem Handelsvertreter neu für das Unternehmen geworbenen Kunden erhebliche Vorteile verbleiben.

Worin diese Vorteile bestehen müssen, ist nicht festgelegt. Dies können Provisionen sein, die der Unternehmer aufgrund der Vertragsbeendigung nicht mehr an den Handelsvertreter zu zahlen hat. Es kann aber auch ein Kaufpreis sein, den der Unternehmer für den Verkauf seines Unternehmens, die Marke oder den Kundenstamm von einem Käufer bekommen hat.

Die Vorteile des Unternehmers nach Vertragsende, von deren Höhe die Bemessung des Handelsvertreterausgleichs des Handelsvertreters abhängt, sind nach der objektiven Sachlage zu ermitteln. Hierbei ist der zu erwartende Stammkundenumsatz vorbehaltlich verlässlicher Anhaltspunkte nach den Verhältnissen während der Vertragszeit zu schätzen. Die tatsächliche Entwicklung nach Vertragsende spielt dabei keine Rolle, BGH v. 06.08.1997, NJW 1998, S. 66.

Bei der Bemessung der Unternehmervorteile bzw. Provisionsverluste des Handelsvertreters ist in der Regel von einer Zukunftszeitspanne von vier bis sechs Jahren auszugehen.

Der Zeitraum für die beim Handelsvertreterausgleich anzustellende Prognose für die dem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertrages entstandenen Provisionsverluste ist gesetzlich weder festgelegt noch beschränkt. Es muss sich nur um eine überschaubare, in ihrer Entwicklung noch einschätzbare Zeitspanne handeln. Ein Zeitraum von vier Jahren für die Vorteils- und Verlustprognose braucht, insbesondere bei langwährenden Vertragsverhältnissen, nicht unangemessen zu sein, BGH v. 28.06.1973, BB 1973, S. 1092.

Berechnungsgröße für die Zukunftsprognose sind die Provisionseinnahmen des Handelsvertreters im letzten Vertragsjahr, OLG Nürnberg v. 03.11.1982, HVR Nr. 571.

Hierbei ist jedoch nur der Teil der Vergütung des Handelsvertreters zu berücksichtigen, der für seine werbende Tätigkeit gezahlt wird. Vergütungs- (Provisions-)Anteile für eine Lagerhaltung, Inkasso und Auslieferung blieben als verwaltende Tätigkeit des Handelsvertreters früher außer Ansatz. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH gilt dieser Grundsatz im Tankstellengeschäft allenfalls im Hinblick auf das Inkasso. Ein Tankstellenhalter, der keine Lagerhaltung und keine Auslieferung betreibt, kann keinen Kundenstamm schaffen. Kein Kunde würde allein die Vermittlungstätigkeit des Tankstellenhalters in Anspruch nehmen; im Vordergrund steht vielmehr die sofortige Verfügbarkeit der gewünschten Kraftstoffmenge, die nur durch Lagerhaltung und Auslieferung an der Tankstelle gewährleistet werden kann, BGH v. 06.08.1997, NJW 1998, S. 66.

Ähnlich dürfte es sich in der Textilbranche verhalten, wenn der Handelsvertreter für den Unternehmer ein Lager unterhält und aus diesem sogenannte Sofort-Ware verkauft.

(a) In der Praxis hat sich folgende Rohausgleichsberechnung als gefestigt herausgebildet:

Die Jahresprovision des Handelsvertreters des letzten Vertragsjahres wird um einen Abwanderungs- und Abzinsungsfaktor pro Jahr vermindert. Der Abwanderungsfaktor soll den Umstand berücksichtigen, dass ein Teil der Kunden regelmäßig abwandert. Die Höhe ist schwankend und kann im Einzelfall unterschiedlich sein. Da der Handelsvertreter die ihm entgehenden Provisionen beim Fortbestand des Vertragsverhältnisses erst innerhalb von vier Jahren verdient hätte, der Ausgleich jedoch bereits bei Vertragsende fällig ist, muss eine Abzinsung vorgenommen werden.

