Haftung des faktischen Geschäftsführers

Wer ist Geschäftsführer einer GmbH?

Nach den Vorschriften des GmbH-Gesetzes wird eine GmbH grundsätzlich durch einen oder mehrere Geschäftsführer geleitet und vertreten.

§ 6 Geschäftsführer

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

§ 35 Vertretung der Gesellschaft

(1) 1Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.

Die formale Stellung als Organ der Gesellschaft erlangen die Geschäftsführer durch einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung und ihr Einverständnis zur Amtsübernahme.

§ 46 Aufgabenkreis der Gesellschafter

Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:

5.         die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
 6.         die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;

Wer ist faktischer Geschäftsführer einer GmbH?

Die Figur des faktischen Geschäftsführers hingegen wurde von den Gerichten entwickelt und ist gesetzlich nicht geregelt. Die Voraussetzungen einer faktischen Geschäftsführung können daher nicht aus dem Gesetz abgeleitet werden und sind z.T. auch noch nicht abschließend durch die Gerichte bestimmt worden. Anders als bei förmlichen Geschäftsführern kommt es für die Stellung eines faktischen Geschäftsführers nicht auf eindeutige formale Handlungen (insb. die Fassung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses) oder den Willen des Betroffenen an. Entscheidend ist vielmehr das tatsächliche Gesamtbild der Tätigkeiten im konkreten Einzelfall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist entscheidend, ob eine Gesamtschau aller Umstände ergibt, dass die betreffende Person in maßgeblichem Umfang Geschäftsführungsfunktionen übernommen, d.h. die „Geschicke der Gesellschaft maßgeblich in die Hand genommen“ hat. Dabei muss der faktische Geschäftsführer den oder die bestellten Geschäftsführer nicht völlig aus ihrer Position verdrängen. Maßgeblich ist vielmehr, wer die für den Fortbestand des Unternehmens entscheidenden Maßnahmen trifft. Für die Praxis ist jedoch mit diesen generischen Umschreibungen nicht viel gewonnen.

Von großer Bedeutung ist jedoch, dass zur Begründung einer faktischen Geschäftsführung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zumindest ein Handeln im Außenverhältnis erforderlich ist. Weiter konkretisieren lassen sich die Umschreibungen des BGH, wenn man sich einen Kriterienkatalog des Kernbereichs der Geschäftsführung vergegenwärtigt. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat das Vorliegen einer faktischen Geschäftsführung insofern bejaht, wenn mindestens sechs der nachstehenden acht Kriterien erfüllt sind:

  • Bestimmung der Unternehmenspolitik,
  • Unternehmensorganisation,
  • Einstellung von Mitarbeitern,
  • Gestaltung der Geschäftsbeziehung zu Vertragspartnern,
  • Verhandlung mit Kreditgebern,
  • eine dem Geschäftsführergehalt entsprechende Vergütung,
  • Entscheidung in Steuerangelegenheiten,
  • Steuerung der Buchhaltung.

Zwar haben die (zivilrechtlichen) Senate des BGH diese Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts nicht übernommen. Die Kriterien können gleichwohl eine Orientierungshilfe bieten.

Wie haftet der faktischer Geschäftsführer im Vergleich zum leitenden Angestellten?

Der faktische Geschäftsführer haftet ebenso wie der förmliche Geschäftsführer, insbesondere gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Dies hat jüngst das OLG München noch einmal unterstrichen. Die Entscheidung des Gerichts sollte als Warnung für faktische Geschäftsführer dienen, denn die Organhaftung ist ein scharfes Schwert:

So hat der (faktische) Geschäftsführer bereits bei leicht fahrlässiger Pflichtverletzung den gesamten der GmbH hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Einem Angestellten käme hingegen bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit eine Haftungsprivilegierung zugute: Nach ständiger Rechtsprechung gilt für Arbeitnehmer ein dreistufiges Haftungsmodell, wonach den Arbeitnehmer im Falle leichter und leichtester Fahrlässigkeit keine Haftung trifft, der Schaden im Falle mittlerer Fahrlässigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geteilt wird und der Arbeitnehmer nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz den gesamten Schaden zu tragen hat. Zwar ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, ob auch leitende Angestellte in den Genuss der Grundsätze zur Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung kommen. Es spricht jedoch viel dafür, dies mit der herrschenden Meinung zu bejahen.

Zudem greifen bei einem faktischen Geschäftsführer Sonderregelungen im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast: Demnach muss die Gesellschaft lediglich den Eintritt eines Schadens und dessen Verursachung durch ein Verhalten des faktischen Geschäftsführers, das sich als möglicherweise pflichtwidrig darstellt, darlegen und beweisen. Ist dies der Fall, trifft den faktischen Geschäftsführer die Beweislast, dass entweder das schadensauslösende Verhalten nicht pflichtwidrig war oder ihm zumindest kein Schuldvorwurf hinsichtlich der Pflichtverletzung zu machen ist. Auch diesbezüglich wäre Herr Weber als leitender Angestellter bessergestellt, da ihn in diesem Fall nicht die Beweislast treffen würde.

Diese Regelung kann in der Praxis ausschlaggebend sein, denn manche Vorgänge lassen sich im Nachhinein – eine Untersuchung findet oftmals erst mehrere Jahre nach den zugrunde liegenden Geschehnissen statt – nicht mehr vollständig aufklären. GmbH

Genießt ein faktischer Geschäftsführer Versicherungsschutz?

Vor diesem Hintergrund ist (leitenden) Angestellten einer GmbH, die geschäftsführungsnahe Aufgaben übernehmen, zu erhöhter Wachsamkeit zu raten. Bestehen Zweifel, ob die übernommenen Tätigkeiten die Stellung als faktischer Geschäftsführer begründen, sollte unbedingt ein gesellschaftsrechtlich versierter Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden. Auch im Hinblick auf den versicherungsrechtlichen Schutz ist Vorsicht angebracht. Zwar sichern GmbHs ihre Geschäftsführer zumeist über D&O-Versicherungen ab. Allerdings bestehen bei den im Markt verbreitenden Policen erhebliche Unterschiede dahingehend, ob auch faktische Geschäftsführer zum versicherten Personenkreises gehören. Hier sollte unbedingt auf eine Nennung des „faktischen Geschäftsführers“ im D&O-Versicherungsschutzes geachtet werden.

Die Entscheidung des OLG München vom 23.01.2019 (Az. 7 U 2282/17)

Verletzt der faktische Geschäftsführer einer GmbH seine Pflichten gegenüber dieser GmbH, haftet er dieser gegenüber für die entstandenen Schäden (§ 43 Abs. 2 GmbHG).

Der Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH, die zwar eine Geschäftsführerin bestellt hatte, faktisch jedoch von ihrem – inzwischen verstorbenen – Prokuristen geführt wurde. Dieser Prokurist überwies mehrfach Beträge in fünfstelliger Höhe vom Geschäftskonto der Klägerin an sich selbst bzw. eine Gesellschaft, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er war; einen rechtlichen Grund für diese Zahlungen gab es nicht. Nachdem der Prokurist verstorben war, nahm die Klägerin unter anderem seine Erben auf Rückzahlung dieser Beträge bzw. Schadensersatz in dieser Höhe in Anspruch. Sie begründete dies damit, dass der Prokurist ihr faktischer Geschäftsführer gewesen sei; er (bzw. seine Erben als seine Rechtsnachfolger) hafte deswegen nach der für Geschäftsführer geltenden Regelung des § 43 Abs. 2 GmbHG für die durch die Überweisungen vom Geschäftskonto der Klägerin entstandenen Schäden. In der ersten Instanz blieb die Klägerin mit dieser Argumentation erfolglos; in der Berufungsinstanz gab das OLG München jedoch der Klage statt.

Das OLG München bestätigte die Auffassung der Klägerin, dass der Prokurist faktischer Geschäftsführer der Klägerin gewesen sei und deswegen für die bei der Klägerin entstandenen Schäden (in Form der Überweisungen an sich selbst und die in seinem Alleineigentum stehende Gesellschaft) nach der Vorschrift des § 43 Abs. 2 GmbHG hafte. Er (bzw. nach seinem Tod seine Erben) sei daher zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe der zu Unrecht vom Geschäftskonto der Klägerin überwiesenen Beträge verpflichtet.

Haftungsrisiken für faktische Geschäftsführer

Der Geschäftsführer einer GmbH ist zur ordentlichen Unternehmensleitung verpflichtet und haftet – wenn er diesen Pflichten schuldhaft nicht gerecht wird – gegenüber der GmbH für alle daraus entstandenen Schäden (§ 43 Abs. 2 GmbH). Dies gilt – das ruft das Urteil des OLG München erneut in Erinnerung – ebenso, wenn jemand zwar nicht formell zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt wurde, sich aber wie ein solcher verhält (sog. faktischer Geschäftsführer).

Obgleich die Rechtsauffassung des OLG München zur Haftung des faktischen Geschäftsführers in der Vergangenheit bereits mehrfach von der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten wurde, ist die Klarstellung durch das OLG München erfreulich. Denn die Argumentation des OLG München erleichtert es erheblich, bei Pflichtverletzungen Schadensansprüche gegen einen faktischen Geschäftsführer geltend zu machen. Ohne eine analoge Anwendung des § 43 Abs. 2 GmbHG würden nämlich Schadensersatz- oder Rückzahlungsansprüche gegen einen faktischen Geschäftsführer häufig nur bestehen, wenn mit diesem auch ein Anstellungsvertrag abgeschlossen wurde oder er selbst die schädigenden Zahlungen vereinnahmt hat (was die Möglichkeit, einen faktischen Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen, wesentlich einschränken würde).

Für Personen, die entscheidend in die Unternehmensleitung einer GmbH eingebunden sind, ohne deren (organschaftlich bestellter) Geschäftsführer zu sein, ist das Urteil des OLG München umgekehrt ein guter Anlass für die Überprüfung der eigenen Tätigkeit auf etwaige Haftungsrisiken. Besonders diejenigen, die mit Wissen der Gesellschafter im laufenden Geschäft der GmbH nach außen hin wie ein Geschäftsführer auftreten, sollten dabei prüfen, ob sie im Einzelfall als faktischer Geschäftsführer anzusehen sind und sich daraus für sie bislang unbekannte Haftungsrisiken ergeben (neben der Haftung für Schäden aufgrund von Pflichtverletzungen haften faktische Geschäftsführer nämlich beispielsweise auch für Zahlungen der GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG).

Geschäftsführerhaftung: Ersatz pflichtwidriger Zahlungen nach § 15b Abs. 4 S. 1 InsO

Die gesetzlichen Grundlagen für die Ersatzpflicht des Geschäftsführers der GmbH bzw. des Vorstands der AG lauten:

§ 15b Abs. 1 InsO:

„Die nach § 15a Absatz 1 Satz 1 antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind.“

§ 15b Abs. 2 S. 1 InsO:

„Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.“

§ 15b Abs. 3 InsO:

Ist der nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

§ 15b Abs. 4 S. 1 InsO:

Werden entgegen Absatz 1 Zahlungen geleistet, sind die Antragspflichtigen der juristischen Person zur Erstattung verpflichtet.

