Werbung mit fremden Namen und Marken

Der Anreiz, fremde Markennamen zur Eigenwerbung zu nutzen, ist gross. Referenzen, Anwendungsfälle, Kompetenzen u.a. werden häufig am einfachsten, treffensdsten und vor allem auch überzeugendsten mit der Nennung fremder Marken dargestellt. In den meisten Fällen ist dies allerdings nicht erlaubt.

Der haupsächliche Sinn einer Marke ist es, dem Inhaber einer Marke ein ausschließliches Recht zu deren Nutzung zu geben. Dritte dürfen ohne Zustimmung des Markeninhabers das Zeichen im geschäftlichen Verkehr nicht für die geschützten (oder ähnliche) Waren und Dienstleistungen verwenden.

§ 23 MarkenG regelt eine Ausnahme vom absoluten Schutz der Marke. Die Vorschrift sieht unter anderem vor, dass eine Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware als Zubehör oder Ersatzteil verwendet werden darf, soweit die Benutzung dafür notwendig ist. Diese Regelung betrifft vor allem die Anbieter von Zubehör und Ersatzteilen für große Hersteller, insbesondere im Kfz-Bereich. Ebenso betroffen sind natürlich die Dienstleistungserbringer rund um bekannte Markenprodukte, die etwa Ein- und Ausbau, Wartung und Instandhaltung solcher Produkte anbieten. Der Bundesgerichtshof hat sich nun in einer aktuellen Entscheidung (BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 33/10) zur Reichweite dieser zulässigen Markennutzung geäußert, wann also die Benutzung als Hinweis noch notwendig ist.

Der Entscheidung lag die Werbung einer bekannten markenunabhängigen Kfz-Werkstattkette zugrunde. Diese hatte für die Inspektion von VW-Fahrzeugen mit der VW-Bildmarke geworben (VW-Zeichen in einem Kreis).

Der BGH, wie auch schon die Vorinstanzen, hat diese Werbung untersagt und eine Markenverletzung angenommen. Die Beklagte habe die Werbefunktion der Klagemarke durch die Verwendung beeinträchtigt. Außerdem sei mit der Verwendung des bekannten Bildzeichens der Klägerin ein Imagetransfer verbunden, der die Klagemarke schwäche.

Die Ausnahmeregelung des § 23 MarkenG sah der BGH hier nicht als gegeben an. Zwar sehe das Markenrecht vor, dass der Markeninhaber einem Dritten die Verwendung der Marke als notwendigen Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen des Dritten nicht verbieten kann, solange die Benutzung nicht gegen die anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel verstößt. Eine Notwendigkeit zur Markenbenutzung sahen die Richter hier jedoch nicht, da die Beklagte zur Beschreibung des Gegenstands der von ihr angebotenen Dienstleistungen ohne weiteres auf die Wortzeichen „VW“ oder „Volkswagen“ und nicht auf das Logo hätte zurückgreifen können. Auf das Bildzeichen (Logo) sei sie nicht angewiesen gewesen.

Demnach gilt: Die Verwendung fremder Marken und Kennzeichen ohne ausdrückliche Einwilligung des Inhabers, stellt immer ein Risiko dar. Bei der rechtlichen Beurteilung steht das Recht des Kennzeicheninhabers, Dritte von jeglicher Benutzung für entsprechende Waren und Dienstleistungen auszuschließen, immer an erster Stelle.

Dennoch muss es gerade solchen spezialisierten Anbietern, deren Geschäftstätigkeit sich auf bestimmte Markenprodukte bezieht, möglich sein, auf ihre Tätigkeit unter Nennung dieser Marken hinzuweisen. Doch dieses Recht wird nicht schrankenlos gewährt, sondern, wie nun vom BGH noch einmal deutlich klargestellt, nur soweit es unbedingt erforderlich ist. Die Verwendung von Logos und Bildmarken wird dabei regelmäßig kaum erforderlich sein. Das der angesprochene Verkehr regelmäßig mit einem bestimmten Logo konfrontiert wird, dieses unter Umständen also wesentlich bekannter ist, als das zugehörige Wortzeichen, wird den Verwender nicht retten können. Gerade im Ausnutzen und dem Beeinträchtigen der Werbewirkung, liegt der Schwerpunkt der Verletzungshandlung, die dann über § 23 MarkenG nicht gerechtfertigt werden kann.

Vor Verwendung der Marke eines Dritten ist somit sorgfältig zu prüfen, ob ein entsprechender Hinweis auf das Zeichen überhaupt notwendig ist. Das ist etwa nicht der Fall, wenn es sich um eine bloße Referenzwerbung handelt, wenn also ohne Anlass auf die Marke Bezug genommen wird.

Unzulässig ist auch die Verwendung im Rahmen sog. „Nicht-Angebote“. Wird ein Markenname verwendet, ohne dass eben dieses Markenprodukt angeboten wird, etwa in OnlineShops mit aktuellem 0-Bestand (also keine Ware vorhanden), liegt ebenfalls ein unbefugter markenmäßiger Gebrauch vor (OLG Hamburg, 21.06.2007 – 3 U 302/06 – Jette (0)). Damit sind Markennamen in Metatags (Description, die in Suchmaschinentreffern erscheint, bzw. Keywords) oder in der Shopwerbung sehr gefährlich, wenn Sie nicht sicherstellen können, immer die Ware im Angebot zu haben. Darüber hinaus ist abzuwägen, wie ein zulässiger Markenhinweis ausgestaltet sein darf, wobei stets das „mildeste Mittel“ der Markenverwendung gewählt werden muss.

Finanzgericht Köln: Geschäftsführerhaftung für Umsatzsteuerschulden einer GmbH in der Insolvenz

Wenn das das Finanzamt im Insolvenzfall einer GmbH mit Steuerforderungen ausfällt, nimmt es regelmäßig den Geschäftsführer in die Haftung. Unter welchen Voraussetzungen das möglich ist, wie schnell die Finanzgerichte den Verschuldensmaßstab der groben Fahrlässigkeit anlegen und inwieweit der „Grundsatz der anteiligen Tilgung“ anzuwenden ist, zeigt eine Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 17.06.2009 (FG Köln, 11 K 3017/05).

Sachverhalt:
Ein GmbH-Geschäftsführer hatte in den Umsatzsteuervoranmeldungen eine zu geringe Umsatzsteuerschuld ausgewiesen. Die später eingereichten berichtigten Anmeldungen führten zu erheblich höheren Umsatzsteuerfestsetzungen, mit denen das Finanzamt sodann im Zuge der Insolvenz der GmbH ausfiel. Es nahm den Geschäftsführer mit einer geschätzten Ausfallquote von 70% des Gesamtausfalls in Haftung. Hiergegen wendete sich der Geschäftsführer mit seiner nur teilweise erfolgreichen Klage.

Entscheidung:
Grundlage der Geschäftsführerhaftung sind § 69 i.V.m. § 34 AO

Gemäß § 69 i.V.m. § 34 AO haften die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.

Gesetzlicher Vertreter einer GmbH ist ihr Geschäftsführer, § 34 Abs. 1 AO i.V.m. § 35 GmbHG. Er muss für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH Sorge tragen und deshalb Steuererklärungen rechtzeitig und wahrheitsgemäß abgeben (§ 18 Abs. 1, 3 UStG). Aus der Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 2 AO ergibt sich nach der Finanzrechtsprechung außerdem die Verpflichtung, die fälligen Steuern aus den verwalteten Mitteln zu bezahlen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft auch dazu verpflichtet, bereits vor Fälligkeit von Steuerforderungen Vorsorge für deren spätere Tilgung im Zeitpunkt der Fälligkeit zu treffen.

Grob fahrlässige Pflichtverletzung:
Nach Auffassung des FG hatte der Kläger diese Pflichten verletzt. In den Umsatzsteuervoranmeldungen wurde eine zu geringe Umsatzsteuerschuld ausgewiesen. Die in der Folge eingereichten berichtigten Anmeldungen führten zu einer erheblich höheren Steuerfestsetzung. Dies lasse den Schluss zu, dass die zunächst abgegebenen Voranmeldungen nicht sorgfältig und vollständig erstellt worden sind. Außerdem habe der Kläger damit die ihm als Geschäftsführer obliegenden Pflichten zur rechtzeitigen Zahlung der von der GmbH geschuldeten Umsatzsteuerbeträge nicht erfüllt.

Dies sei auch zumindest in grob fahrlässiger Weise und damit schuldhaft geschehen. Denn nach der Rechtsprechung des BFH indiziert die in der Nichtentrichtung von Steuern liegende Pflichtwidrigkeit den gegenüber dem Geschäftsführer zu erhebenden Schuldvorwurf.