Ein Faktor von 20 % für die Abwanderungs- und Abzinsungsquote zusammen ist in der Regel eine akzeptable Größe. Hiernach ergibt sich folgende Berechnung:

letzte Jahresprovision 100 ./. 20 % =

  1. Folgejahr 80,00 ./. 20 % =
  2. Folgejahr 64,00 ./. 20 % =
  3. Folgejahr 51,20 ./. 20 % =
  4. Folgejahr 40,96 ./. 20 % =

Rohausgleich         236,16

Sowohl die Abwanderungsquote als auch die Abzinsung sind vom Rohausgleich und nicht von der Jahresdurchschnittsprovision abzuziehen, BGH v. 28.04.1988, NJW RR 1988, S. 1061.

(b)      Ersparte Kosten des Handelsvertreters sind bei der Rohausgleichsberechnung nur dann mindernd zu berücksichtigen, wenn diese besonders hoch sind. Aufgrund der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes geht der BGH davon aus, dass nur Kosten, die bestenfalls über 50 % der verdienten Provisionen liegen, besonders hoch sind. Selbst dann sind nur die 50 % übersteigenden Kosten zu berücksichtigen, BGH v. 06.02.1964, DB 1964, S. 400.

Selbst wenn der Handelsvertreter Verluste mit seiner Handelsvertretung gemacht hat, schließt dieser Umstand einen Ausgleichsanspruch nicht aus, BGH v. 12.02.2003, NJW 2003, S. 821 (825).

(c)      Nach der Ermittlung des sogenannten Rohausgleichs ist zu prüfen, ob die Zahlung der Billigkeit gemäß § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB entspricht.

Der Billigkeitsgesichtspunkt kann nicht zu einer Erhöhung des Rohausgleichs führen, da zuvor die Voraussetzungen des Anspruchs nach § 89b Abs. 1 Nrn. 1 – 3 HGB geprüft werden müssen. Faktisch führt die Billigkeit allenfalls zu einer Verminderung des Rohausgleichs, BGH v. 17.10.1984, HVR Nr. 594.

Seit August 2009 sind die Provisionsverluste des Handelsvertreters, die dieser dadurch erleidet, dass das Vertragsverhältnis nicht fortgeführt wird, durch eine Gesetzesänderung des § 89b HGB nur noch ein Billigkeitskriterium. Dadurch schließen Einmal- oder Abschlussprovisionen den Handelsvertreterausgleich auch im Dienstleistungsbereich (Versicherungen, Serviceverträge etc.) nicht mehr aus.

Wichtigster Billigkeitsgesichtspunkt zu Lasten des Handelsvertreters ist der Vertrieb von Konkurrenzprodukten oder die Aufnahme einer Konkurrenzvertretung durch den Handelsvertreter nach Vertragsende. Sie kann zu einer Reduzierung des Ausgleichs auf null führen.

(d)      Der Höhe nach ist der Handelsvertreterausgleich durch die Jahresdurchschnittsprovision begrenzt. Liegt der nach § 89b Abs. 1 Nrn. 1 – 3 HGB ermittelte Rohausgleich höher als die Jahresdurchschnittsprovision, so erhält der Handelsvertreter den Ausgleich nur in Höhe der Jahresdurchschnittsprovision, BGH v. 27.02.1981, DB 1981, S. 1772.

Ist der Rohausgleich geringer als die Jahresdurchschnittsprovision, so ist allein die Höhe des Rohausgleichs maßgebend.

Die Jahresdurchschnittsprovision errechnet sich nach dem Durchschnitt der Einnahmen des Handelsvertreters aus dem Vertragsverhältnis in den letzten fünf Vertragsjahren, bei einer kürzeren Dauer des Vertragsverhältnisses nach dem Durchschnitt der kürzeren Vertragsdauer.