Das Kammergericht hat in einem Urteil die Anwendungen dieser Vorschrift (zum damals gültigen § 64 GmbHG a.F.) durchexerziert. Durch diese Entscheidung wird deutlich, in welchem Ausmaß die Geschäftsführer und Vorstände

KG, Urt. v. 28.04.2022  – 2 U 39/18, Rn. 42 – 50:

Hiernach sind die Zahlungen der Schuldnerin aus dem Zeitraum vom 14.03.2013 bis zum 11.04.2013 pflichtwidrig gewesen. Um welche Zahlungen es dabei geht, hat der Kläger auf Hinweis des Landgerichts durch die Angabe von Datum, Empfänger und Höhe hinreichend konkretisiert. Insgesamt werden im Ausgangspunkt Zahlungen von dem Konto der Schuldnerin bei der S. in Höhe von EUR 1,810 Mio. und Zahlungen von dem Konto bei der C. im Umfang von EUR 3,778 Mio. erstattet verlangt. Durch die in dieser Weise nachgewiesenen Zahlungsvorgänge ist Liquidität an die jeweiligen Zahlungsempfänger abgeflossen, welche nicht als Insolvenzmasse zur Verfügung steht. Den Zahlungen steht auch nicht insoweit ein Massezufluss gegenüber, als diese an den Vertriebsdienstleister, an Energielieferanten oder an Verteilungsnetzbetreiberin erfolgt sind. Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG a.F. entfällt zwar, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020 – II ZR 355/18 –, BGHZ 227, 221, Rn. 33). Auf die durch die fraglichen Zahlungen und die damit verbundene Weiterführung der Geschäftstätigkeit begründeten Vergütungsforderungen gegen Kunden kann jedoch mangels unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht abgestellt werden (dazu a.). Soweit durch die Zahlungen dagegen Dienstleistungen beschafft worden oder Netze offengehalten worden sind, waren diese Gegenleistungen der Zahlungsempfänger für die Gläubiger nicht verwertbar (dazu b.). Dass zwischenzeitlich Anfechtungserlöse den Zahlungsabfluss ausgeglichen hätten, ist nicht zu erkennen (dazu c.).
a) Die durch die Weiterführung des Geschäftsbetriebs erwirtschafteten Vergütungsforderungen gegen Kunden stellen keinen berücksichtigungsfähigen Massezufluss dar. Denn tatsächlich hatten die meisten der von der Schuldnerin bedienten Kunden bereits erhebliche Vorauszahlungen geleistet, so dass durch die Fortführung des Geschäftsbetriebes zumindest bei zutreffender Berechnung der Vorauszahlungen allenfalls in einem Bruchteil tatsächlich ein wirtschaftlicher Mehrwert für die Schuldnerin erwirtschaftet werden konnte.
Nichts anderes ergibt sich, soweit die Fortführung des Geschäftsbetriebs tatsächliche Voraussetzung dafür war, weiter Neukunden für erstmalige Vorauszahlungen und Bestandskunden für erneute Vorauszahlungen gewinnen zu können. Denn mit der Hereinnahme weiterer Vorauszahlungen wurde die Schuldnerin zugleich mit der Verpflichtung belastet, entsprechende Lieferungen zu erbringen. Doch selbst wenn man dies außer Betracht ließe, ist nicht jeder beliebige weitere Massezufluss als Ausgleich der Masseschmälerung zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher, nicht notwendig zeitlicher Zusammenhang mit der Zahlung erforderlich, damit der Massezufluss der an und für sich erstattungspflichtigen Masseschmälerung zugeordnet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 – II ZR 146/20 –, Rn. 8; BGH, Urteil vom 18. November 2014 – II ZR 231/13 –, BGHZ 203, 218, Rn. 10; Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 64 Rn. 159). Maßgeblich ist, ob ein wirtschaftlich zuzuordnender, in die Masse gelangender Gegenwert festgestellt werden kann, wobei kein zeitlicher Zusammenhang erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 16, juris).
Nach diesem Maßstab hat der Beklagte aber keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den fraglichen Zahlungen an den Vertriebsdienstleister, die Energielieferanten und die Verteilungsnetzbetreiber und den Vergütungszahlungen der Kunden aufzuzeigen vermocht. Denn bei den Vergütungszahlungen der Kunden handelt es sich nur um einen indirekten Folgeeffekt der Vertragsanbahnung oder Vertragserfüllung durch die Schuldnerin. Die Zahlungen der belieferten Kunden oder auch nur die gegen sie begründeten Zahlungsansprüche stammen auch nicht aus der Sphäre der entsprechenden Zahlungsempfänger, was ebenfalls Voraussetzung für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges ist (vgl. Noack/Servatius/Haas/Haas, 23. Aufl. 2022, GmbHG § 64 Rn. 162 mwN., 163).
b) Soweit dagegen die fraglichen Dienstleister für die geleistete Vergütung ihrerseits Leistungen an die Schuldnerin erbracht haben, stellen diese Leistungen für sich genommen noch keinen berücksichtigungsfähigen Massezufluss dar. Um die Masseverkürzung ausgleichen zu können, muss die in die Masse gelangende Gegenleistung nämlich zumindest für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 18, juris; Henssler/Strohn/Arnold, 5. Aufl. 2021, GmbHG § 64 Rn. 20a). Dies lässt sich nicht feststellen:

  • Die Leistungen des Vertriebsdienstleisters waren nicht für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet, weil Dienstleistungen nicht zu einer Erhöhung der Aktivmasse führen und damit kein Ausgleich des Masseabflusses sind (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 –, Rn. 18, juris, am Ende).
  • Auch die von den Energielieferanten zur Verfügung gestellte elektrische Energie war nicht zur Verwertung durch die Gläubiger geeignet. Denn die bezogene Energie wurde sogleich an die Kunden geliefert. Entsprechende zu bilanzierende Vorräte bestanden nach der Natur des Wirtschaftsgutes nicht, so dass kein Vermögensgegenstand feststellbar wäre, welchen der Insolvenzverwalter durch Verkauf zugunsten der Masse hätte verwerten können.
  • Ebenso verhält es sich im Ergebnis hinsichtlich der Leistungen der Verteilungsnetzbetreiber. Insoweit kommt ein Masseausgleich ohnehin nur in dem Umfang in Betracht, als diese zum fraglichen Zeitpunkt bereits auf Vorkasse der Schuldnerin bestanden. In welchem Umfang dieses der Fall war, ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich. Im Übrigen handelt es sich auch bei den Leistungen der Verteilungsnetzbetreiber um ein flüchtiges Wirtschaftsgut, das einer Verwertung im Insolvenzverfahren schon wegen der zeitlichen Bindung und der Unmöglichkeit nachholender Zurverfügungstellung nicht zugänglich ist. Die von der Berufungserwiderung aufgemachte Parallele zwischen dem Offenhalten einer Kreditlinie und dem Offenhalten eines Verteilernetzes besteht dagegen offensichtlich nicht. Der durch die weitergehende Belieferung entstehende Vergütungsanspruch gegen Kunden steht auch nicht in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Zahlung an die Verteilungsnetzbetreiber und stammt auch nicht aus deren Sphäre.

c) Ohne Erfolg verweisen die Streithelfer schließlich auf den Umstand, dass kein Erstattungsanspruch gegen das Organ mehr besteht, soweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch die Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die Masseschmälerung wettzumachen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2014 – II ZR 231/13 –, BGHZ 203, 218, Rn. 9, mwN.). Denn ein solches „Wettmachen“ behaupten der Beklagte und die Streithelfenden ohne tatsächliche Grundlage. Der Kläger hat seinerseits bereits mit der Replik (dort Seiten 47 – 48 = Bd. II Bl. 49 – 50 d.A.) ausgeführt, dass er die Gesamtsumme der geleisteten Zahlungen in einem einzigen Rechtsstreit gegen einen Prozessgegner einklagen könne, anstatt eine Vielzahl von Anfechtungsprozessen gegen verschiedene Zahlungsempfänger führen zu müssen, weil die Anfechtungsmöglichkeit die Erstattungspflicht nicht berühre. Damit hat sich der Kläger dahingehend erklärt, dass Anfechtungsprozesse nicht geführt worden seien. Insoweit kann sich der Insolvenzverwalter nach Zweckmäßigkeitserwägungen richten. Der aus § 64 GmbHG a.F. auf Ersatz in Anspruch genommene Geschäftsführer ist nicht berechtigt, die Erfüllung dieser Verpflichtung gegenüber der Masse mit der Begründung zu verweigern, der Insolvenzverwalter habe es unterlassen, aussichtsreiche Anfechtungsrechte gegen Zahlungsempfänger geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1995 – II ZR 277/94 –, BGHZ 131, 325, LS).

BGH erweitert Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG

Nach dem BGH erstreckt sich die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist. In der Begründung des Urteils führt der BGH dazu aus:

Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung rechtsfehlerfrei bejaht.

1. Der Schutzbereich des zwischen der Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH darstellt.

a) Der Bundesgerichtshof erstreckt in ständiger Rechtsprechung den Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 323 f.; Urteil vom 17. März 1987 – VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 193 f.; Urteil vom 10. Februar 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692 f.; Urteil vom 25. Februar 2002 – II ZR 236/00, ZIP 2002, 984, 985; Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 15 f.; Urteil vom 22. September 2020- II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117 Rn. 18).

b) Die Grundsätze dieser Rechtsprechung sind auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH haftet gegenüber der Kommanditgesellschaft gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter wie gegenüber der GmbH. Denn die Kommanditgesellschaft ist in den Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses einbezogen. Auch ohne die Voraussetzungen des § 328 BGB kann nämlich ein am Vertrag nicht beteiligter, aber von dessen Risiken mit betroffener Dritter berechtigt sein, gegen eine Vertragspartei Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Schutzpflicht geltend zu machen (BGH, Urteil vom 12. November 1979- II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 322 f. mwN). Die Annahme einer Schutzwirkung zu Gunsten Dritter setzt voraus, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags hat. Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen. Die Einbeziehung Dritter muss schließlich dem Schutzpflichtigen bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 322 f. mwN; Urteil vom 27. Februar 2020 – VII ZR 151/18, BGHZ 225, 23 Rn. 22; Urteil vom 9. Juli 2020 – IX ZR 289/19, ZIP 2020, 1720 Rn. 12, jeweils mwN). So liegt der Fall hier.

aa) Die Kommanditgesellschaft kommt bestimmungsgemäß mit der Leistung des Geschäftsführers in Berührung, wenn eine Kommanditisten-GmbH die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führt, weil sich Fehlleistungen der Geschäftsführung zwangsläufig stets und in erster Linie zum Nachteil der Kommanditgesellschaft auswirken.

bb) Das wohlverstandene Interesse der die Geschäfte einer Kommanditgesellschaft führenden und an dieser beteiligten GmbH geht dahin, dass ihr Geschäftsführer die Leitung der GmbH & Co. KG im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt. Sie muss auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung bedacht sein. Vor allem aber haftet sie der Kommanditgesellschaft für Schäden aus der Verletzung der von ihr im Gesellschaftsvertrag übernommenen Geschäftsführungsaufgaben und muss sich dabei gemäß § 31 BGB analog Pflichtverletzungen ihres Geschäftsführers, dessen sie sich zur Erfüllung ihrer Geschäftsführungsaufgaben bedient, zurechnen lassen (für die Komplementär-GmbH: BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 18 mwN; Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 255/16, ZIP 2018, 276 Rn. 16; Urteil vom 22. September 2020 – II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117 Rn. 38). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die geschäftsführende GmbH die Komplementärin oder eine Kommanditistin der Kommanditgesellschaft ist; anderes zeigt auch die Revision nicht auf.

cc) Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes besteht nach Treu und Glauben ein Bedürfnis. Die Kommanditgesellschaft ist gegenüber der geschäftsführenden GmbH und deren Geschäftsführer schutzbedürftig, ohne dass es darauf ankommt, ob die geschäftsführende GmbH ihre Komplementärin oder ihre Kommanditistin ist.

(1) Eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers bei der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft geht vor allem zu deren Lasten. Die Kommanditgesellschaft bzw. die Kommanditisten sind daher auf die Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH angewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 18 mwN), unabhängig davon, ob diese die Geschäftsführung als Komplementärin oder als Kommanditistin ausübt.

(2) Die Kommanditgesellschaft bzw. die Kommanditisten haben regelmäßig keine Befugnisse, wie namentlich ein Weisungsrecht, um unmittelbar auf den Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH einzuwirken (für die Komplementär-GmbH vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 323; Urteil vom 14. November 1994 – II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745; Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, BGHZ 197, 304 Rn. 18). Dieses Ungleichgewicht wird noch dadurch verstärkt, dass die geschäftsführende GmbH in gewissen Grenzen auf (pfändbare) Ersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer verzichten oder ihn trotz Kenntnis eines pflichtwidrigen Verhaltens entlasten kann (für die Komplementär-GmbH: BGH, Urteil vom 12. November 1979- II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 323; vgl. auch Urteil vom 14. November 1994- II ZR 160/93, ZIP 1995, 738, 745 f.). Nur wenn der Kommanditgesellschaft aus dem Organ- und Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH ein eigener Anspruch gegen den Geschäftsführer zusteht, führt seine Entlastung durch die Gesellschafterversammlung der GmbH nicht zugleich zum Ausschluss der Kommanditgesellschaft mit Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 2020 – II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117 Rn. 21 mwN). Dies gilt für die geschäftsführende Komplementär-GmbH und die geschäftsführende Kommanditisten-GmbH gleichermaßen.