Auch der Einwand, die Zahlungsschwierigkeiten seien maßgeblich durch Hinhaltetaktik eigener Schuldner verursacht worden, änderte am Schuldvorwurf nichts. Denn es bei Zahlungsschwierigkeiten zu den Pflichten einer GmbH, ihre Steuerschulden in gleicher Weise zu tilgen wie die übrigen Schulden der Gesellschaft. Ein Geschäftsführer, der hiergegen verstößt, handelt in der Regel, d.h., soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die die Annahme einer leichteren Form des Verschuldens rechtfertigen, zumindest grob fahrlässig.

Haftungsbegrenzender Grundsatz der anteiligen Tilgung:
Zu prüfen ist allerdings stets, ob zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung und dem Eintritt des durch die Nichtentrichtung der geschuldeten Abgabenbeträge entstandenen Vermögensschadens ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Maßstab ist u.a. bei der Haftung für Umsatzsteuerschulden der haftungsbegrenzende Grundsatz der anteiligen Tilgung.

Dieser besagt, dass der gesetzliche Vertreter nur in dem Umfang in Anspruch genommen werden kann, in dem er bei der Tilgung der Gesamtverbindlichkeiten das Finanzamt gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt hat. Denn verlangt wird von einem GmbH-Geschäftsführer, dass er in Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu einer in etwa anteiligen Befriedigung des Finanzamts und der übrigen Gläubiger verwendet. Der Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt entfällt, wenn mangels ausreichender Zahlungsmittel auch bei fristgerechter Abgabe der Steueranmeldung die geschuldete Steuer nicht hätte an das Finanzamt abgeführt werden können.

Die Feststellungslast für eine nicht anteilige, sondern nachteilige Befriedigung des Finanzamts trägt dieses. Der Haftungsschuldner hat jedoch eine gesteigerte Mitwirkungspflicht. Im Rahmen dieser Mitwirkungspflicht besteht die Verpflichtung, die zur Feststellung des Haftungsumfangs notwendigen Auskünfte über die Gesamtverbindlichkeiten und die anteilige Gläubigerbefriedigung im Haftungszeitraum zu erteilen. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten und Zahlen hat das Finanzamt die Haftungsquote zu ermitteln oder – soweit der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann – im Schätzungswege gem. § 162 AO die Quote festzustellen, die der Wahrscheinlichkeit am nächsten kommt. Eine ungerechtfertigte Weigerung des Haftungsschuldners, in seinem Wissensbereich liegende Auskünfte zu erteilen, kann das Finanzamt bzw. das Finanzgericht zu einer unter Umständen für den Geschäftsführer nachteiligen Schätzung der Haftungssumme berechtigen.

Vor diesem Hintergrund schätzte das Finanzgericht im Streitfall nach Auswertung diversen Zahlenmaterial eine für den Geschäftsführer etwas günstigere Quote. An der grundsätzlichen Haftung aber ändert das nichts.

Geschäftsführerhaftung: Der Geschäftsführer einer GmbH haftet auch bei fehlender Kenntnis und fehlender Fähigkeit zur Prüfung der Insolvenzreife

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.06.2012 – II ZR 243/11 –

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Der Entscheidung zur Geschäftsführerhaftung lag folgender Fall zugrunde: Der Beklagte war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen auf eigenen Antrag das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangte von dem Beklagten gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. Zahlungen ersetzt, die nach Insolvenzreife zu Lasten des Gesellschaftsvermögens geleistet wurden.

Der BGH entschied zu Gunsten des Klägers. Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis 31. Oktober 2008 gültigen Fassung (jetzt: § 64 S. 1 GmbHG) ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden. Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung des Gerichtes vor. Zum Zeitpunkt der Zahlungen bestand unter dem Gesichtspunkt der Überschuldung Insolvenzreife.

Die Haftung des Geschäftsführers setzt Verschulden vor. Dabei genügt einfache Fahrlässigkeit. Maßstab ist nach § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG a.F. die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.

Hierzu stellt der BGH im genannten Urteil fest:

Auf die individuellen Fähigkeiten kommt es nicht an. Ebenso entschuldigt ihn nicht eine mangelnde Sachkenntnis. Zu Lasten eines Geschäftsführers, der in der in § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. beschriebenen Lage der Gesellschaft Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögens leistet, wird vermutet, dass er dabei schuldhaft, nämlich nicht mit der von einem Vertretungsorgan einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu fordernden Sorgfalt gehandelt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27.03.2012 – II ZR 171/10). Als Ausgangspunkt reicht die Erkennbarkeit der Insolvenzreife aus, wobei die Erkennbarkeit als Teil des Verschuldens vermutet wird (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.1999 – II ZR 273/98 = BGHZ 143, 184).

Der Geschäftsführer hat sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets zu vergewissern. Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer für eine Organisation sorgen muss, die ihm zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.1995 – II ZR 9/94).

Haftung des Geschäftsführers für Umsatzsteuer

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet für die Umsatzsteuerschulden, die vor Stellung des Antrags auf Insolvenz entstanden sind, auch persönlich. Nach § 69 S.1 AO gilt: „Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden.“

Die Haftung beschränkt sich bei der Umsatzsteuer auf eine Quote. Für die Berechnung der Tilgungsquote werden die im gesamten Haftungszeitraum bestehenden Gesamtverbindlichkeiten den auf diese Verbindlichkeiten geleistete Zahlungen gegenübergestellt, ohne dass es auf die einzelnen Fälligkeits- und Zahlungszeiträume ankommt. Hieraus ergibt sich eine Tilgungsquote für den Gesamtzeitraum. Mit dieser Tilgungsquote haftet der Geschäftsführer persönlich für die Umsatzsteuer.

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, bezogen auf den Haftungszeitraum, eine Tilgungsquote zu ermitteln. Diese Verpflichtung erstreckt sich nicht auf jede einzelne Zahlung. Vielmehr muss die Quote einmal errechnet werden und kann dann bei jeder Zahlung zugrunde gelegt werden. Lediglich wenn eine Änderung des Sachverhaltes, insbesondere der zur Verfügung stehenden Mittel, eintritt, ist die Quote neu zu ermitteln.

Der Geschäftsführer einer GmbH muss somit im Falle eines Liquiditätsengpasses sorgfältig überprüfen, wie viele liquide Mittel vorhanden sind und wie viele Verbindlichkeiten hiervon bedient werden müssen. Reichen die liquiden Mittel nicht aus, muss eine Quote gebildet werden und das Finanzamt, bezogen auf die Umsatzsteuer, in Höhe dieser Quote bedient werden.

Anderenfalls haftet der Geschäftsführer in Höhe dieser zu errechnenden Quote auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt persönlich.

In der Rechtsprechung liest sich dieser Grundsatz so (Urteil des BFH vom 27.02.2007 zum Az.: VII R 60/05):

„Nach ständiger Rechtsprechung des BFH beschränkt sich die Haftung nach § 69 Satz 1 AO dem Umfang nach auf den Betrag, der infolge der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder entrichtet worden ist. Die Höhe der Haftung ergibt sich daher unabhängig vom Grad des Verschuldens grundsätzlich allein aus der Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den bei dem Fiskus eingetretenen Vermögensschaden. Danach ist die Haftung nach § 69 AO dem Umfang nach auf den Betrag beschränkt, der infolge der Pflichtverletzung nicht entrichtet worden ist. Stehen zur Begleichung der Steuerschulden insgesamt ausreichende Mittel nicht zur Verfügung, so bewirkt die durch die schuldhafte Pflichtverletzung verursachte Nichterfüllung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis die Haftung nur in dem Umfang, in dem der Verpflichtete das FA gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt hat (vgl. Senatsurteil vom 1. August 2000 VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStBl II 2001, 271, m.w.N.). Rückständige Umsatzsteuer ist danach vom Geschäftsführer in ungefähr dem gleichen Verhältnis zu tilgen wie die Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern. Ist dies nicht geschehen, so liegt im Umfang des die durchschnittliche Tilgungsquote unterschreitenden Differenzbetrages eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, für die der Geschäftsführer als Haftungsschuldner einzustehen hat (= Haftungssumme). Hierzu hat das FA unter Berücksichtigung der vorhandenen Daten und Zahlen die Haftungsquote zu ermitteln oder –soweit der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann– im Schätzungswege die Quote festzustellen, die der Wahrscheinlichkeit am nächsten kommt (§ 162 AO).“

Filesharing: Aktuelle Rechtsprechung zur Nutzung des Internetanschlusses durch Familienangehörige

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Zum Filesharing hat das OLG Frankfurt erneut in einem Beschluss vom 22. März 2013 zum Az. 11 W 8/13 entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses das Nutzungsverhalten seines Ehegatten nicht hinsichtlich etwaiger Urheberrechtsverletzungen überwachen muss. In diesen Fällen trifft den Inhaber regelmäßig keine Haftung als Störer.