Der Berechnung des Höchstsatzes sind, anders als bei der Bestimmung der Provisionsverluste (vgl. 3.4.), alle Provisionen und sonstigen Vergütungen zugrunde zu legen, die dem Vertreter für seine Tätigkeit in den in § 89b Abs. 2 HGB genannten Zeiträumen gezahlt worden sind, nicht nur der Teil der Provisionen, der als Vergütung für die eigentliche Abschluss- und Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters anzusehen ist. Unter Provisionen in diesem Sinne, die die Höchstgrenze des Ausgleichs darstellen, sind die Bruttoprovisionen zu verstehen, BGH v. 03.06.1971, NJW 1971, S. 1611.

Provisionen, die der Handelsvertreter für Geschäfte erhält, die vor Vertragsende abgeschlossen wurden, aber erst nach Vertragsende ausgeführt werden, rechnen als sogenannte Überhangsprovision in die Durchschnittsprovision hinein, ohne daß dies Einfluss auf die für die Berechnung der Jahresdurchschnittsprovision zu berücksichtigenden Vertragsjahre hat, BGH v. 23.10.1996, NJW 1997, S. 316.

Wenn auch im ersten Jahr der Fünfjahresberechnung bei der Durchschnittsprovision Überhangprovisionen enthalten sind, müssen diese herausgerechnet werden (s. BGH a.a.O.), was allerdings in der Praxis kaum möglich ist.

Als Bruttoprovision ist die Mehrwertsteuer, die der Handelsvertreter vom Unternehmer erhalten hat, sowohl in die Rohausgleichsberechnung als auch in die Jahresdurchschnittsprovision einzurechnen, BGH v. 28.06.1973, BB 1973, S. 1092.

  1. Unabdingbarkeit

Der Handelsvertreterausgleich ist nach § 89b Abs. 4, Satz 1 HGB im Voraus nicht abdingbar. Diese zwingende Vorschrift wird vom BGH eng ausgelegt.

89b Abs. 4 Satz 1 verbietet nicht nur Abreden, durch die der Handelsvertreterausgleich ganz ausgeschlossen wird, sondern auch solche, durch die er nur im Ergebnis mehr oder weniger eingeschränkt wird. Die Vorschrift lässt solche Abreden erst nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen zu. Die zwingenden Vorschriften sowohl des § 90a als auch des § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB schließen alle entgegenstehenden Vereinbarungen aus, die vor Vertragsende geschlossen werden, weil eine Abgrenzung für deren Anwendung je nachdem, ob Vereinbarungen Monate oder nur noch Wochen oder gar nur wenige Tage vor dem Ablauf des Vertragsverhältnisses getroffen werden, willkürlich wäre. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muss dem Handelsvertreter der Schutz der zwingenden Gesetzesvorschriften auch dann noch zukommen, wenn eine Vereinbarung erst kurz vor dem Vertragsende zustande gekommen ist, BGH v. 30.12.1970, BB 1970, S. 104.

  1. Geltendmachung, Ausschlussfrist

Der Handelsvertreterausgleich ist nach § 89b Abs. 4 Satz 2 HGB innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen. Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Die Erklärung des Handelsvertreters muss jedoch dem Unternehmer Klarheit darüber verschaffen, ob der Handelsvertreter einen Handelsvertreterausgleich geltend macht. Sie muss eindeutig und unmissverständlich sein. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert werden kann, BGH v. 22.09.1969, DB 1969, S. 2077.

Dr. Dietmar Höffner
Rechtsanwalt,
Liquidator
Zimmerstr. 69
D-10117 Berlin-Mitte
Telefon: +49 30 89 54 23 11
Telefax: +49 30 89 54 23 13
E-Mail: e-post@kanzlei-hoeffner.de
Internet:
www.kanzlei-hoeffner.de

Anwalt - Nachtragsliquidator

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner ist als Nachtragsliquidator und Liquidator tätig.