(3) Die Schutzbedürftigkeit der Kommanditgesellschaft gegenüber der Kommanditisten-GmbH ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deswegen entscheidend herabgesetzt, weil deren Vollmacht widerruflich ist oder ein Widerspruchsrecht hinsichtlich der Geschäftsführung besteht.

Eine eventuelle Widerrufsmöglichkeit bzw. ein Widerspruchsrecht stünde, wovon auch die Revision ausgeht, lediglich dem Komplementär zu, dessen Interessen mit den schutzbedürftigen Interessen der Kommanditgesellschaft bzw. der übrigen Kommanditisten nicht deckungsgleich sein müssen. Hier waren die weiteren Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin, die ehemaligen Beklagten zu 1 und 3, zugleich die Geschäftsführer der Komplementärin, deren Alleingesellschafter zudem mittelbar der ehemalige Beklagte zu 1 war.

dd) Entgegen der Auffassung der Revision war das Interesse der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH an der Einbeziehung der Schuldnerin in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zum Beklagten für diesen als Geschäftsführer der Kommanditisten-GmbH erkennbar und ihm die Erstreckung der Schutzwirkung auf die Schuldnerin zumutbar, auch wenn die GmbH die Geschäfte in weiteren Fondsgesellschaften geführt hat und daher die Geschäftsführung der Schuldnerin nicht ihre alleinige oder wesentliche Aufgabe war.

(1) Der Bundesgerichtshof hat bisher offengelassen, ob der Geschäftsführer der Komplementärin einer GmbH & Co. KG gegenüber der Kommanditgesellschaft auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1992 – II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693). In der Literatur wird im Einklang mit einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (ZIP 1984, 825, 833) und weiteren Entscheidungen des Berufungsgerichts (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 29. März 2018 – 11 U 174/16, juris Rn. 67) befürwortet, die Kommanditgesellschaft auch dann in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers mit der geschäftsführenden GmbH einzubeziehen, wenn die GmbH noch weitere wesentliche Aufgaben zu erfüllen hat (vgl. Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 43 Rn. 97; Blaum in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Stand: April 2022, § 55 Rn. 3218; Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 57; MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl., § 161 Rn. 86; Mussaeus in Hesselmann/Tillmann/Müller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, 20. Aufl., § 4 Rn. 56, 70; BeckOGK HGB/Notz/Zinger, Stand: 15.1.2021, § 161 Rn. 233; Uwe H. Schneider in Krieger/Schneider, Handbuch Managerhaftung, 3. Aufl., § 2 Rn. 2.61; Schnorbus in Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 43 Rn. 139; Scholz/Verse, GmbHG, 13. Aufl., § 43 Rn. 445; Schürnbrand, Organschaft im Recht der privaten Verbände, 2007, 198; Mühlhaus/Wenzel, GmbH-StB 2014, 87, 92; Otte-Gräbener, BB 2022, 212; Schmitt, WuB 2022, 385, 388; Uwe H. Schneider, GmbHR 2017, 680, 681; Theiselmann, EWiR 2022, 172, 174; differenzierend Nietsch, GmbHR 2014, 348, 353 f.).

(2) Der Senat schließt sich dem an. Die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden GmbH einer GmbH & Co. KG erstreckt sich auch dann auf die Kommanditgesellschaft, wenn die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der GmbH ist.

(a) Entgegen der Auffassung der Revision bleibt die Haftungserstreckung auf die Kommanditgesellschaft für den Geschäftsführer der geschäftsführenden GmbH auch dann erkennbar, wenn die GmbH, wie hier vom Berufungsgericht festgestellt, die Geschäfte in weiteren Gesellschaften führt. Am Pflichtenkreis des Geschäftsführers ändert sich durch Mehrfach-Geschäftsführungen im Grundsatz nichts; dieser hat sich bei Übernahme der Geschäftsführung über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Die Kommanditgesellschaft darf dabei darauf vertrauen, dass die geschäftsführende GmbH bzw. deren Geschäftsführer ihr die geschuldete Obhut und Fürsorge unabhängig von der Anzahl weiterer übernommener Geschäftsführungen oder sonstiger gesellschaftsfremder Aufgaben entgegenbringt. Kann die geschäftsführende GmbH dies nicht gewährleisten, ist nicht der Haftungsumfang zu reduzieren. Vielmehr muss die geschäftsführende GmbH ihre Aufgaben auf das Maß begrenzen, das ihr die geschuldete ordnungsgemäße Erfüllung aller übernommenen Pflichten ermöglicht.

(b) Die unmittelbare Haftung des Geschäftsführers einer GmbH, die in mehreren Gesellschaften die Geschäftsführung übernommen hat, gegenüber der Kommanditgesellschaft ist nicht deswegen unzumutbar, weil es in der Person des Geschäftsführers zu einem Interessenkonflikt kommen könnte. Einer im Hinblick auf die Tätigkeit für mehrere Gesellschaften möglichen Pflichtenkollision kann im Einzelfall auf der Rechtfertigungs- oder Verschuldensebene Rechnung getragen werden (vgl. MünchKommHGB/Grunewald, 5. Aufl., § 161 Rn. 86; Nietsch, GmbHR 2014, 348, 353 f.). Die darüberhinausgehende Annahme eines abstrakten Interessenkonflikts bei der Geschäftsführung für mehrere Gesellschaften ist nicht geboten, zumal es zwischen den Gesellschaften nicht zwangsläufig wettbewerbsrechtliche Berührungspunkte geben muss.

2.Der Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der U. GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG steht nicht entgegen, dass nach der revisionsrechtlich zu unterstellenden internen Ressortverteilung die Geschäftsführung der Schuldnerin nicht seine wesentliche Aufgabe war.

a) Den Geschäftsführer einer GmbH trifft kraft seiner Amtsstellung grundsätzlich die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Eine gleichwohl zulässige Ressortverteilung innerhalb der Geschäftsführung einer GmbH lässt daher die Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft nicht entfallen. Auch bei einer zulässigen Verteilung von Aufgaben verbleiben dem organisatorisch nicht betroffenen Geschäftsführer wegen seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten, deren Reichweite nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sind. Insbesondere muss der Geschäftsführer Hinweisen auf Fehlentwicklungen oder Unregelmäßigkeiten in einem fremden Ressort immer und unverzüglich nachgehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1985- II ZR 198/84, ZIP 1985, 1135, 1136; Urteil vom 20. März 1986 – II ZR 114/85, ZIP 1987, 1050; Urteil vom 1. März 1993 – II ZR 81/94, ZIP 1994, 891, 892; Urteil vom 15. Oktober 1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 376 ff.; Urteil vom6. November 2018 – II ZR 11/17, BGHZ 220, 162 Rn. 15, 36).

b) Hinsichtlich der dem ressortunzuständigen Geschäftsführer verbleibenden Überwachungspflichten gibt es keinen sachlichen Grund, die Schutzwirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft zu beschränken und die Überwachungspflichten anders zu behandeln als die Geschäftsführerpflichten im Übrigen. Die Kommanditgesellschaft ist insoweit in gleicher Weise schutzbedürftig wie hinsichtlich der Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen. Der Ressortunzuständigkeit wird bereits durch die Herabstufung der Geschäftsführungspflichten zu Überwachungspflichten ausreichend Rechnung getragen. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich anderes insbesondere nicht aus der Entscheidung des Senats vom 6. November 2018 (II ZR 11/17, BGHZ 220, 162 Rn. 24). Danach dienen zwar die aus dem Gebot zur sorgfältigen Unternehmensführung gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG abgeleiteten Organisationspflichten nicht dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Hier geht es aber um die Schutzwirkung der bei dem ressortunzuständigen Geschäftsführer verbleibenden Überwachungspflichten zugunsten der in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zur GmbH einbezogenen Kommanditgesellschaft selbst. 3. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Beklagte seine Überwachungspflichten als Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin verletzt hat ….

Anmerkungen:

Die Haftung der Geschäftsführer ist die Durchbruchsstelle der beschränkten Haftung in der GmbH. Hier müssen die Geschäftsführer Sorge tragen, dass sie in problematischen Konstellationen nicht in den Fokus der Gesellschaftsgläubiger geraten. Für die Gesellschaftsgläubiger ist die Haftung der Geschäftsführer in vielen Fällen die einzige Möglichkeit, z.B. höhere Schadenersatzforderungen, die eigentlich die GmbH betreffen, zu realisiern. Deshalb wird die Geschäftsführerhaftung von den Gesellschaftsgläubigern mit besonderer Akribie bearbeitet.

Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters und Vollstreckungsverbot

Das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO gilt für Zwangsvollstreckungen in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners. Nachdem der Insolvenzverwalter einen Vermögensgegenstand freigegeben hat, ist dieser aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners zurückgelangt. Es ist damit Teil des sonstigen Vermögens des Schuldners im Sinne von § 89 Abs. 1 InsO.

Die Systematik der §§ 35 bis 37 InsO rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese Bestimmungen regeln, was zur Insolvenzmasse gehört. Sie beschreiben nicht abschließend, was – da nicht zur Insolvenzmasse gehörend – das sonstige Vermögen des Schuldners bildet. Als auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezogene Regelung sagen sie nichts über die Zuordnung von Gegenständen aus, die wie im Falle der Freigabe zu einem späteren Zeitpunkt aus der Insolvenzmasse ausscheiden.

Auch die Entstehungsgeschichte des § 89 Abs. 1 InsO spricht nicht gegen eine Zuordnung freigegebener Gegenstände zum sonstigen Vermögen des Schuldners. Vorläufer von § 89 Abs. 1 InsO war § 14 Abs. 1 KO. Das bereits in dieser Norm enthaltene Verbot der Zwangsvollstreckung einzelner Konkursgläubiger auch in das nicht zur Konkursmasse gehörige, sonstige Vermögen des Schuldners sollte es dem Schuldner ermöglichen, bereits während des Konkursverfahrens eine neue wirtschaftliche Existenz zu begründen. Diesem Gesichtspunkt kommt unter der Geltung der Insolvenzordnung, die anders als die Konkursordnung (§ 1 Abs. 1 KO) auch den Neuerwerb der Insolvenzmasse zuordnet (§ 35 Abs. 1 InsO), nur noch eine geringere Bedeutung zu. In Kenntnis dieses Umstands hat der Gesetzgeber das sonstige Vermögen des Schuldners auch in § 89 Abs. 1 InsO für die Dauer des Insolvenzverfahrens dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen. Das geringere Gewicht des Zwecks, dem Schuldner durch den Schutz des sonstigen Vermögens einen Neuanfang zu ermöglichen, ist angesichts dieses gesetzgeberischen Willens kein Argument dafür, freigegebene Gegenstände vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auszunehmen.

Es ist daher in Rechtsprechung und Schrifttum nahezu einhellige Meinung, dass das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auch für vom Insolvenzverwalter (oder Treuhänder) aus der Insolvenzmasse freigegebene Gegenstände gilt, weil sie zum sonstigen Vermögen des Schuldners gehören.

Hierzu die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Beschluss vom 12. Februar 2009, IX ZB 112/06:

(Gründe)

I.