Das OLG Frankfurt formuliert: „Ein Ehemann kann daher seiner Ehefrau, solange er keine konkreten Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen hat, den auf seinen Namen laufenden Internetanschluss überlassen, ohne diese ständig überwachen zu müssen (mit Hinweis auf Rechtsprechung der OLG Frankfurt und Köln). Sofern der Anschlussinhaber nicht mit einer Rechtsverletzung durch seinen Ehepartner rechnen muss, sind Hinweis-, Aufklärungs- und Überprüfungspflichten diesem gegenüber unzumutbar.“

Nach der zunächst einschlägigen Rechtsprechung des BGH besteht die Vermutung dass der Anschlussinhaber als Rechtsverletzter zu betrachten ist. Entsprechende Hinweise finden sich regelmaessig in den (Muster-) Abmahnschreiben der auf Filesharing spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien. Im Rahmen der sog. sekundären Darlegungslast muss der Anschlussinhaber grundsätzlich Umstände vortragen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt. Nach oben genannter Rechtsprechung ist es hierfür aber ausreichend, wenn der er darlegen kann, dass der Anschluss auch von anderen Familienmitgliedern genutzt wird. Dadurch wird die Vermutung entkräftet, der Anschlussinhaber sei selbst Täter der Urheberrechtsverletzung.

Neben der Vermutung, der Inhaber ist selbst der Rechtsverletzer (bzw. Täter), kommt immer die Haftung des Inhabers eines Internetanschlusses als Störer in Betracht. Eine Haftung als Störer setzt voraus, dass der Inhaber des Anschlusses die Benutzung des Anschlusses und damit die Möglichkeit zu einer Urheberrechtsverletzung durch diese Benutzer für weitere Personen ermöglicht hat und dabei Prüfpflichten hinsichtlich etwaiger Urheberrechtsverstöße verletzt hat.

Nach nunmehr überwiegender Rechtsprechung treffen einen Anschlussinhaber gegenüber Ehegatten oder volljährigen Familienmitgliedern derartige Prüfpflichten aber nicht (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2012 zum Az. 1 BvR 2365/11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. März 2013 zum Az. 11 W 8/13, mit weiteren Nachweisen). Der Bundesgerichtshof hat hierzu bislang noch keine Stellung bezogen. Das oben erwähnte Morpheus-Urteil legt jedoch nahe, dass auch der Bundesgerichtshof sich dieser Ansicht anschließen wird.

Betrug mit „Business Proposal“

Als Rechtsanwalt hat man in letzter Zeit sehr viel damit zu tun, soganannte Business Proposals per E-Mail zu empfangen, als Betrugsversuch zu identifizieren und den Absender beim E-Mail-Provider zu sperren.

Glücklicherweise sind die Fälle sehr ähnlich und daher schnell zu erkennen. Es fängt damit an, dass jemand plötzlich über sehr viel Geld verfügt, meistens sind es 15 – 30 Mio. US-$. Es ist dann ein Notar oder Rechtsanwalt, der so viel Geld eines Mandanten auf dem Konto hatte. Der Mandant (und häufig auch „die ganze Familie“) ist dann (meistens alle gleichzeitig an einem Tag) gestorben. Und jetzt weiß er leider ohne meine Hilfe nichts mit dem Geld anzufangen.

Heute bekam ich folgenden Vorschlag zugesandt:

From the Desk of: Engr RONI DAMBA
Director, Project Implementation

DIRECT TEL: + 27739726031
Email: ronidamba2012@yandex.com

DEPARTMENT OF MINERALS AND ENERGY
Mineral Centre, 234 Visagie Street,
Pretoria 0001 RSA.

URGENT BUSINESS PROPOSAL.

Good day,

I know this mail will come to you as a surprise, please do not be skeptical as it’s for good intention. It’s after my official enquiry from the foreign trade office of the chambers of commerce & industry here in Johannesburg South Africa, that I decided to contact you but I did not disclose the intention to anyone else because of the delicate nature of the project. I found your profile very interesting and decided to reach you directly to solicit for your assistance and guidelines in making a business investment and transfer of

US$32,000,000.00(Thirty Two Million Dollars) to your country within the next few days

Please I must plead for your confidence in this transaction. I am a high placed official working with Department of (Minerals and Energy) in Johannesburg. I and two other colleagues are currently in need of a silent foreign partner whose identity we can use to transfer this sum of money.

But at this moment, I am constrained to issue more details about this profitable business investment until I get your response by email, please if you can take out a moment of your very busy schedule today to respond back to my private email below for more details and include your private telephone number in your response which I and my colleagues will highly appreciate.

This fund accrued legitimately to us as commission from foreign contracts, through our private connections.

The fund is presently waiting to be remitted from the bank here in South Africa to any overseas beneficiary confirmed by us as associate/receiver. By virtue of our positions as civil servants in my country, we cannot acquire this money in our names.

Because as high placed civil servants, we are not allowed by the civil service code of conduct to own or operate bank accounts outside of our shores. On the other hand, it is not safe for us to keep the money here due to unstable political environment. I have been mandated as a matter of trust by my colleagues, to look for an overseas silent partner who could work with us to facilitate transfer of this fund for our mutual benefit, Hence the reason for this email.

My proposal is that after you receive the funds, it would be shared as follows: 30% (US$9,600,000.00), to you as commission for your co-operation and assistance in facilitating the transfer, 10% has been map out for any taxation fee that might occur during the course of this transfer while the remaining 60% (US$19,200,000.00) belongs to me and two colleagues. You will be free to take out your commission immediately after the money hits your account in your country. Since our objective is to invest the money in a foreign country, it would be appreciated if you could also help us with advices and direction on investing into profitable ventures in your country.

However, this is optional, and if it is not convenient for you to further to assist us with investing the money, we can end our cooperation after you make available to me our part of the money. The transaction, although discreet, is legitimate and the money will be transferred successfully with all necessary back-up official documents showing the legitimate source/origin of fund.

The transfer will be affected within a period not longer than two weeks as soon as we reach an agreement and you furnish me with a suitable response indicating your interest for processing the transfer. I plead with you on one issue, whether you are interested or not, kindly do not expose this information to any one else. I confirm that the transaction is legitimate and without any risks either to yourself or us.

Regards,

Engr. RONI DAMBA
Email: ronidamba2012@yandex.com

DEPARTMENT OF MINERALS AND ENERGY
REPUBLIC OF SOUTH AFRICA

Der Absender – angeblich Regierungsmitarbeiter in Südafrika – verfügt nur über eine @yandex.com Adresse, nicht aber ueber eine Adresse mit der Domain der Koerperschaft, der er angeblich angehoert. Andere Betrueger benutzen @gmail.com @yahoo.com oder aenliche Adressen. Spätestens hier ist klar, dass es sich um einen Betrug handelt.

Der Betrugsplan sieht dann so aus:

Geht man auf den Vorschlag ein, erhaelt man einen ungedeckten Scheck, bezogen auf eine Bank in Afrika oder Asien. Wenn man den Scheck der Hausbank gibt, schreibtfidiese den Betrag vorlaeufig gut und versucht ihn bei der bezogenen Bank einzuziehen. Bis dann die Mitteilung kommt, der Scheck sein nicht gedeckt vergehen moeglicherweise vier Wochen. In der Zwischenzeit melden sich die Betrueger und versuchen den Scheckempfaenger dazu zu veranlassen, den „vereinbarten“ Teilbetrag an sie zu ueberweisen, wiederum auf ein Konto in einem rechtlich unerreichbaren Land. Die Ueberweisung koennte u.U. durchgefuehrt werden, auch wenn es sich um mehrere Millionen handelt, da der Scheckbetrag ja noch als Guthaben auf dem Konto erscheint.

Leider sind die Absender nicht zu ermitteln. Betrugsanzeigen gegen Unbekannt laufen ins Leere.

Es bleibt nur der Ärger über die sinnlose Beschäftigung.

Melissa Nelsons Kündigungsgrund „zu sexy“ im Lichte des Deutschen Arbeitsrechts

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Ueber den Fall hatten auch deutsche Medien berichtet, so z.B. der Spiegel:

Zehn Jahre lang hatte Melissa Nelson als Zahnarzthelferin für James Knight gearbeitet. Nelson sei „die beste Assistentin“ gewesen, die er je hatte, sagte Knight, doch schließlich kündigte er ihr. Als Grund gab er laut den Medienberichten an: Nelson sei einfach „unwiderstehlich“ (= zu sexy). Dies bedrohe sein Geschäft, seine Ehe und das Wohl seiner Familie.