Die Beteiligte zu 2 ist Miteigentümerin eines Grundstücks in Ilshofen, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und einem Tiefgaragenstellplatz. Über ihr Vermögen wurde am 8. März 2005 das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren eröffnet. Der im Insolvenzverfahren ernannte Treuhänder erklärte mit Schreiben vom 11. Juli 2005 gegenüber der Beteiligten zu 2 die Freigabe der Wohnungseigentumsrechte aus der Insolvenzmasse. Die Beteiligte zu 1 ist Verwalterin der Eigentümergemeinschaft. Sie beantragte am 17. Oktober 2005 wegen titulierter Hausgeldrückstände aus dem Jahr 2004 die Anordnung der Zwangsverwaltung über das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2. Der Antrag blieb beim Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – und beim Beschwerdegericht ohne Erfolg. Beide Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, dass die Zwangsvollstreckung nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig sei. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung lehnte das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in Rpfleger 2006, 430 veröffentlicht ist, ab. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihr Begehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Mit Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass der Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig ist. Nach dieser Norm sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig.

1. Die von der Antragstellerin vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft ist als Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO) vom Vollstreckungsverbot des § 89 InsO betroffen. Mit ihrem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung betreibt sie die Vollstreckung eines vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen und titulierten persönlichen Anspruchs. Sie wäre nur dann nicht als Insolvenzgläubigerin zu behandeln, wenn mit dem Antrag ein Absonderungsrecht verwertet werden sollte (MünchKomm-InsO/Breuer, 2. Aufl. § 89 Rn. 21; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 89 Rn. 11; HK-InsO/Kayser, 5. Aufl. § 89 Rn. 7). So liegt der Fall jedoch nicht. Ein Absonderungsrecht bestand zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Bezug auf die vollstreckten Forderungen nicht.

a) Die Antragstellerin betreibt die Vollstreckung in unbewegliches Vermögen der Schuldnerin. Gemäß § 49 InsO sind Gläubiger, denen ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen zusteht, zur abgesonderten Befriedigung nach Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung berechtigt. Was ein Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück gewährt, ist den §§ 10 ff, 155 ZVG zu entnehmen (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 49 Rn. 3). Danach kommen zunächst dingliche Rechte an einem Grundstück im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG in Betracht. Hierzu gehören die Grundpfandrechte und Reallasten (§§ 1105111311911199 BGB). Kraft ihres gesetzlichen Inhalts verschaffen diese dinglichen Rechte ihrem Inhaber im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Absonderungsrecht, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Inhaberin eines derartigen dinglichen Rechts ist die Eigentümergemeinschaft nicht.

b) Dem Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung liegen vielmehr rückständige, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordene Hausgeldansprüche (§ 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 WEG) zugrunde. Dies sind persönliche Forderungen. Auch solche können zu einem Recht auf Befriedigung aus einem Grundstück führen (§ 155 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG), jedoch erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Grundstück zugunsten des Gläubigers im Zwangsversteigerungs- oder Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmt wird. Die Tatsache allein, dass ein persönlicher Gläubiger mit seinem Anspruch in die Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG eingeordnet ist, verschafft ihm noch kein Befriedigungsrecht aus dem Grundstück (MünchKomm-InsO/ Ganter, aaO Rn. 76; Smid/Depre, InsO 2. Aufl. § 49 Rn. 17). Ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO besteht nur, wenn das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits entstanden war. Persönliche Gläubiger müssen daher bis zu diesem Zeitpunkt die Beschlagnahme des Grundstücks bewirkt haben, indem sie die Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung selbst erwirkt haben (§§ 20146 Abs. 1 ZVG) oder einem laufenden Verfahren beigetreten sind (§§ 27151 Abs. 2 ZVG; vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, aaO). Daran fehlt es hier.

c) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück kann schließlich auch in den Fällen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG bestehen (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO Rn. 47 ff; Depre aaO Rn. 16: Absonderungsrecht aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung; vgl. auch Prütting in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 49 Rn. 14; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 49 Rn. 28-31). Ansprüche der Eigentümergemeinschaft auf Hausgeld fielen nach der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Rechtslage jedoch nicht in diese Rangklassen. Erst seit der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG durch Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 370) sind Ansprüche auf Hausgeld nach § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5 WEG bei der Vollstreckung in ein Wohneigentum nicht mehr der fünften, sondern der zweiten Rangklasse zugewiesen. Damit besteht für solche Ansprüche nunmehr ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück, das im Insolvenzverfahren im Wege der abgesonderten Befriedigung verfolgt werden kann, ohne dass eine Beschlagnahme des Wohnungseigentums vor Insolvenzeröffnung vorausgesetzt wäre (Hintzen/Alff ZInsO 2008, 480, 483 f). Die neue Rechtslage gilt jedoch nur für Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren, die ab Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Juli 2007 anhängig werden (§ 62 Abs. 1 WEG). Rückstände von Ansprüchen der zweiten Rangklasse können nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG in gewissem Umfang (aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren davor) in einem Zwangsversteigerungsverfahren, gemäß § 155 Abs. 2 Satz 2 ZVG aber nicht im Zwangsverwaltungsverfahren geltend gemacht werden. Ein Recht zur Befriedigung aus dem Grundstück im Wege der Zwangsverwaltung besteht daher auch nach neuem Recht für die von der Antragstellerin verfolgten Hausgeldrückstände nicht.

2. Das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2 fällt unter das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO. Das Verbot gilt für Zwangsvollstreckungen in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners. Nachdem der Treuhänder das Wohnungseigentum der Beteiligten zu 2 freigegeben hat, ist es aus der Insolvenzmasse ausgeschieden und in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Schuldnerin zurückgelangt (vgl. zur Freigabe BGHZ 35, 180, 181; 148, 252, 258 f; 163, 32, 34 f; Pape ZInsO 2008, 465, 470 f). Es ist damit entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde Teil des sonstigen Vermögens der Schuldnerin im Sinne von § 89 Abs. 1 InsO.

a) Der Wortlaut der Norm schränkt den Begriff des sonstigen Vermögens nicht ein. Freigegebene Gegenstände im Eigentum des Schuldners gehören begrifflich zweifelsfrei zu seinem sonstigen Vermögen.

b) Die Systematik der §§ 35 bis 37 InsO rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese Bestimmungen regeln, was zur Insolvenzmasse gehört. Sie beschreiben nicht abschließend, was – da nicht zur Insolvenzmasse gehörend – das sonstige Vermögen des Schuldners bildet. Als auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezogene Regelung sagen sie nichts über die Zuordnung von Gegenständen aus, die wie im Falle der Freigabe zu einem späteren Zeitpunkt aus der Insolvenzmasse ausscheiden.

c) Auch die Entstehungsgeschichte des § 89 Abs. 1 InsO spricht nicht gegen eine Zuordnung freigegebener Gegenstände zum sonstigen Vermögen des Schuldners. Vorläufer von § 89 Abs. 1 InsO war § 14 Abs. 1 KO. Das bereits in dieser Norm enthaltene Verbot der Zwangsvollstreckung einzelner Konkursgläubiger auch in das nicht zur Konkursmasse gehörige, sonstige Vermögen des Schuldners sollte es dem Schuldner ermöglichen, bereits während des Konkursverfahrens eine neue wirtschaftliche Existenz zu begründen (Motive II S. 51 f; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 14 Rn. 2). Diesem Gesichtspunkt kommt unter der Geltung der Insolvenzordnung, die anders als die Konkursordnung (§ 1 Abs. 1 KO) auch den Neuerwerb der Insolvenzmasse zuordnet (§ 35 Abs. 1 InsO), nur noch eine geringere Bedeutung zu. In Kenntnis dieses Umstands hat der Gesetzgeber das sonstige Vermögen des Schuldners auch in § 89 Abs. 1 InsO für die Dauer des Insolvenzverfahrens dem Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen (Begründung zum Regierungsentwurf einer Insolvenzordnung, BT-Drucks. 12/2443, S. 137). Das geringere Gewicht des Zwecks, dem Schuldner durch den Schutz des sonstigen Vermögens einen Neuanfang zu ermöglichen, ist angesichts dieses gesetzgeberischen Willens kein Argument dafür, freigegebene Gegenstände vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auszunehmen.

d) Es ist daher in Rechtsprechung und Schrifttum fast einhellige Meinung, dass das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO auch für vom Insolvenzverwalter oder Treuhänder aus der Insolvenzmasse freigegebene Gegenstände gilt, weil sie zum sonstigen Vermögen des Schuldners gehören (BGHZ 166, 74, 83, Rn. 26; LG Berlin ZMR 2005, 910; OLG Hamm Rpfleger 1971, 109 [zu § 14 KO]; Jaeger/Eckardt, InsO § 89 Rn. 29 und 7; MünchKomm-InsO/Breuer, aaO § 89 Rn. 18; HK-InsO/Kayser, aaO § 89 Rn. 16; Uhlenbruck, aaO § 89 Rn. 15; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 89 Rn. 14; HmbKomm-InsO/Kuleisa 2. Aufl. § 89 Rn. 9; Gerhardt in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch 3. Aufl. § 33 Rn. 12; BK-InsO/Blersch/v. Olshausen, § 89 Rn. 12; Nerlich/Römermann/ Wittkowski, InsO § 89 Rn. 4; a.A. Schmidberger Rpfleger 2006, 431 f).

e) Die Unzulässigkeit des Antrags auf Anordnung der Zwangsverwaltung führt nicht zu einem für die Wohnungseigentümergemeinschaft unzumutbaren Ergebnis. Zum einen fallen etwaige Mieteinkünfte des Schuldners aus der freigegebenen Wohnung als Neuerwerb in die Masse. Zum anderen hat die Gläubigerin die Möglichkeit, sich einen Vollstreckungstitel bezüglich der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 n.F., § 155 Abs. 2 Satz 2 ZVG aufgeführten Hausgeldansprüche zu verschaffen und gestützt auf diesen Titel die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums der Beteiligten zu 2 zu beantragen.

Nachtragsliquidation ist ins Handelsregister einzutragen – BGH, 26.07.2022, II ZB 20/21

Der Bundesgerichtshof hat für die Eintragung der Nachtragsliquidation ins Handelsregister eine fundamentale Kehrtwende vollzogen. Bestellt das Amtsgericht den Nachtragsliquidator nach § 66 Abs. 5 GmbHG, sind der Liquidator und die gelöschte Gesellschaft ins Handelsregister einzutragen. Dies hat weitreichende Folgen für die Ausübung des Amts als Nachtragsliquidator. Insbesondere gelten dann die Vorschriften des GmbHG zum Gläubigeraufruf und zur Rechnungslegung.
RA Dr. Dietmar Höffner

Der Bundesgerichtshof hat für die Eintragung der Nachtragsliquidation ins Handelsregister eine fundamentale Kehrtwende vollzogen. Bestellt das Amtsgericht den Nachtragsliquidator nach § 66 Abs. 5 GmbHG, sind der Liquidator und die gelöschte Gesellschaft ins Handelsregister einzutragen. Dies hat weitreichende Folgen für die Ausübung des Amts als Nachtragsliquidator. Insbesondere gelten dann die Vorschriften des GmbHG zum Gläubigeraufruf und zur Rechnungslegung.

BGH, Beschluss vom 26.07.2022 – II ZB 20/21

Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des 22. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. November 2021 und der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg – Registergericht – vom 2. Juli 2021 aufgehoben.

Das Amtsgericht – Registergericht – wird angewiesen, die Beteiligte und ihren Liquidator K. in das Handelsregister einzutragen.

Gründe

I.

Die Beteiligte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde 2006 gemäß § 141a FGG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2019 hat das Amtsgericht Charlottenburg K. gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG zum Liquidator bestellt und den „Wirkungskreis des Nachtragsliquidators (…) auf die Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten Gesellschaft hinsichtlich der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Teileigentumseinheiten G. straße /O. straße verzeichnet im Grundbuch von F. Blatt “ beschränkt.

Unter dem 27. Mai 2021 hat K. beantragt, die Beteiligte und sich „als Nachtragsliquidator“ in das Handelsregister einzutragen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das Grundbuchamt als der beantragten Eintragung von Grundpfandrechten entgegenstehendes Hindernis den fehlenden Nachweis der Vertretungsberechtigung nach § 32 GBO benannt habe. Die gegen diese Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde habe das Kammergericht mit Beschluss vom 29. April 2021 zurückgewiesen.

Das Amtsgericht hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihr Eintragungsbegehren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung der Zurückweisungsbeschlüsse zur Anweisung an das Registergericht, die Beteiligte und ihren Liquidator in das Handelsregister einzutragen.

1. Das Beschwerdegericht (KG, ZIP 2022, 895) hat zur Begründungseiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Liquidation, die gemäß § 66 Abs. 5 GmbHG nach Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit trotz vorhandenen Vermögens erfolge, sei wie die Nachtragsliquidation lediglich darauf gerichtet, die noch für die Vollbeendigung der Gesellschaft notwendigen Einzelmaßnahmen durchzuführen. Dementsprechend könne die Vertretungsmacht des Liquidators auf die einzelnen, gemäß § 70 GmbHG erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen beschränkt werden. Es gebe keinen Grund, den Liquidator mit einer „überschießenden“ Vertretungsmacht auszustatten, die ihm und dem Rechtsverkehr Befugnisse „vorzuspiegeln“ geeignet sei, die dieser nicht habe. Die Eintragung der Gesellschaft und ihres Liquidators im Handelsregister könne nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der erforderlichen Handlungen der Liquidatoren eine Eintragung nicht erfordere. Dies sei hier der Fall, weil nur noch Teileigentumsrechte zu verwerten seien. Der Beschluss des ersten Zivilsenats des Kammergerichts (ZIP 2021, 2125), wonach die Handelsregistereintragung zur Eintragung der Grundpfandrechte erforderlich sei, binde den Senat nicht. Er überzeuge auch in der Sache nicht, weil der Liquidator seine Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen könne.

2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich schon daraus, dass ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 – II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 12 mwN).

3. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, weil das Beschwerdegericht die gemäß § 59 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde rechtsfehlerhaft zurückgewiesen hat. Der gerichtlich ernannte Liquidator K. ist gemäß § 67 Abs. 4 GmbHG von Amts wegen in das Handelsregister einzutragen. Dazu gehört auch die Eintragung der Beteiligten als der zu liquidierenden Gesellschaft (vgl. BayObLGZ 1993, 341, 345; OLG Celle, GmbHR 1997, 752; OLG Düsseldorf, GmbHR 1979, 227, 228; KG, ZIP 2021, 2125, 2126; Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 39; Nerlich in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 100; Paura in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 84; Scholz/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 60 Rn. 69; Scholz/K. Schmidt/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58; aA Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 75 Rn. 67).

a) Ob eine wegen Vermögenslosigkeit gelöschte Gesellschaft und ihre Liquidatoren im Fall des § 66 Abs. 5 GmbHG ins Handelsregister eingetragen werden müssen, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.

Teilweise wird die Eintragung ausnahmslos für erforderlich erachtet (KG, JW 1937, 1739, 1740; Beckmann/Winter, GmbHR 2022, 445, 447 ff.; Büteröwe in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 66 GmbHG Rn. 34; Harders in Bumiller/Harders, FamFG, 12. Aufl., § 394 Rn. 10; Keidel/Heinemann, FamFG, 20. Aufl., § 394 Rn. 37; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 6. Aufl., § 394 Rn. 81).

Anderer Auffassung zufolge kann von einer Eintragung im Einzelfall aus pragmatischen Gründen abgesehen werden, insbesondere wenn nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen zu erfolgen hätten und der Liquidationszweck die Eintragung nicht erfordere (OLG München, ZIP 2010, 2204; Grziwotz, DStR 1992, 1813, 1815; Gesell in Rowedder/v. Pentz, GmbHG, 7. Aufl., § 74 Rn. 26; Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 39; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 74 Rn. 20;Kolmann/Riedemann in Saenger/Inhester, GmbHG, 4. Aufl., § 74 Rn. 71; Nerlich in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 100; Scholz/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 60 Rn. 69; Scholz/K. Schmidt/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58; Wilsch, NotBZ 2022, 184 ff.).

b) Eine gelöschte GmbH und ihre Liquidatoren sind nach § 67 Abs. 4 GmbHG grundsätzlich von Amts wegen einzutragen, wenn die Liquidatoren durch das Gericht ernannt worden sind, weil sich nach der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt (§ 66 Abs. 5 GmbHG). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Eintragung einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten Gesellschaft und ihrer Liquidatoren im Einzelfall aus verfahrensökonomischen Gründen unterbleiben kann. Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben.

aa) Der Wortlaut von § 67 Abs. 4 GmbHG umfasst auch die gemäß § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG ernannten Liquidatoren. Gesetzessystematisch schließt jene Bestimmung diese ebenfalls ein. Die Gesetzesgenese bietet auch keine Anhaltspunkte für ein einschränkendes Normverständnis. § 66 Abs. 5 GmbHG ist zwar durch Art. 48 Nr. 9 Buchst. b des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (EGInsO, BGBl. I 2911) nachträglich in das GmbHG eingefügt worden. Allerdings sah schon § 2 Abs. 3 LöschG die gerichtliche Bestellung der Liquidatoren unter den in § 66 Abs. 5 GmbHG geregelten Voraussetzungen vor, was deren Eintragung von Amts wegen gemäß § 67 Abs. 4 GmbHG zur Folge hatte (vgl. BayObLGZ 1993, 341, 345; OLG Celle, GmbHR 1997, 752; OLG Düsseldorf, GmbHR 1979, 227, 228). Mit § 66 Abs. 5 GmbHG wollte der Gesetzgeber § 2 Abs. 3 LöschG lediglich mit einigen redaktionellen Anpassungen ins GmbHG überführen (RegE EGInsO, BT-Drucks. 12/3803, S. 90). Schließlich lässt sich Sinn und Zweck von § 67 Abs. 4 GmbHG, die Liquidation und die gerichtlich ernannten Liquidatoren publik zu machen, auch in den Fällen des § 66 Abs. 5 GmbHG erfüllen. Bei der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit kommt der Publizitätsfunktion besondere Bedeutung zu, weil in aller Regel noch kein Liquidationsverfahren mit Gläubigeraufruf (§ 65 Abs. 2, § 73 Abs. 1 GmbHG) stattgefunden hat. Schweigt das Handelsregister, wird sich ein Gläubiger vielfach nicht veranlasst sehen, seine Forderungen geltend zu machen (Beckmann/Winter, GmbHR 2022, 445, 448; Scholz/K. Schmidt/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 58). Der unrichtige Eindruck einer werbenden Gesellschaft wird durch die Eintragung nicht hervorgerufen (so aber Wilsch, NotBZ 2022, 187, 188). Denn die Liquidatoren sind als solche und in den Fällen gerichtlicher Ernennung gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 HRV zudem unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage einzutragen.

bb) Auf Grundlage des vom Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalts kommt ein Absehen von der Eintragung nicht in Betracht. Danach ist die Beteiligte Eigentümerin von fünf Teileigentumsrechten. Deren Wert hat sie mit 700.000 bis 750.000 € beziffert.

In Anbetracht dieses Vermögens kann keine Rede davon sein, dass der Liquidationszweck die Eintragung nicht erfordere, weil nur noch einzelne, schnell zu erledigende Abwicklungsmaßnahmen vonnöten seien. Vielmehr finden gemäß § 66 Abs. 5 Satz 1 GmbHG grundsätzlich die §§ 68 ff. GmbHG Anwendung (Beckmann in Gehrlein/Born/Simon, 5. Aufl., § 66 Rn. 32; Büteröwe in Henssler/Strohn, GesR, 5. Aufl., § 66 Rn. 34; Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl., § 66 Rn. 41; MünchKommGmbHG/H.-F. Müller, 3. Aufl., § 66 Rn. 88; Paura in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 88; Scholz/K. Schmidt/Scheller, GmbHG, 12. Aufl., § 66 Rn. 59).

Danach ist der Liquidator nach den in Rede stehenden Vermögenswerten in nicht unerheblichem Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§ 71 Abs. 1, § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Des Weiteren sind die Teileigentumsrechte von ihm in Geld umzusetzen (§ 70 Satz 1 GmbHG). Dazu darf er auch neue Geschäfte eingehen, z. B. Renovierungsarbeiten beauftragen oder zur Absicherung der Kaufpreisfinanzierung Grundpfandrechte bestellen (§ 70 Satz 2 GmbHG). Seine Vertretungsberechtigung dazu kann er gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 32 GBO durch das Handelsregister nachweisen. Da ihm das Gesetz diese Möglichkeit eröffnet, ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts unerheblich, ob er seine Vertretungsberechtigung grundbuchverfahrensrechtlich auch durch eine Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses nachweisen könnte. Die Verteilung des durch Veräußerung der Teileigentumsrechte eingenommenen Geldes darf der Liquidator nach § 73 Abs. 1 GmbHG auch erst frühestens mit Ablauf eines Jahres seit dem Tage vornehmen, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger gemäß § 65 Abs. 2 GmbHG erfolgt ist.

cc) Unklar ist, worauf der Hinweis des Beschwerdegerichts abzielt, es gebe keinen Grund, den Liquidator mit einer „überschießenden“ Vertretungsmacht auszustatten und ihm und dem Rechtsverkehr eine solche Befugnis „vorzuspiegeln“. Falls das Beschwerdegericht damit ein Eintragungshindernis hat benennen wollen, läge ein solches Hindernis nicht vor. Die Eintragung nach § 67 Abs. 4 GmbHG hat nur deklaratorische Wirkung (allg. Ansicht, statt vieler Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 67 Rn. 16 mwN). Die Vertretungsbefugnis des Liquidators ergibt sich aus dem Gesetz. Sie ist gemäß § 71 Abs. 4, § 37 Abs. 2 GmbHG grundsätzlich unbeschränkt und unbeschränkbar (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354 Rn. 46). Da nur der Liquidator eingetragen wird und diese Eintragung richtig ist, wird dem Rechtsverkehr auch nichts „vorgespiegelt“.

III.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben (§ 74 Abs. 5 FamFG). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, weil das Registergericht mit der Bestellung des Liquidators die Bestellungsvoraussetzungen bejaht hat. Das Registergericht ist, da keine anderen Eintragungshindernisse ersichtlich sind, anzuweisen, die Beteiligte und den Liquidator in das Handelsregister einzutragen.

Rechtsgeschäfte des Nachtragsliquidators bleiben wirksam – OLG Düsseldorf, 17.03.2021 – 3 Wx 33/21

Das OLG Düsseldorf hat in einer neuen Entscheidung über die zeitliche Komponente der Bestellung eines Nachtragsliquidators entschieden. Zwei Punkte sind hervorzuheben:

In der Regel wird der Nachtragsliquidator für einen beschränkten Wirkungskreis bestellt. Das OLG Düsseldorf hat jetzt klar gestellt, dass die Bestellung des Nachtragsliquidators gegenstandslos wird, wenn der Nachtragsliquidator, die Aufgaben seines Wirkungskreises vollständig erledigt hat.

Hat der Nachtragsliquidator in Vertretung der gelöschten Gesellschaft bestimmte Rechtsgeschäfte vorgenommen, kann das bestellende Amtsgericht die Wirksamkeit dieser Rechtsgeschäfte nicht rückwirkend aufheben, indem es den Bestellungsbeschluss aufhebt. Eine solche Rückwirkung kann es nur geben, wenn die Bestellung des Nachtragsliquidators nichtig gewesen sein sollte. Dies dürfte allerdings im gerichtlichen Alltag kaum vorkommen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2021 – 3 Wx 33/21

I. Sachverhalt

Die betroffene Gesellschaft vermittelte bis zu ihrer Löschung wegen Vermögenslosigkeit am 15. Juni 2020 als Finanzdienstleisterin Darlehen, u.a Darlehen von ca. 700.000 € der Eheleute an die Firma …, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer, der Beteiligte zu 1 sich dafür „verbürgte“.

… alleiniger Geschäftsführer und einer von drei Gesellschaftern der betroffenen Gesellschaft versprach den Darlehensgebern 2016, sich um die Rückzahlung der – notleidenden – Darlehen zu kümmern und vereinbarte die Abtretung der Rückzahlungsansprüche an die betroffene Gesellschaft.