Nelson hatte sich offenbar bei der Arbeit nie etwas zuschulden kommen lassen. Sie war jedoch zumindest in den Augen ihres Arbeitgebers sehr attraktiv (= zu sexy). Nach neun Jahren hatte Knight offenbar das erste Mal gemerkt, dass ihn die angeblich hautenge Kleidung seiner Assistentin von der Arbeit ablenke. Er schrieb ihr anzügliche SMS-Botschaften: „Wenn sich meine Hose wölbt, wissen Sie, dass Ihre Klamotten zu knapp sind.“ Knight gab an, dass er Melissa nicht mehr länger widerstehen könne und eine Affäre begonnen hätte. Offenbar hatten der Arzt und seine Assistentin recht offene Gespräche geführt: Als sich Nelson über ein unregelmäßiges Sexleben mit ihrem Mann beschwerte, beschrieb Knight seine Gefühlslage so: „Das ist, als habe man einen Lamborghini in der Garage stehen, den man nicht fahren darf.“ Der Arzt machte die Assistentin zudem wiederholt mit unpassenden Bemerkungen darauf aufmerksam, dass ihm ihre Kleidung zu freizügig sei.

Zu sexuellen Kontakten war es jedoch nie gekommen. Die junge Frau und verheiratete Mutter klagte gegen ihre Entlassung, insbesondere wegen sexueller Diskriminierung.

Schon in der ersten Instanz hatte das Gericht zugunsten des Zahnarztes entschieden. Jetzt hat das Oberste Gericht von Iowa diese Entscheidung bestätigt: Führungspersonen dürfen Angestellte entlassen, die ihnen als Bedrohung der eigenen Ehe erscheinen, schrieb das Gericht in der Urteilsbegründung. Weiter hieß es: bei der Entlassung spielten die Gefühle des Arztes, nicht das Geschlecht der Gehilfin die Hauptrolle.

Das Gericht stellt damit auf den Arbeitgeber ab und nicht auf eine Eigenschaft der Arbeitnehmerin. Damit hat es die heikle Frage, ob Frau Nelson im Rahmen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich als „zu attraktiv“ oder „zu sexy“ zu bewerten sei, geschickt umgangen. Insbesondere ist das Gericht damit auch einer Beweisaufnahme aus dem Weg gegangen, in der es sich nach freier Überzeugung (§ 286 ZPO) ein Bild über Mass, Umfang und Gefährlichkeit von Frau Nelsons weiblicher Attraktivität hätte machen müssen.

Ob eine Kündigung mit dieser Begründung nach Deutschem Recht rechtmäßig wäre, untersuche ich im Folgenden.

1. Kündigungsgründe
Nach § 1 des Kündigungsschuzgesetz ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. In dieser Vorschrift hat man den Ausgangspunkt für die Beurteilung des Falles nach Deutschem Arbeitsrecht gefunden.
In den Schilderungen des Falles gibt es Hinweise für einen personenbedingten Kündigungsgrund (zu attraktiv) und für einen verhaltensbedingten Kuendigungsgrund (Tragen zu freizuegiger Kleidung).

2. Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung kommt im Allgemeinen in Frage, wenn ein Mitarbeiter aufgrund von charakterlichen, fachlichen, körperlichen oder gesundheitlichen Gründen, die nicht in seinem Einflussbereich liegen, für eine Tätigkeit nicht (mehr) geeignet erscheint. Voraussetzung ist jeweils, dass durch diese persönlichen Mängel die betrieblichen Abläufe erheblich gestört und dem Arbeitgeber deshalb nicht zugemutet werden können.
Vordergründig scheint man den Fall von Frau Melissa Nelson unter diese Definition subsummieren zu können. Es liegen körperliche Gruende vor, die betrieblichen Abläufe erheblich stören und dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden können.
Ich gehe davon aus, dass ein Deutsches Gericht dem Arbeitgeber bei einer Gesamtabwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände eine derartige störung der Betriebsabläufe zumuten wird.

3. Verhaltensbedingte Kündigung
Unternehmen können im Rahmen ihres Weisungsrechts den Mitarbeitern vorschreiben, welche Kleidung sie während der Arbeit zu tragen haben. Weigert sich ein Mitarbeiter beharrlich die entsprechende Kleidung zu tragen, so liegt hierin eine schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.
Das Arbeitsgericht Cottbus hat entschieden (Urteil vom 20.03.2012, Az.: 6 Ca 1554/11):
Das Weisungsrecht nach § 106 GewO gibt dem Arbeitgeber das einseitige Recht, die im Arbeitsvertrag für gewöhnlich nur abstrakt geregelte Leistungspflicht nach Zeit, Ort und Art der Leistung näher zu konkretisieren. Dabei hat er unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die gegenseitigen Interessen untereinander abzuwägen. Zwar werde im vorliegenden Fall dem Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, durch eine individuelle Kleidung seinem Erscheinungsbild eine persönliche Note zu geben. Diese wird aber hier vom betrieblichen Interesse an einem einheitlichen Erscheinungsbild aller Mitarbeiter überlagert und war somit auch vom Weisungsrecht der Beklagten gedeckt und angemessen.

4. Abmahnung
Nach deutschem Recht ist in der Regel (mindestens) eine Abmahnung erfoderlich. Hier stellt sich die Frage, ob eine SMS mit dem Inhalt „Wenn sich meine Hose wölbt, wissen Sie, dass Ihre Klamotten zu knapp sind“ den Anfoderungen die die Deutschen Gerichte an Abmahnungen stellen, genügt.

Keine besonderen Voraussetzungen werden an die Form der Abmahnung gestellt. Diese kann daher sowohl muendlich, als auch schriftlich ausgesprochen werden. Zwar ist derzeit kein Urteil ersichtlich, das eine in Form einer SMS verfassten Abmahnung behandelt. Das Bundesarbeitsgericht urteilt jedoch (mittlerweile in ständiger Rechtsprechung, vgl. BAG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 2 AZR 603/07, m.w.N.), der Arbeitnehmer könne auch einer formell unwirksamen Abmahnung entnehmen, dass der Arbeitgeber sein Verhalten nicht billigt. Er bleibe daher trotz Formfehlers der Abmahnung abgemahnt. Demnach duerte die Versendung der Abmahnung als SMS nach deutschem Recht kein Problem darstellen.

BGH zur Haftung des Insolvenzverwalters

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Bundesgerichtshof, Urteil vom 1. Dezember 2005 – IX ZR 115/01

Leitsätze:
a) Der Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter persönlich wegen Verletzung konkursspezifischer Pflichten ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch gegen die Masse nicht subsidiär.
b) Der Verwalter kann persönlich für die später nicht beitreibbaren Kosten eines Schadensersatzprozesses einzustehen haben, den ein Gläubiger wegen Nichterfüllung eines Aussonderungsrechtes gegen die Masse geführt hat.

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. März 2001 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von weiteren 14.391,70 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Tatbestand:
Der Beklagte war Verwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der H. GmbH, die vom Kläger Stahlbleche zur Absicherung von Baugruben gemietet hatte. Am 26. Oktober 1995 wurde er als Konkursverwalter verurteilt, die gemieteten Stahlbleche an den Kläger herauszugeben sowie rückständigen Mietzins in Höhe von 51. 429, 73 DM zu zahlen (LG Hildesheim 10 O 138/94). Mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 1995 setzte der Kläger ihm eine Frist zur Herausgabe des Stahls und kündigte an, nach Ablauf der Frist gemäß § 283 BGB a.F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Der Beklagte gab den Stahl nicht heraus. Am 26. November 1998 wurde er – ebenfalls in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter – zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 53.946,98 DM sowie weiteren Mietzinses in Höhe von 95.931,85 DM verurteilt (LG Hildesheim 25 O 179/97). Am 4. Dezember 1998 zeigte der Beklagte Masseunzulänglichkeit an.

Mit seiner am 17. Januar 2000 beim Landgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Beklagten persönlich auf Schadensersatz in Höhe von 149.778,83 DM nebst Zinsen wegen des nicht herausgegebenen Stahls und des nicht gezahlten Mietzinses in Anspruch genommen. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage wegen des nicht herausgegebenen Stahls zur Zahlung von 53.946,98 DM nebst Zinsen verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat hilfsweise zum Anspruch auf Schadensersatz wegen des Mietzinses Erstattung der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 in Höhe von 14.391,70 DM verlangt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat es den Schadensersatzanspruch des Klägers hinsichtlich des Stahls wegen Mitverschuldens um die Hälfte gekürzt.

Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils sowie – entsprechend dem bisherigen Hilfsantrag – die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz der Prozesskosten. Der Beklagte, der unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben hat, beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat teilweise – nämlich hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 – Erfolg. Insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Weitergehende Ansprüche des Klägers sind verjährt.