Am 22. Dez. 2017 traf u.a. die betroffene Gesellschaft mit den Darlehensgebern und … eine Vereinbarung über die Rückabtretung von Darlehensforderungen. Danach war die betroffene Gesellschaft von den Zessionaren ermächtigt, die Darlehensforderungen weiter durchzusetzen und erwirkte ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf gegen den Beteiligten zu 1 auf Rückzahlung der o.g. Darlehenssumme.

Aufgrund dieses Urteils erwirkte die betroffene Gesellschaft am 24. April 2019 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek in Höhe von 778.058,75 € in Abteilung III Nr. 6 des im Grundbuch von … eingetragenen Grundbesitzes des Beteiligten zu 1. Aufgrund dessen kam es zu Verhandlungen der betroffenen Gesellschaft mit dem Beteiligten zu 1, dieser vertreten durch den Beteiligten zu 2, in deren Verlauf die betroffene Gesellschaft die Sicherungsabtretung der Forderung (Rückabtretung) anzeigte und dass die Rückzahlung an die Eheleute zu leisten sei, denen gegenüber zudem ein notarielles Schuldanerkenntnis abzugeben sei, damit das landgerichtliche Urteil nicht umgeschrieben werden müsse.

Nachdem das Bundesamt der Justiz mit Schreiben vom 23. Juli 2019 dem Registergericht mitgeteilt hatte, es habe sich im Zuge der Beitreibung herausgestellt, dass die betroffene Gesellschaft kein Vermögen besitze, sie habe am 6. März 2019 die Vermögensauskunft erteilt und die betroffene Gesellschaft der mit Verfügung des Registergerichts vom 1. Aug. 2019 mitgeteilten Absicht, sie wegen Vermögenslosigkeit zu löschen nicht widersprochen hatte, wurde die betroffene Gesellschaft am 15. Juni 2020 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht. Die Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf hatte während des Löschungsverfahrens dem Registergericht am 22. Okt. 2019 die Mitteilung des Geschäftsführers der betroffenen Gesellschaft vom 16. Okt. 2019 vorgelegt, die Firma sei in Liquidation.

Am 10. / 18. Nov. 2020 beantragte der Beteiligte zu 1, den Beteiligten zu 2 zum Nachtragsliquidator der betroffenen Gesellschaft zu bestellen für die folgenden Abwicklungsmaßnahmen:

– Erteilung der Löschungsbewilligung der o.g. Zwangssicherungshypothek,

– Abgabe aller in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen und

– Einholen des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 23. März 2018 – 3 O 260/17 als des der Zwangssicherungshypothek zugrunde liegenden Titels.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. Dez. 2020 bestellte das Registergericht den Beteiligten zu 2 antragsgemäß zum Nachtragsliquidator. Dieser erwirkte die Löschung der Zwangssicherungshypothek am 18. Dez. 2020 und erhielt vom Vollstreckungsgericht den landgerichtlichen Titel ausgehändigt.

Gegen die Bestellung des Nachtragsliquidators richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 vom 7. Jan. 2021. Es bestehe kein rechtliches Interesse des Beteiligten zu 1, die Zwangssicherungshypothek zu löschen, solange die Forderung (aus dem Darlehen) gegen ihn bestehe. Der Beteiligte zu 2 könne als Rechtsanwalt des Beteiligten zu 1 wegen Interessenkollision nicht Nachtragsliquidator sein. Die Sache habe sich auch nicht durch die Löschung der Zwangssicherungshypothek erledigt. Eine Aufhebung des Bestellungsbeschlusses wirke zurück, so dass der Nachtragsliquidator den widerrechtlich in Besitz genommenen Beschluss (gemeint ist offenbar das LG -Urteil) wieder herausgeben müsse.

Der Beteiligte zu 2 hält die Beschwerde für unzulässig. Es liege schon keine ordnungsgemäße Vollmacht vor, es fehle an der Antragsberechtigung, die Nachtragsliquidation sei ohnehin seit dem 18. Dez. 2020 beendet und die Bestellung längst an das Registergericht zurückgereicht.

Das Registergericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit weiterem Beschluss vom 8. Febr. 2021 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Es bestünden Bedenken, dass die Beschwerde wirksam eingelegt worden sei, jedenfalls sei sie unbegründet, weil die betroffene Gesellschaft noch Inhaberin der Zwangssicherungshypothek gewesen und daher noch ein Vermögenswert vorhanden gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakte Bezug genommen.

II. Gründe

Die Sache ist infolge der mit weiterem Beschluss des Registergerichts vom 8. Febr. 2021 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen (§ 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG).

Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 375 Nr. 6, 402 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG als befristete Beschwerde statthaft. Es ist allerdings unzulässig, denn die Hauptsache hat sich vor Einlegung der Beschwerde erledigt. In einem solchen Fall fehlt regelmäßig das für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für eine Prüfung der Hauptsacheentscheidung durch das Rechtsmittelgericht. Denn es liegt keine Beschwer in der Hauptsache mehr vor (Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 22, Rdnr. 33).

So liegt es auch hier. Die Vertretung der betroffenen Gesellschaft war nur für einzelne, im Voraus genau bestimmbare Handlungen erforderlich und die Nachtragsliquidation auf bestimmte Maßnahmen zu beschränken. Mit dem angefochtenen Beschluss ist der Beteiligte zu 2 daher mit den dort näher bezeichneten Aufgaben zum Nachlassliquidator bestellt worden. Ist dem Nachtragsliquidator auf diese Weise nur ein auf die Vornahme der bezeichneten Einzelmaßnahmen beschränkter Aufgabenkreis zugestanden, hat dies zur Folge, dass für die so gegenständlich eingegrenzte Nachtragsliquidation kein Raum mehr ist, wenn diese Maßnahmen durchgeführt und daher eine Vertretung durch den Nachtragsliquidator gegenstandslos ist (Senat, Beschluss vom 18. April 2011 – 3 Wx 98/11, BeckRS 2011, 14923; Haas, in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 22. Aufl., 2019, § 60, Rdnr. 106).

Die ihm nach dem Bestellungsbeschluss zugewiesenen Aufgaben hatte der Beteiligte zu 2 bereits vor Einlegung der Beschwerde am 7. Jan. 2021 durch die Beteiligten zu 3 und 4 vollständig abgeschlossen. Die Löschung der Zwangssicherungshypothek in Abteilung III Nr. 6 des im Grundbuch eingetragenen Grundbesitzes war am 18. Dez. 2020 eingetragen und auch der landgerichtliche Titel bereits vor Einlegung der Beschwerde an den Beteiligten zu 1 ausgehändigt worden.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3 und 4 vermag die Beschwerde daran nichts zu ändern. Denn selbst wenn auf das Rechtsmittel der Bestellungsbeschluss und die Bestellung des Beteiligten zu 2 zum Nachtragsliquidator aufgehoben würde, blieben die inzwischen vom Nachtragsliquidator vorgenommenen Rechtsgeschäfte wirksam, § 47 FamFG (Otto, in BeckOK FamFG, Stand 1. Jan. 2021, § 375, Rdnr. 58) und scheidet damit eine rückwirkende Aufhebung der Nachtragsliquidation aus.

Nach § 47 FamFG hat die Aufhebung eines ungerechtfertigten Beschlusses, durch den jemand die Fähigkeit oder die Befugnis erlangt hat, ein Rechtsgeschäft vorzunehmen oder eine Willenserklärung entgegenzunehmen, auf die Wirksamkeit der inzwischen von ihm oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte keinen Einfluss, es sei denn der Beschluss war von Anfang an unwirksam. Danach ist eine wirksam gewordene gerichtliche Entscheidung, durch die jemand die Befugnis erhält, als Vertreter für einen anderen rechtsgeschäftlich tätig zu werden, zwar aufzuheben, wenn sich erweist, dass die Voraussetzungen der Bestellung nicht oder nicht mehr vorliegen. Die Aufhebung erfolgt aber nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung ex nunc (OLG Celle, Beschluss vom 8. Febr. 2018, 6 W 19/18, BeckRS 2017, 141725).

Die Aufhebung einer hiernach ungerechtfertigten, aber nicht nichtigen Entscheidung hat keine Rückwirkung und mithin keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Rechtshandlungen, zu deren Vornahme eine Person auf Grund der aufgehobenen Entscheidung formell berechtigt war (Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 47, Rdnr. 11 m.N.).

Die Anwendung des § 47 FamFG setzt voraus, dass die Entscheidung, durch die jemand die Befugnis oder Fähigkeit zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder Entgegennahme einer Willenserklärung erlangt hat, schon nach § 40 FamFG wirksam geworden ist, bevor sie aufgehoben wurde. § 47 FamFG erfasst hingegen nicht den Fall, dass die Entscheidung von Anfang an unwirksam war; die Aufhebung derartiger Entscheidungen hat stets nur deklaratorische Bedeutung, § 47 letzter Halbsatz FamFG. Unwirksamkeit von Anfang an liegt vor, wenn die Entscheidung nichtig ist. (Keidel/Engelhardt, a.a.O., Rdnr. 8 + 9).

Hier war der angefochtene Beschluss des Registergerichts vom 4. Dez. 2020 zum einen nach § 40 FamFG bereits wirksam geworden und liegen zum anderen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er von Anfang an unwirksam gewesen wäre; insbesondere war die Bestellung des Nachtragsliquidators nicht dem Richter vorbehalten, sondern war hierfür der Rechtspfleger des Registergerichts funktionell zuständig, denn § 17 Nr. 2 c und d RPflG nehmen sowohl § 273 Abs. 4 AktG als auch § 66 Abs. 5 GmbHG von den dem Richter vorbehaltenen unternehmensrechtlichen Verfahren aus.

III. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Nach dieser Vorschrift soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittels demjenigen Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Für einen Ausnahmefall bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 i.V.m. 67 Abs. 3 GNotKG; zur Bemessung des – nach der ständigen Rechtsprechung des Senats maßgeblichen – wirtschaftlichen Interesses, das mit dem Rechtsmittel verfolgt wird, ist der Regelwert des § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG von 60.000 € erkennbar untersetzt und der Nennbetrag der Zwangssicherungshypothek für die Wertfestsetzung maßgebend.

Löschung der GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit – OLG Celle, Beschluss v 17.10.2018, 9 W 80/18

Löschung aus dem Handelsregister ohne Anmeldung der Auflösung, Veröffentlichung und Sperrjahr allein aufgrund Versicherung des Liquidators ist nach der Entscheidung OLG Celle 9. Zivilsenat, Beschluss vom 17.10.2018, 9 W 80/18 nicht möglich. Ein Verfahren, welches einen Löschungsanspruch ohne Liquidation auf Antrag bei lediglich durch den Liquidator versicherter Vermögenslosigkeit eröffnet, ist demnach nicht mit dem GmbH-Gesetz in Einklang zu bringen

Die Entscheidung des OLG Celle im Wortlaut:

I. Der Liquidator der betroffenen Gesellschaft, zugleich deren vormaliger Geschäftsführer und laut der in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterliste Alleingesellschafter, hat unter dem 14. Mai 2018 zum Handelsregister unter anderem angemeldet, dass die Gesellschaft durch Beschluss aufgelöst sei sowie:

„Eine Liquidation ist nicht erforderlich, da ein Gesellschaftsvermögen nicht mehr vorhanden ist.
Dazu werden die tatsächlichen Verhältnisse wie folgt dargestellt:

Die Firma übt seit ca. 4 Jahren keinen Geschäftsbetrieb mehr aus. Vermögen oder Verbindlichkeiten der Gesellschaft sind nicht vorhanden, insbesondere stehen keine Zahlungen auf Geschäftsanteile aus. Auch sind keine Ausschüttungen bzw. Auszahlungen des Gesellschaftsvermögens an Gesellschafter über einen ordentlichen Gewinnverteilungsplan hinaus erfolgt.

Es sind keine gerichtlichen Rechtsstreite anhängig, an welchen die Gesellschaft beteiligt ist. Ein Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft liegt nicht vor.