I.
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 82 KO für gegeben erachtet. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden von 50 %, weil er sich geweigert habe, dem Beklagten die Herausgabe des Stahls durch dessen Sichtung und Markierung zu ermöglichen, obgleich ihm dies ohne größeren Aufwand möglich und daher zumutbar gewesen sei. Die für Ansprüche aus § 82 KO analog geltende Verjährungsfrist des § 852 BGB a. F. sei bei Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen. Kenntnis von Schaden und Schädiger habe der Kläger erst mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit am 4. Dezember 1998 erlangt. Bis dahin habe nur die Gefahr eines Schadenseintritts bestanden, weil an die Stelle des Herausgabeanspruchs der Zahlungsanspruch gegen die Masse getreten sei. Soweit der Kläger die Klage hilfsweise auf die nicht erstatteten Prozesskosten stütze, fehle es an einer Pflichtverletzung des Beklagten; denn dessen Rechtsverteidigung sei nicht aussichtslos gewesen, und der Kläger habe nicht vorgetragen, dass der Beklagte im Verlauf des Prozesses die Masseunzulänglichkeit habe erkennen können.

II.
Das angefochtene Urteil hat im Ergebnis Bestand, soweit der Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl abgewiesen worden ist. Denn dieser Anspruch ist verjährt.

1. Grundlage des Anspruchs des Klägers ist § 82 KO. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter allen Beteiligten für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten verantwortlich. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, die fraglichen Stahlträger und Stahlplatten bis zum Ablauf der Nachfrist nicht herausgegeben und damit sein Aussonderungsrecht (§ 43 KO) vereitelt zu haben.

a) Die Pflicht zur Erfüllung der Ansprüche aussonderungsberechtigter Gläubiger trifft den Verwalter als solchen (BGHZ 100, 346, 350; BGH, Urt. v. 5. März 1998 – IX ZR 265/97, ZIP 1998, 655, 658). Der Verwalter ist verpflichtet, Aussonderungsrechte zu beachten und an der Herausgabe der auszusondernden Gegenstände mitzuwirken (Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 60 Rn. 15). Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten haftet er aus § 82 KO (BGH, Urt. v. 5. März 1998, aaO).

b) Dass der Beklagte in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet war, steht aufgrund des Urteils des Landgerichts Hildesheim vom 26. Oktober 1995 (10 O 138/94) rechtskräftig fest. Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich zwar nicht uneingeschränkt auf den Beklagten persönlich. Im Rahmen des Anspruchs aus § 82 KO kommt ihm jedoch Tatbestandswirkung zu. Der Beklagte war als Konkursverwalter verpflichtet, Leistungen zu erbringen, zu denen ein Gericht ihn rechtskräftig verurteilt hatte.

2. Die Verjährung eines Anspruchs aus § 82 KO richtet sich nach § 852 BGB a. F. in entsprechender Anwendung (BGHZ 93, 278, 280 f; 126, 138, 144; BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 – IX ZR 114/01, WM 2005, 1421, 1422). Sie beträgt drei Jahre und beginnt mit der Kenntnis von Schaden und Schädiger, das heißt derjenigen Umstände, die eine Ersatzpflicht begründen. Maßgeblich ist die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht deren zutreffende rechtliche Würdigung (BGHZ 138, 247, 252; BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 – IX ZR 114/01, aaO).

3. Im vorliegenden Fall begann die Verjährung des Anspruchs aus § 82 KO wegen Nichtherausgabe der Stahlträger und Stahlplatten mit dem Ablauf der gemäß § 283 BGB a. F. gesetzten Nachfrist, also am 1. Februar 1996.

a) Am 1. Februar 1996 war die zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzte Frist ergebnislos verstrichen. Der Beklagte hatte die streitigen Stahlträger und Stahlplatten nicht herausgegeben. Rechtsfolge des fruchtlosen Ablaufs einer nach § 283 BGB a. F. gesetzten Frist ist das Erlöschen des Erfüllungsanspruchs des Gläubigers (§ 283 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB a. F.), hier also des Herausgabeanspruchs. Der Verlust des Herausgabeanspruchs stellt bereits einen Schaden im Rechtssinne dar, nicht, wie das Berufungsgericht meint, nur eine Vermögensgefährdung. Der Kläger hat eine Rechtsposition, die er bis zum Ablauf der Nachfrist innehatte, endgültig eingebüßt. Der Anspruch aus § 283 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB a. F. setzt voraus, dass ein Schaden entstanden ist, der nunmehr ausgeglichen werden muss; er kann nicht dazu führen, das Vorhandensein eines Schadens zu verneinen.

b) Der Schaden war damit auch im Sinne des § 82 KO eingetreten, nicht nur im Rahmen des § 283 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.

aa) Entgegen der Ansicht des Klägers war eine gesonderte Fristsetzung gegenüber dem Beklagten persönlich nicht erforderlich. Der Beklagte war nur in seiner Eigenschaft als Verwalter zur Herausgabe des Stahls verpflichtet. Persönlich traf ihn keine entsprechende Verpflichtung. Er haftet (nur) auf Schadensersatz, wenn und soweit er ihm gegenüber den Verfahrensbeteiligten obliegende Verwalterpflichten nicht erfüllt und diesen dadurch Schaden zugefügt hat.

bb) Nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensrechts wird ein Schadensersatzanspruch regelmäßig nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschädigte sich wegen des entstandenen Vermögensnachteils auch an einen Dritten halten kann (BGHZ 120, 261, 268; BGH, Urt. v. 24. Januar 1997 – V ZR 294/95, WM 1997, 1062, 1063; v. 26. Juni 1997 – IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946, 2948; v. 19. Juli 2001 – IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Das folgt schon aus § 255 BGB. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Geschädigte auch dann vollen Schadensersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht. Haften die in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen als Gesamtschuldner, kann der Gläubiger gemäß § 421 BGB nach seinem Belieben die Leistung ganz oder zu einem Teil von jedem der Schuldner fordern, ohne dass diese auf den jeweils anderen verweisen könnten.

c) Der Kläger war schließlich auch nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, zunächst den Anspruch gegen die Masse durchzusetzen oder dies zumindest zu versuchen. Der Anspruch aus § 82 KO gegen den Verwalter persönlich steht gleichrangig neben einem Anspruch aus anderem Rechtsgrund gegen die Masse (RGZ 144, 179, 182; BGH, Urt. v. 3. Juni 1958 – VIII ZR 326/56, LM § 82 KO Nr. 1; Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 82 KO Anm. 1d; Hanisch, Rechtszuständigkeit der Konkursmasse, S. 138 f; Lüke, Die persönliche Haftung des Konkursverwalters, S. 192 ff., K. Schmidt, KTS 1976, 191, 206; vgl. auch MünchKomm-InsO/Brandes, §§ 60, 61 Rn. 112; Braun, InsO 2. Aufl. § 60 Rn. 28; Smid, InsO 2. Aufl. § 60 Rn. 28; Nerlich/Römermann/Abeltshauser, InsO § 60 Rn. 52; aA Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 82 Rn. 2c, 14; Johlke WuB VI B § 82 KO 1. 88). Eine Primärhaftung der Masse, die Ansprüche gegen den Verwalter persönlich zunächst ausschließt, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Sie folgt auch nicht (entgegen Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 82 Rn. 2c) aus einer entsprechenden Anwendung der Zurechnungsnorm des § 31 BGB, die es ermöglichen soll, die Masse für die Verletzung vertraglicher oder deliktischer Pflichten durch den Verwalter haften zu lassen. Haften sowohl der Verwalter persönlich als auch die Masse, folgt daraus kein Vorrang des einen oder des anderen Anspruchs. Vom 1. Februar 1996 an hätte der Kläger den Beklagten also sowohl persönlich als auch in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens in Anspruch nehmen können.

d) Der Kläger kannte alle tatsächlichen Umstände, die einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen den Beklagten persönlich begründeten. Das gilt insbesondere für die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung und den fruchtlosen Ablauf der gesetzten Frist. Ob er wusste, dass neben dem Anspruch gegen die Masse ein Anspruch gegen den Beklagten persönlich bestand, der innerhalb von drei Jahren verjährte, ist für den Beginn der Verjährungsfrist nicht von Bedeutung. Bei Eingang der Klage am 17. Januar 2000 war die Frist des § 852 BGB von drei Jahren längst verstrichen; der Anspruch aus § 82 KO war verjährt.

III.
Nicht bestehen bleiben kann das Urteil, soweit es den hilfsweise geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Schadensersatz hinsichtlich der Kosten des Vorprozesses 25 O 179/97 aberkannt hat.

1. Grundlage dieses Anspruchs ist ebenfalls § 82 KO. Der Schadensersatzprozess gegen die Masse wurde deshalb erforderlich, weil der Beklagte als Konkursverwalter den titulierten Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Stahlträger und Stahlplatten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt hat.

Dadurch, dass der Beklagte den nach § 283 BGB a. F. entstandenen Schadensersatzanspruch nicht unverzüglich erfüllt hat, sondern es auf einen weiteren Prozess gegen die Masse hat ankommen lassen, hat er erneut gegen konkursspezifische Pflichten gegenüber dem Kläger als Aussonderungsberechtigten verstoßen.

a) Grundsätzlich obliegen dem Konkursverwalter bei Führung eines Prozesses keine konkursspezifischen Pflichten gegenüber dem Prozessgegner.

Die Konkursordnung begründet keine Verpflichtung des Verwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Prozesses die Interessen des Prozessgegners an einer eventuellen Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen (BGHZ 148, 175, 179; BGH, Urt. v. 2. Dezember 2004 – IX ZR 142/03, WM 2005, 180, 181, z. V. b. in BGHZ 161, 236). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Verwalter nicht Kläger, sondern Beklagter eines Zivilprozesses ist.

b) Im vorliegenden Fall geht es demgegenüber um den Anspruch eines Aussonderungsberechtigten, dessen Aussonderungsrecht der Beklagte durch die Nichterfüllung des Herausgabeanspruchs innerhalb der gemäß § 283 BGB a. F. gesetzten Nachfrist endgültig vereitelt hatte. Die konkursspezifischen Pflichten des Verwalters einem solchen Gläubiger gegenüber enden nicht mit dem Unmöglichwerden der Herausgabe, sondern setzen sich hinsichtlich etwaiger Sekundäransprüche – hier: des Anspruchs aus § 283 BGB a. F. – fort.

Andernfalls würde der Verwalter Vorteile aus seinem vorangegangenen pflichtwidrigen Verhalten ziehen. Ebenso, wie er das Recht eines aussonderungsberechtigten Gläubigers zu respektieren hat, hat er dessen berechtigte Schadensersatzansprüche zu erfüllen. Unterlässt er dies, haftet er ebenso aus § 82 KO, wie er für die Verletzung von Aussonderungsrechten einzustehen hätte. Diese Haftung kann auch die Kosten eines Prozesses umfassen, den der Gläubiger aufgrund eines in dieser Hinsicht pflichtwidrigen Verhaltens des Verwalters führen muss und die er wegen der später eingetretenen Unzulänglichkeit der Masse nicht erstattet erhält.

2. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt einer eigenen Verjährung.

a) Hat eine einzige, in sich abgeschlossene Verletzungshandlung mehrere Schadensfolgen ausgelöst, beginnt nach dem Grundsatz der Schadenseinheit (BGHZ 33, 112, 116; 67, 372, 373; BGH, Urt. v. 3. Juni 1997 – VI ZR 71/96, BGHR § 852 Abs. 1 Folgeschäden 1; Urt. v. 24. Mai 2005 – IX ZR 114/01, WM 2005, 1421, 1422) die Verjährungsfrist bereits, sobald irgendein (Teil-) Schaden entstanden ist. Das gilt auch für nachträglich auftretende, zunächst also nur drohende Folgen, die überhaupt als möglich vorhersehbar sind. Haben sich hingegen mehrere selbstständige Handlungen des Schädigers ausgewirkt, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig mit den jeweils dadurch verursachten Schäden gesondert zu laufen (BGHZ 71, 86, 94; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650; v. 12. Februar 1998 – IX ZR 190/97, WM 1998, 786, 788; v. 14. Juli 2005 – IX ZR 284/01, WM 2005, 2106, 2107).

b) Die Pflicht, berechtigte Schadensersatzansprüche eines zuvor aussonderungsberechtigten Gläubigers zu erfüllen, schließt an die Pflicht zur Wahrung des Aussonderungsrechts an. Sie umfasst in der Regel jedoch die erneute Prüfung des Rechts des Gläubigers und des Schadensumfangs. Fehler führen zu neuen, selbstständigen Schadensersatzansprüchen, die selbstständig verjähren.

c) Der durch die Nichterfüllung des Schadensersatzanspruchs verursachte Kostenschaden ist mit Zustellung der am 21. Oktober 1997 bei Gericht eingegangen Klage im Verfahren LG Hildesheim 25 O 179/97 eingetreten. Ein Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten entsteht – aufschiebend bedingt – bereits mit der Zustellung der Klage (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1974 – V ZR 86/73, WM 1975, 97, 98; v. 5. Juli 1988 – IX ZR 7/88, ZIP 1988, 1068; v. 25. Mai 1992 – V ZR 108/91, NJW 1992, 2575; Beschl. v. 17. März 2005 – IX ZB 247/03, ZIP 2005, 817, 818). Frühestens damit begann auch die Verjährungsfrist. Diese Frist ist rechtzeitig vor Ablauf der Drei-Jahres-Frist des § 852 BGB a. F. unterbrochen worden (§ 209 Abs. 1 BGB a. F.). Der Kläger hat die Klage erstmals im Schriftsatz vom 27. Juni 2000 auch auf die Kosten des Vorprozesses gestützt.

Dieser Schriftsatz, der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangen ist, ist – zu Recht – nicht förmlich zugestellt worden.

Rechtshängig wurde der Anspruch mit Zustellung der Berufungsbegründung am 4. Oktober 2000, die am 29. September 2000 – damit rechtzeitig – bei Gericht eingegangen ist.

IV.
1. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz des Wertes des nicht herausgegebenen Stahls sind weitergehende Feststellungen nicht erforderlich (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.). Es bleibt bei dem klagabweisenden Urteil des Berufungsgerichts.

2. Ob die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erstattung der anteiligen Kosten des Vorprozesses erfüllt sind, lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem bisherigen Vorbringen der Parteien nicht entnehmen.

Der Beklagte war auch im Hinblick auf die übrigen Verfahrensbeteiligten nur verpflichtet, berechtigte Ansprüche des Klägers zu erfüllen, die aus der unterlassenen Herausgabe des im Eigentum des Klägers stehenden Stahls entstanden waren. Ob und in welcher Höhe der Kläger den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert hatte, bevor er die Klage einreichte, ergibt sich aus den Akten nicht. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das – nachdem es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat – die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben wird (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.).

3. Für die weitere Verhandlung der Sache weist der Senat auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:

a) Der Anspruch wird gegebenenfalls nicht die gesamten Kosten des Vorprozesses LG Hildesheim 25 O 179/97 umfassen, sondern nur denjenigen Teil, der auf den Anspruch auf Schadensersatz für den nicht herausgegebenen Stahl entfällt. Der Kläger hatte in jenem Prozess nicht nur Schadensersatz verlangt, sondern auch weiteren Mietzins. Insoweit gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze. Den Verwalter treffen keine konkursspezifischen Pflichten hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs des Prozessgegners (vgl. BGHZ 148, 175, 179; BGH, Urt. v. 2. Dezember 2004, aaO).

b) Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers wird nicht wegen eines Mitverschuldens (§ 254 BGB a. F.) zu kürzen sein.

aa) Die Vorschrift des § 254 BGB enthält eine Ausprägung des in § 242 BGB festgelegten Grundsatzes von Treu und Glauben. Sie beruht auf der Überlegung, dass jemand, der diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche hinnehmen muss, weil es im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem unbillig erscheint, dass jemand für den von ihm erlittenen Schaden trotz eigener Mitverantwortung vollen Ersatz fordert (BGHZ 135, 235, 240; BGH, Urt. v. 22. September 1981 – VI ZR 144/79, NJW 1982, 168).

bb) Die Identifizierung des Stahls wäre für den Kläger mit beträchtlichem Aufwand verbunden gewesen. Der Stahl befand sich weder an der früheren Baustelle in Bremerhaven noch auf dem Betriebsgelände der Gemeinschuldnerin, sondern bei der He. GmbH in Lehrte; der Kläger betreibt seinen Stahlhandel jedoch in Dortmund. Vor allem aber lässt sich weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Vorbringen des Beklagten entnehmen, dass die Mitwirkung des Klägers unbedingt erforderlich war. Die Stahlträger und Bleche sind zwar im Prozess des Beklagten gegen die He. GmbH einerseits, im Prozess des Klägers gegen den Beklagten andererseits unterschiedlich beschrieben worden; auch die jeweils angegebenen Maße stimmen nicht überein.