Dies wird hiermit ausdrücklich versichert.“

Das Registergericht hat diese Anmeldung dahin verstanden, dass die sofortige Löschung der GmbH aus dem Register beantragt worden sei, und hat zunächst mit Verfügung vom 6. August 2018 darauf hingewiesen, eine Löschung könne nicht erfolgen, da das Finanzamt Bedenken angemeldet habe und die Gesellschaft zudem Komplementärin einer Kommanditgesellschaft sei. In seiner Antwort vom 8. August 2018 hat der Notar sich dieses Antragsverständnis des Registergerichts zu eigen gemacht und gemeint, seinem Löschungsantrag sei unverzüglich stattzugeben.

Daraufhin hat das Registergericht die angefochtene Zwischenverfügung erlassen. Mit der fristgerecht eingelegten Beschwerde verfolgt der Notar seinen Rechtsstandpunkt weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung und der Beschwerde wird auf die zu den Akten gelangten Schriftstücke Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Notars bleibt ohne Erfolg.

1. Die Beschwerde des Notars ist fristgerecht eingelegt; der Notar ist auch beschwerdeberechtigt (vgl. BGH II ZB 6/10 juris-Rn. 9f.), weil die Zurückweisung eines von ihm gestalteten und befürworteten Antrags stets den Inhalt hat, er habe seine Amtspflichten fehlerhaft ausgeübt.

Ob die Beschwerde im Streitfall überhaupt statthaft ist, erscheint jedoch zweifelhaft, denn das GmbH-Gesetz sieht das vom Notar in Anspruch genommene Verfahren einer sofortigen Löschung einer GmbH, wenn deren Liquidator deren Vermögenslosigkeit allein versichert, nicht vor. Vielmehr kennt das GmbH-Gesetz ohne vorhergehende – gesondert anzumeldende – Auflösung (§ 65 GmbHG) die Löschung der Gesellschaft gemäß § 60 Nr. 7 GmbHG in Verbindung mit § 394 FamFG von Amts wegen im Falle von Vermögenslosigkeit. Die Löschung auf Antrag hingegen kennt das Gesetz nur nach Durchführung des im GmbH-Gesetz vorgesehenen Liquidationsprozesses, Veröffentlichung der Auflösung der Gesellschaft und Aufforderung an die Gläubiger gemäß § 65 Abs. 2 GmbHG im Bundesanzeiger, Einhaltung des Sperrjahres und gesonderter Anmeldung des Schlusses der Liquidation gemäß § 74 GmbHG.

Nachdem im Streitfall das Liquidationsverfahren nicht durchlaufen wurde, besteht ein Anspruch auf Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister wegen Erfüllung der dafür vorgesehenen Prozedur und deren Voraussetzungen in keinem Fall. Ob ein Beschwerderecht bestehen kann, wenn – wie im Streitfall – das Registergericht einer bloßen Löschungsanregung der GmbH nicht nachkommt, erscheint zweifelhaft. Diese Frage muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn im Streitfall bleibt die Beschwerde jedenfalls in der Sache ohne Erfolg.

2. Bei der betroffenen Gesellschaft liegen die Voraussetzungen einer Löschung von Amts wegen aufgrund zur Überzeugung des Registergerichts feststehender Vermögenslosigkeit nicht vor. Zutreffend hat das Registergericht darauf abgestellt, dass die hier betroffene GmbH Komplementärin einer Kommanditgesellschaft ist und mithin deren Geschäfte zu führen hat. In dieser Eigenschaft als vollhaftende und geschäftsführende Gesellschafterin obliegt es der hier betroffenen GmbH, die Kommanditgesellschaft gegenüber dem Finanzamt zu vertreten und deren Pflichten nachzukommen. Das Finanzamt hat unter dem 23. Juli 2018 mitgeteilt, dass für die Kommanditgesellschaft eine Steuererklärung noch aussteht. Es ist nicht Sache des Registergerichts, sondern vielmehr Sache der Gesellschaft, die ihre Löschung aus dem Register erstrebt, durch Erfüllung aller fiskalischen Pflichten die Löschungsfähigkeit herbeizuführen; daran fehlt es hier.

Ebenso steht im Streitfall der Löschung der GmbH entgegen, dass dadurch, dass sie vollhaftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft ist, jederzeit neue Forderungen und insbesondere neue Verbindlichkeiten, die auch noch eine Insolvenz der betroffenen GmbH auslösen können, entstehen könnten.

3. Soweit der Beschwerdeführer im Streitfall annimmt, es bestehe ein Löschungsanspruch der Gesellschaft ohne Einhaltung der Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Liquidation (insb. Anmeldung der Auflösung und Einhaltung der Veröffentlichungsvoraussetzungen des § 65 Abs. 2 GmbHG) allein auf der Grundlage der in der Anmeldung enthaltenen Versicherung des Liquidators, es gebe keine Rechtsstreite gegen die GmbH und weder liege Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung der Gesellschaft vor, dringt er damit nicht durch.

Der Senat teilt schon die vom Beschwerdeführer für die erstrebte Rechtsfolge in Anspruch genommenen Rechtssätze nicht. Diese werden – offenbar im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung – von den Registergerichten im Anschluss an eine Entscheidung des OLG Hamm vom 30. August 2016, 27 W 63/16, und daran anknüpfende Mitteilungen des Deutschen Notarinstituts vertreten.

Nach dem Dafürhalten des Senats ist – entgegen der Position der DNotI-Redaktion – ein Verfahren, welches einen Löschungsanspruch ohne Liquidation auf Antrag bei lediglich durch den Liquidator versicherter Vermögenslosigkeit eröffnet, mit dem GmbH-Gesetz nicht in Einklang zu bringen.

Deshalb kann im Streitfall dahinstehen, ob die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs im Streitfall überhaupt vorlägen und zureichend vorgetragen sein möchten. Feststellungen zu nicht existenten Rechtssätzen müssen nicht getroffen werden. Nach dem Dafürhalten des Senats spräche allerdings im Streitfall manches dafür, dass der Liquidator mindestens auch dazu vortragen müsste, ob gegen die von der betroffenen GmbH vertretene Kommanditgesellschaft offene Forderungen von Gläubigern geltend gemacht werden und Rechtsstreitigkeiten anhängig sind, denn für diese würde die GmbH (womöglich mit Insolvenzfolge) haften.

Der Direktanspruch eines Gläubigers gegen den Liquidator einer GmbH

Nach § 73 Abs. 1 GmbHG darf der Liquidator die Verteilung des Gesellschaftsvernögens nicht beginnen, bevor das Sperrjahr verstrichen ist. Nach § 73 Abs. 3 GmbHG haften die Liquidatoren bei Verstoß nach § 43 Abs. 3 und 4 GmbHG für den Schaden. § 73 GmbHG ist „die zentrale Gläubigerschutzvorschrift in der Liquidation einer GmbH“ (Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, Hrsg., GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 73 Rn. 1).

§ 43 Abs. 2 GmbHG, auf den § 73 Abs. 3 GmbHG verweist, normiert jedoch nur eine Haftung der Geschäftsführer gegen die GmbH, keinen Direktanspruch geschädigter Gläubiger. 2018 war es dann soweit, dass der BGH durch ein rechtsfortbildendes Urteil diesen Gesetzesstand geändert hat.

Der dortige Beklagte war Alleingesellschafter, Geschäftsführer und am Ende Liquidator einer GmbH. Die Klägerin war Steuerberaterin der GmbH. Sie erstellte Jahresabschluss und Steuererklärungen für das Jahr 2009. In diesem Jahresabschluss war eine Rückstellung „für Abschluss und Prüfung“ enthalten. Für die Leistungen im Jahr 2010 forderte die Klägerin im Juni 2012 ein Honorar von 2.246,96 €. Zwischenzeitlich war jedoch die Gesellschaft im Register aufgelöst und gelöscht worden. Der Liquidator hatte bei der Verteilung des Vermögens der Gesellschaft die Forderung der Klägerin nicht beachtet. Die Klägerin verlangt deshalb das Honorar von dem beklagten Liquidator. Die Klage war erfolgreich. Zuletzt hatte der BGH den Anpruch bestätigt (BGH, Urt. v. 13.03.2018 – II ZR 158/16):

Der Klägerin stehe als Folge der Beendigung der Liquidation ohne Befriedigung ihrer Forderung, die aus dem Vermögen der liquidierten Gesellschaft möglich gewesen wäre ein Anspruch in analoger Heranziehung der §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG zu. Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz und eine „vergleichbare Interessenlage“. Beides liege hier vor – in Gestalt einer sich erst nachträglich herausstellenden „planwidrigen“ Unvollständigkeit des GmbHG.

§ 73 Abs. 3 GmbHG ermögliche dem Gläubiger nur, seinen Anspruch gegen die Gesellschaft zu titulieren, um dann den Anspruch der Gesellschaft nach dieser Norm zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Das sei freilich ein Weg, der, so der BGH, „zeitintensiv, kostenträchtig […] und nicht prozessökonomisch […]“ sei. Erst später habe der Gesetzgeber das Erfordernis eines Direktanspruchs des Gläubigers gegen den Liquidator erkannt, dies jedoch nicht im Gesetz umgesetzt (vgl. BT-Drs. VI/3088, S. 207). Die Entwicklung der Wirtschaft habe indes nichts an der Notwendigkeit eines solchen Anspruchs geändert. Die nachträglich entstandene Lücke im GmbH-Gesetz sei auch planwidrig. Bestimmend für den historischen Gesetzgeber des GmbHG sei der Gedanke gewesen, einen Anspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator zu generieren und zu verhüten, dass die Gesellschafter die Gläubigerbefriedigung durch Verfügungen über die Ersatzansprüche vereitelten. Diese Sichtweise reiche aber nicht aus, denn das fehlerhafte Handeln des Liquidators beruhe nicht auf Verfügungen, sondern auf der spezifischen Situation der Abwicklung. Erst nach Beendigung der Liquidation werde in der Regel erkannt, dass das Gebot des § 73 GmbHG verletzt worden sei. Im Ergebnis meint der BGH, in dieser Konstellation hätten die GmbH-Gesellschafter kein Interesse an der Realisierung des Anspruchs nach § 73 Abs. 3 GmbHG, so dass der dort gewollte Gläubigerschutz nicht gewährleitet sei. Der mögliche Zugriff des Gläubigers auf diesen Anspruch sei ungeeignet, denn er setze die Nachtragsliquidation der im Register gelöschten Gesellschaft voraus. Die Voraussetzungen seines Anspruchs und das Bestehen von Vermögen der GmbH in Gestalt wiederum des Anspruchs gegen den Liquidator müsse der Gläubiger in dem registerrechtlichen Verfahren zur Anordnung der Nachtragsliquidation darlegen und glaubhaft machen. Erst dann könne er den Anspruch gegen die GmbH titulieren und danach wiederum einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezüglich des Anspruchs aus § 73 Abs. 3 GmbHG nach den §§ 829, 835 ZPO erwirken. Anschließend habe er den Prozess gegen den Liquidator zu führen. Dieses „Schutzdefizit“ stehe dem Gläubigerschutz von AktG und GmbHG entgegen. Der Gesetzgeber habe den vorgesehenen Direktanspruch in dem Gesetzentwurf von 1972 bzw. 1973 aber nicht aufgegeben, sondern angesichts anderer „vordringliche[r] Vorhaben“ zurückgestellt. Daher sei (heute) eine planwidrige Regelungslücke gegeben.

Der BGH schließt die Regelungslücke durch Heranziehung der § 268 Abs. 2 i.V.m. § 93 Abs. 5 AktG. Die Interessenlage in den Fällen des § 73 Abs. 3 GmbHG sei mit derjenigen des § 93 Abs. 5 AktG vergleichbar. Danach können die Gläubiger der Gesellschaft den Ersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand – nach § 93 Abs. 2 AktG – selbst geltend machen, wenn von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangt werden kann. Über § 268 Abs. 2 AktG gilt das auch für die pflichtwidrige Verteilung des Vermögens der GmbH durch die Abwickler. Diese Vereinfachung der Durchsetzung von Gläubigeransprüchen gelte für GmbH und AG gleichermaßen; der Abwickler der AG sei dem Liquidator der GmbH in der Liquidation vergleichbar. Die im Aktienrecht anders als im Recht der GmbH darüber hinaus bestehende Möglichkeit der Gläubiger, Rückgewähransprüche gegen die Aktionäre nach den §§ 264 Abs. 2, § 62 Abs. 1 AktG zu verfolgen, spreche gegen die hier angewandte Analogie nicht. Die Bejahung des Direktanspruchs gegen den Liquidator im Wege der Analogie zum Aktienrecht bedeute keine einseitige Risikoabwälzung auf den Liquidator; dieser sei nämlich zur Risikotragung nach § 73 Abs. 3 GmbHG (ohnehin) verpflichtet. Die nur mittelbare Durchsetzung des Anspruchs durch die Gläubiger – wie oben umschrieben – sei lediglich ein „umständlichere[r] und unsichere[r] Weg“ der Anspruchsrealisierung.

Die Voraussetzungen der §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG analog, § 73 Abs. 3 GmbHG seien zu bejahen. Die Klägerin sei auch aktivlegitimiert. Der Direktanspruch sei nicht etwa subsidiär. Der Anspruch der Gesellschaft sei entgegen Literaturstimmen nicht vorrangig zu betrachten. Der Gläubiger müsse der GmbH zudem nicht etwa eine Frist setzen, um ihren Anspruch durchzusetzen. All diese Erwägungen in der Literatur erforderten eine Nachtragsliquidation, die der BGH als umständlich vermeiden will. Der Gläubiger könne daher auch Zahlung an sich verlangen und nicht etwa an die GmbH.

Der Senat vertieft hier nochmals sein zentrales Anliegen der „vereinfachten Gläubigerbefriedigung“ durch Heraushebung des Direktanspruchs. Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen der § 73 Abs. 3 GmbHG, § 93 Abs. 5 AktG bejaht der BGH mit wenigen Argumenten unter Hinweis auf die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils. Eine gröbliche Pflichtverletzung, die § 93 Abs. 5 AktG fordert, sei nicht erforderlich, denn hier liege der Sondertatbestand des § 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG vor, der unabhängig vom Grad des Verschuldens sei. Da dem Beklagten der Anspruch der Klägerin vor der Verteilung des Vermögens bekannt gewesen sei und das Vermögen der Gesellschaft ausgereicht habe, um die Forderung des Gläubigers zu befriedigen, habe er der Klägerin den gesamten Betrag von. 2.246,95 Euro zu zahlen.

Zur Entscheidung BGH, Urt. v. 13.03.2018 – II ZR 158/16 folgende Anmerkungen:

Der Schutz der Gläubiger ist bei Konstellationen wie hier nur durch einen Direktanspruch effizient gewährleistet.

Fraglich erscheint jedoch ob wirklich eine planwidrige Regelungslücke im GmbHG besteht. Regelungslücke heißt, dass der Anwendungsfall von keiner Norm in direkter Anwendung erfasst wird und es sich bei historischer und teleologischer Auslegung um eine „planwidrige Unvollständigkeit“ handelt, vgl. Grüneberg-Grüneberg, BGB, Einl. vor § 1 Rn. 55. Das GmbHG hat Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Liquidator in §§ 70 Abs. 4, 43 GmbHG geregelt, vgl. Hofmann in: Gehrlein u.a., GmbHG, § 71 Rn. 24. Der § 43 GmbHG enthält freilich keine dem § 93 Abs. 5 AktG entsprechende Regelung über einen Direktanspruch der Gläubiger gegenüber dem Geschäftsführer/Liquidator. Diese Lücke ist jedoch keine planwidrige Unvollständigkeit. Über die Geltendmachung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegenüber dem Liquidator beschließen die Gesellschafter nach § 46 Nr. 8 GmbHG vgl. Hofmann, a.a.O. Dieser vom Gesetzgeber bewusst und gewollte Regelungszusammenhang würde durch die analoge Anwendung von § 93 Abs. 5 GmbHG durchkreuzt werden, wenn ein Gläubiger befugt wäre, den Ersatzanspruch gegen den Liquidator direkt geltend zu machen.

Dem BGH scheint dies durchaus klar zu sein. Er hält fest, dass die Lücke erst nach der Verabschiedung des Gesetzes durch die wirtschaftliche Entwicklung aufgetreten. Dessen ungeachtet ist die Lücke nicht planwidrig denn der Gesetzgeber habe das Erfordernis eines Direktanspruchs des Gläubigers gegen den Liquidator später erkannt, dies jedoch nicht im Gesetz umgesetzt (so der BGH in der Entscheidung BGH, Urt. v. 13.03.2018 – II ZR 158/16). Dann besteht die Lücke aber planmäßig und die analoge Anwendung des BGH ist gegen den ausrücklich festgestellten Willen des Gesetzgebers vorgenommen worden.

Ein direkter Ersatzanspruch kann dennoch im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers/Liquidators gerechtfertigt sein. Dieser ist relevant, wenn das Vermögen der Liquidationsgesellschaft ausgereicht hätte, alle Gläubiger zu befriedigen. Ansonsten hätte nämlich der Geschäftsführer bzw. Liquidator Insolvenz anmelden müssen (§ 15a InsO). Denn der Eintritt in die freiwillige Liquidation aufgrund Beschlusses der Gesellschafterversammlung der GmbH ändert nur den Gesellschaftszweck (in denjenigen der Abwicklung), befreit aber der Natur der Sache nach nicht von der Insolvenzantragspflicht bei Eintritt eines Insolvenzgrundes während der Liquidation.

Löschung einer vermögenslosen Gesellschaft ohne Liquidation

Eine AG oder eine GmbH kann ohne Liquidation und ohne Sperrjahr aus dem Handelsregister gelöscht werden. Nach der entsprechenden Vorschrift § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG, § 394 FamFG ist dafür Voraussetzung, dass die Gesellschaft vermögenslos ist. Die Vermögenslosigkeit muss ferner dem Registergericht nachgewiesen werden. Die Löschung wegen Vermögenslosigkeit verläuft wesentlich schneller als die Liquidation mit Sperrjahr. Doch Vorsicht: Hinsichtlich der Anforderungen kann es zu deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen Registergerichten kommen.

An anderer Stelle hatte ich in einem Artikel die Entscheidung des OLG Celle, Beschluss v 17.10.2018, 9 W 80/18 erläutert. Dort hatte das OLG Celle festgestellt, dass es für die Löschung einer GmbH nicht ausreicht, wenn der Liquidator der GmbH deren Vermögenslosigkeit (anwaltlich o.ä.) versichert. Deswegen ist die Löschung mit der erforderlichen Sachkunde zu betreiben.

In diesem Fall fallen Auflösung und das Erlöschen der Gesellschaft zusammen. Erforderlich ist ein entsprechender Gesellschaftsbeschluss. Die Bestellung und Anmeldung der Liquidatoren ist üblicherweise nicht entbehrlich. Die Liquidatoren müssen u.a. versichern, dass keine Prozesse mit der Gesellschaft als Partei anhängig sind, dass mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens noch nicht begonnen wurde und dass eine solche Verteilung mangels vorhandenen Vermögens auch nicht erfolgen wird.

Teilweise wird auch eine gleichzeitige Anmeldung der Auflösung der GmbH als auch deren Erlöschens für möglich erachtet. Das betreffende Verfahren ist mit dem Registergericht abzustimmen.

Gläubigerbefriedigung in der Abwicklung

Eine zentrale Aufgabe der Abwickler / Liquidatoren ist die Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten. Die Abwickler dürfen kein Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausschütten, bevor nicht die Gesellschaftsgläubiger befriedigt worden sind, § 73 Abs. 1 GmbHG.

Zu den Gesellschaftsverbindlichkeiten zählen sämtliche Schulden der Gesellschaft gegenüber Drittgläubigern.

Drittgläubiger können auch die Abwickler und Gesellschafter sein. Bei den Gesellschaftern ist zu prüfen, ob ihre Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis herrühren. Ist das der Fall, werden sie von der Ausschüttungssperre des § 73 GmbHG erfasst und dürfen erst nachrangig befriedigt werden. Mit ihren anderen Forderungen, also solchen, die auch Außenstehende gegenüber der GmbH begründen könnten, stehen die Gesellschafter, wie sich aus der Systematik der §§ 72, 73 GmbHG ergibt, hingegen auf gleicher Ebene mit den (Dritt-)Gläubigern.

Rechnet ein Gesellschafter seine unbestrittene Drittforderung gegen die noch offene Einlageschuld aufrechnet, verstößt dies deswegen auch nicht gegen § 19 Abs. 2 GmbHG.

Auch verstößt der Liquidator nicht gegen § 73 GmbHG, wenn er vor der Auflösung beschlossene Gewinnausschüttungen oder als rückzahlbar beschlossene Nachschüsse an die Anteilseigner auszahlt.

Gesellschafterdarlehen sind – soweit kein Rangrücktritt vereinbart wurde  – wie normale Drittverbindlichkeiten zu behandeln. Erst im Insolvenzfall treten alle Darlehensansprüche eines Gesellschafters im Rang zurück (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Außerhalb der Insolvenz können diese Forderungen prinzipiell getilgt werden. In der Liquidation rangieren sie nicht hinter den Ansprüchen Dritter. Besteht eine Rangrücktrittsvereinbarung ist die dort festgelegte Rangfolge zu beachten.

Auch der Liquidator selbst kann auf die Liquidationsmasse zugreifen, wenn er gegen die GmbH einen Anspruch z.B. aus vereinbartem Honorar, hat. Insbesondere steht hier § 181 BGB nicht entgegen, da es sich ja um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt.

Die Frage indessen, nach welchen Prioritäten und Grundsätzen die einzelnen Forderungen zu erfüllen sind, ist mit erheblichen Meinungskonflikten beladen.

Teilweise wird argumentiert, das noch verbliebene Gesellschaftsvermögen quotal unter den Gläubigern aufzuteilen. Auch bei der Liquidation gelte der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger aus § 1 S. 1 InsO. Außerdem: jeder andere Verteilungsmaßstab führt zur Bevorzugung einzelner Gläubiger und ist damit ungerecht.

Dieser Ansatz lässt jedoch die ansonsten geltende Rechtslage weitgehend außer Betracht. § 1 S. 1 InsO ist ausdrücklich auf das Insolvenzverfahren beschränkt und entfaltet darüber hinaus keine Wirkung.

Eine – zumindest im Grundsatz – gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger wird unter anderem dadurch vereitelt, dass die Titelinhaber unter ihnen ja jederzeit die Einzelzwangsvollstreckung betreiben können. Ein Zwangsvollstreckungsverbot – wie im Insolvenzverfahren – gibt es in der Abwicklung nicht. Titelinhaber haben so einen privilegierten Zugriff auf das Schuldnervermögen.

In der Liauidation gilt zwar somit grundsätzlich das Prinzip der „freien“ Gläubigerbefriedigung, eingeschränkt und gelenkt durch § 73 GmbHG. Ist jedoch für die Liquidatoren absehbar, dass das Vermögen nicht zur Befried igung aller Gläubiger ausreicht und es damit zu einer Schlechterstellung von Gläubigern kommen muss, haben sie ohnehin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Liquidationsmasse zu beantragen. Durch diesen Mechanismus landen sie am Ende wieder beim Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung.

Auch für die Verteilung der „masselosen Masse“ ist weitgehend anerkannt, dass es unstatthaft wäre, wenn der Abwickler mit dem verfügbaren Kapital gezielt und ausschließlich seine Forderungen und die der Gesellschafter bediente. Andererseits ist er aber auch nicht strikt an einen quotalen Verteilungsmodus gebunden; der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger gilt ja außerhalb des Insolvenzverfahrens gerade nicht. Vielmehr wird man dem Liquidator einen Ermessensspielraum zugestehen müssen, nach welchen Kriterien der Zweckmäßigkeit er die (zügige) Beendigung der GmbH herbeiführt.

Herfür kann man zusammenfasse: Ergibt sich für die Bevorzugung eines Gläubigers ein Sachgrund, so mag dieser die Bovorzugung berechtigen.