Der Geschäftsführer He. der He. GmbH, welche die Stahlträger ausgebaut hat, war jedoch zugleich der frühere Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, welche die Stahlträger zuvor eingebaut hatte. Der Gemeinschuldner ist grundsätzlich verpflichtet, an der Verwaltung und Verwertung des zur Masse gehörenden Vermögens mitzuwirken (Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 117 Rn. 13a ff). Die Erfüllung dieser Pflicht hätte der Beklagte erforderlichenfalls gemäß § 101 Abs. 2 KO erzwingen können. Seinem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass er – nachdem er den Titel gegen die He. GmbH erwirkt hatte – überhaupt irgendetwas unternommen hat, um die He. GmbH zur Herausgabe des Stahls zu veranlassen.

cc) Die Vorschrift des § 254 Abs. 1 BGB a. F. setzt überdies voraus, dass sich das Verschulden des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens ausgewirkt hat. Ein Unterlassen ist dann für einen Erfolg kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte (BGH, Urt. v. 17. Oktober 2002 – IX ZR 3/01, WM 2002, 2325, 2326). Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 254 BGB – damit auch für die Kausalität des beanstandeten Verhaltens des Geschädigten für den eingetretenen Schaden – ist der Schädiger (BGH, Urt. v. 29. September 1998 – VI ZR 296/97, NJW 1998, 3706, 3707). Jeglicher Vortrag des Beklagten dazu fehlt.

OLG Düsseldorf; Urteil vom 18.07.1997 Az.: 22 U 3/97

Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin erbringt Software-Leistungen.

Die Beklagte, die bundesweit Baumärkte und Selbstbedienungs-Warenhäuser betreibt, wollte für ihren Geschäftssitz in D. und die daran angebundenen Filialen ein zentrales EDV-Warenwirtschaftssystem in den Bereichen Bestellwesen, Rechnungsprüfung, Wareneingang, Lagerbestand, Bestandsänderungen und Inventur einführen. Hierzu unterzeichneten die Parteien am 31.1.1990 einen von der Klägerin gestellten „Service-Vertrag für Systemberatung“ mit dem Titel „Systemanalyse für die Entwicklung eines Warenwirtschaftssystems“ (Bl. 25 GA). Als „Gegenstand der Dienstleistungen“ sind „Ist-Analyse und Erstellung eines Soll-Konzeptes“ angegeben. Am 27.3.1990 übergab die Klägerin der Beklagten ihr schriftliches „Ergebnis der Systemanalyse für die Entwicklung und Einführung eines Warenwirtschaftssystems mit Filialanbindung für das Datenbanksystem IBM System AS/400“ (Auszug in Anlage B 1), auf dessen Grundlage die Parteien ihre Zusammenarbeit fortsetzten. Am 27.4.1990 unterzeichneten sie einen weiteren Formularvertrag der Klägerin mit dem Titel „Modifikation und Programmierung der Stammdaten AS/400“ (Bl. 26 GA). In der Rubrik „Gegenstand der Dienstleistungen“ ist auf die „Systemanalyse vom 27.3.1990“ verwiesen. Ferner sind ein auf Stundenlohnbasis errechneter Schätzpreis in Höhe von 118.980,- DM (netto) und als „geplantes Enddatum“ der 30.6.1990 eingetragen.

In der Folgezeit erteilte die Klägerin Einzelrechnungen, welche die Beklagte bis ca. Ende 1991 in Höhe von mindestens 1.031.389,60 DM beglich. Danach lehnte sie Zahlungen ab und forderte die Klägerin mit diversen Schreiben (Anlagen B 6 – 8, 10 – 14, 17) zur Beseitigung von Mängeln auf. Zudem legte sie unter dem 9.3.1992 einen „Anforderungskatalog WWS-Stammdaten“ vor (Anlage B 5). Als sich herausstellte, daß die Klägerin die Kosten der Fertigstellung mit weiteren 900.000,- DM veranschlagte, kam es im Herbst 1992 zur Beendigung der Vertrages (Bl. 67 GA). Die Beklagte erwarb eine andere Software, die sie seither ohne Beanstandung nutzt.

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Bezahlung von 15 Rechnungen (Bl. 27 – 46 GA) in Höhe von insgesamt 149.972,13 DM für von Dezember 1991 bis zur Vertragsbeendigung erbrachte Leistungen.

Sie hat vorgetragen: Die Beklagte schulde die Rechnungsbeträge als Dienstlohn. Die Parteien hätten keinen Werkvertrag, sondern einen Dienstvertrag geschlossen. Sie habe von der Beklagten Dienstleistungsaufträge erhalten mit dem Inhalt, deren Mitarbeiter bei der Konzeption eines EDV-Warenwirtschaftssystems zu unterstützen. Demgemäß fehle ein Pflichtenheft und somit eine für den Werkvertrag charakteristische Leistungsbeschreibung. Sie habe sämtliche berechneten Leistungen vertragsgemäß erbracht. Die angesetzten Zeiten für Besprechungen hätten der weiteren Konzeption gedient, so daß diese ebenfalls zu vergüten seien. Updates hätten Änderungswünsche der Beklagten zum Gegenstand gehabt. Die berechneten Dokumentationen seien erstellt worden. Durch die Eröffnung neuer Filialen der Beklagten habe sich die Ablauforganisation häufig geändert, woraus ständig neue Warenwirtschaftsanforderungen erwachsen seien. Der fehlende Erfolg des Warenwirtschaftsprojektes sei auf den Zeitmangel der Mitarbeiter der Beklagten für Planungs- und Entscheidungsgespräche sowie für den Test der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Programme und die Erfassung der Stammdaten zurückzuführen.

(…)

Die Beklagte (… trägt vor), es habe ein Werkvertrag bestanden, weil die Klägerin sich zur Ablieferung eines auf ihre Verhältnisse abgestimmten funktionierenden Warenwirtschaftsprogramms verpflichtet habe. Dem stehe nicht entgegen, daß die schriftliche Dokumentation über den Leistungsinhalt unzulänglich gewesen sei und ein Pflichtenheft gefehlt habe. Umfang und Inhalt der von der Klägerin zu erbringenden Leistung ergäben sich im wesentlichen aus den Protokollen des Lenkungsausschusses in Verbindung mit den Erfordernissen, die an die Funktionsfähigkeit und Praktikabilität eines auf ihre betrieblichen Notwendigkeiten zugeschnittenen Warenwirtschaftssystems zu stellen seien sowie nach dem Standard der Datentechnik. In den installierten Modulen sei es ständig zu Problemen, Fehlern und Änderungsnotwendigkeiten gekommen. Die Klägerin habe zu keiner Zeit eine dem Stand der Technik und den individuellen Erfordernissen genügende Software geliefert. Die Mängel würden dokumentiert durch die vorgelegten Fehlerprotokolle, das Workshop-Protokoll vom 7.2.1992 und den Anforderungskatalog vom 9.3.1992. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin für die Mängelbeseitigung 200.000,- DM verlangt und für die übrigen Module zusätzliche 700.000,- DM kalkuliert habe, sei sie nicht mehr gehalten gewesen, ihr eine Nachfrist zu setzen, zumal die bis dahin gerügten Mängel ohnehin nicht oder nur in geringem Umfang beseitigt worden seien. Im übrigen seien die Rechnungen sachlich nicht gerechtfertigt.

Durch Urteil vom 26.11.1996 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Trotz der Bezeichnung der Leistungen in § 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin handele es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht um einen Dienst-, sondern um einen Werkvertrag, den die Beklagte gekündigt habe. Dadurch habe sich der Gegenstand des Werkvertrages auf das bis dahin erbrachte Teilwerk beschränkt. Die von der Klägerin entwickelten und installierten Programme arbeiteten unstreitig nicht fehlerfrei und seien für die Beklagte unbrauchbar. Daher stehe der Klägerin die begehrte Vergütung nicht zu. Zudem habe sie trotz der Hinweise der Kammer im Verhandlungstermin vom 5.11.1996 nicht dargetan, daß der mit der Klage geltend gemachte Vergütungsanspruch sich ausschließlich auf mängelfreie Arbeiten im Rahmen des ihr erteilten Auftrages beziehe.

(…)

Mit der Berufung gegen dieses Urteil verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Sie trägt vor: Sie habe nur die Arbeitsleistung als solche geschuldet. An mehreren Stellen im Vertrag sei von zu erbringenden „Dienstleistungen“ die Rede. Auch in den Protokollen habe die Beklagte selbst von „Dienstleistungen“ gesprochen. Entscheidend für die Einordnung des Vertrages als Dienstvertrag sei aber die Vereinbarung von Stundensätzen und das in § 2 der „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ geregelte folgenlose Kündigungsrecht der Beklagten. Dementsprechend hätten die Parteien ein körperlich faßbares Ergebnis zu Beginn der Zusammenarbeit nicht beschreiben können, weil die Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen sei. So habe auch kein Pflichtenheft erstellt werden können. Erst als die Beklagte im Februar 1992 konzeptionelle Probleme geltend gemacht habe, sei beschlossen worden, einen Anforderungskatalog und ein Pflichtenheft zu erarbeiten. Sie habe Tätigkeiten ausgeführt, die selbst unter sonst werkvertraglichen Bedingungen als Dienstleistungen einzuordnen wären. Immerhin habe die Beklagte bis Ende 1991 insgesamt 1.031.389,60 DM gezahlt, was als ihre Zustimmung zu werten sei. Im übrigen habe man sich nach Gesprächspunkt 3 des Protokolls vom 12.6.1992 (Anlage T 42) auf geschätzte Kosten für die Realisierung des Anforderungskataloges von 200.000,- DM, gegebenenfalls mit einem Nachlaß in Höhe von 15.000,- DM für den Wegfall bestimmter Maßnahmen, verständigt. Es sei mithin nicht nur die Leistungserbringung bis dahin nicht in Frage gestellt worden, sondern man habe sich auch auf die Berechtigung der bis dahin erhobenen Forderungen und die Kosten für die Fortsetzung der Arbeiten geeinigt.

(…)

Die Beklagte (…) trägt vor:
Bereits der Auftrag vom 31.1.1990 habe eine Systemanalyse für die Entwicklung eines Warenwirtschaftssystems zum Gegenstand gehabt und die Klägerin daher ein sogenanntes Pflichtenheft erstellen müssen. Die Leistungen der Klägerin hätten sich nur verzögert, weil sie dieser Pflicht nicht genügend nachgekommen sei. Die Anzahl der Filialen sei für das Funktionieren des Systems unwichtig gewesen, so daß die Klägerin nicht darauf verweisen könne, daß im Verlauf des Projektes neue Filialen hinzugekommen seien. Zu Recht sei das Landgericht als unstreitig davon ausgegangen, daß die Leistungen der Klägerin mangelhaft gewesen seien. Besonders gravierend sei die unzumutbar lange Laufzeit der einzelnen Arbeitsvorgänge gewesen, insbesondere bei der Erstellung der Filial- und Lieferantenlisten und im Dialog. Es hätten zukünftige Daten für Preisänderungen nicht eingegeben werden können und Mängel in der sogenannten Preispflege bestanden.

(…)

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 149.972,13 DM gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I.
1. Zu Recht hat das Landgericht den von den Parteien am 27.4.1990 geschlossenen Vertrag als Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB gewertet. Das Wesen des Werkvertrages liegt in der Erfolgsbezogenheit der Unternehmerverpflichtung. Selbst wenn diese darin besteht, durch Arbeit oder Dienstleistung einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, konzentriert sich das rechtliche Interesse des Bestellers nicht auf den Vorgang der Werkserrichtung an sich oder auf die dabei entfaltete Tätigkeit, sondern auf das Ergebnis dieses Handelns (vgl. MünchKomm-Soergel, BGB, 2. Aufl. § 631 Rdn. 4). So liegen die Dinge auch hier. Das Interesse der Beklagten war darauf gerichtet, für ihre Zentrale und die angeschlossenen Filialen ein EDV-Warenwirtschaftssystem zu erhalten. Daß dafür umfangreiche Beratungsleistungen und sonstige, eher dienstvertragstypische Leistungen, etwa die Schulung ihrer Mitarbeiter, erforderlich waren, trat gegenüber dem angestrebten Werkerfolg zurück. In der Rechtsprechung ist im übrigen anerkannt, daß die Erstellung einer einsatzreifen, auf die speziellen Bedürfnisse des Bestellers abgestimmten Individualsoftware dem Werkvertragsrecht unterliegt (vgl. BGHZ 102,135, 141 = BGH NJW 1988, 406, 407 = CR 1988, 124, 126; NJW 1990, 3011, 3012 = CR 1990, 707, 708; OLG Koblenz NJW-RR 1992, 688, 689; Senat NJW-RR 1996, 821 = CR 1996, 214/215).

Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Die von der Klägerin für einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Ob die Vertragsparteien einen Werkvertrag oder einen Dienstvertrag abgeschlossen haben, ist durch Auslegung der Vertragserklärungen zu ermitteln. Insoweit ist zwar festzustellen, daß in den in den Vertrag vom 27.4.1990 (Bl. 26 GA) einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin an verschiedenen Stellen von einem „Dienstvertrag“ (§ 6) oder von „Dienstleistungen“ (u.a.: Gegenstand der Dienstleistungen; §§ 1, 2) die Rede ist. Indes hat sich die rechtliche Einordnung vorrangig an dem wirklichen Parteiwillen zu orientieren. Maßgebend ist daher der vereinbarte Vertragszweck, der – wie angeführt – auf ein funktionierendes Warenwirtschaftssystem gerichtet war. Da nur die Klägerin über die erforderliche EDV-Kenntnisse verfügte – Herr T. , der den Anforderungskatalog der Beklagten erstellte, wurde erst ab Oktober 1991 für diese tätig – war von Beginn an klar, daß die Klägerin die notwendigen Leistungen selbst erbringen sollte. Das Funktionieren des Warenwirtschaftssystem sollte ihr als Erfolg zuzurechnen sein. Dies umfaßte auch das Risiko etwaiger Programmierungsmängel. Zwar ist in § 6 der „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ geregelt, daß Gewährleistungsansprüche nicht entstehen sollen, danach die Beklagte als Auftraggeberin die Vergütungsgefahr – untypisch für einen Werkvertrag – zu tragen hatte. Tatsächlich wurde dies jedoch nicht so gehandhabt. Vielmehr führt die Klägerin selbst an, der Beklagten die unstreitig durchgeführten Fehlerbeseitigungsarbeiten nicht in Rechnung gestellt zu haben. Dies deutet darauf hin, daß sie sich selbst mit dem Risiko einer mangelhaften Leistung belastet sah.

Ohne Erfolg verweist die Klägerin zur Begründung eines Dienstvertrages auf das in § 2 ihrer „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ eingeräumte Kündigungsrecht der Beklagten. Dieses entspricht keineswegs nur einer dienstvertraglichen Regelung. Denn auch nach dem Werkvertragsrecht kann der Auftraggeber jederzeit kündigen (§ 649 BGB). Soweit die Klägerin hervorhebt, die Kündigung sei darüber hinaus folgenlos zulässig gewesen (Bl. 146 GA), kann dies § 2 der „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ nicht zweifelsfrei entnommen werden, weil die Rechtsfolgen einer Kündigung dort jedenfalls nicht ausdrücklich geregelt sind.

Auch die Vergütungsart – Abrechnung auf Stundenlohnbasis gemäß § 7 der „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ – spricht nicht für den rechtlichen Charakter des Vertragsverhältnisses als Dienstvertrag. Zwar wird der Dienstverpflichtete typischerweise nach der Zeit seiner Tätigkeit entlohnt, der Werkunternehmer hingegen nach dem erbrachten Leistungserfolg. Eine allgemeine Regel läßt sich daraus aber nicht herleiten. Auch im Werkvertragsrecht ist die Vereinbarung von Stundenlöhnen nicht unüblich. Zu Recht verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf, daß eine Vergütung nach Stundenlohn im Baugewerbe der Annahme eines Werkvertrages gerade nicht entgegen stehe. Gleiches gilt im übrigen für den Werkvertrag des zur Anfertigung eines Gutachten verpflichteten Sachverständigen. Daß die Parteien die Form der Abrechnung nach Stundenaufwand wählten, hindert die Annahme eines Werkvertrages danach nicht (vgl. hierzu auch BGH NJW 1993, 1972 = WM 1993, 1474, 1475 = LM H.8/1993 § 649 BGB Nr. 23).

Ein Werkvertrag scheidet auch nicht aus, weil ein Pflichtenheft und damit eine konkrete Leistungsbeschreibung bei Vertragsbeginn fehlten. Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Beklagte meint, schon das schriftliche „Ergebnis der Systemanalyse“ gemäß Vertrag vom 31.1.1990 (Anlage B 1) ein Pflichtenheft darstellt, was zu verneinen wäre, wenn man darunter eine endgültige, in die Einzelheiten gehende Konkretisierung der Aufgabenstellung versteht (vgl. Zahrnt, CR 1994, 404; vgl. auch Schaub, CR 1993, 329, 330). Denn auch ohne Pflichtenheft läßt sich der für einen Werkvertrag typische Leistungserfolg hinreichend bestimmen. Dieser besteht in einer Softwarelösung entsprechend dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard (vgl. BGH NJW-RR 1992, 556, 557 = CR 1992, 543, 544; LG Köln CR 1994, 624, 625; vgl. hierzu auch Schaub, CR 1993, 329, 331), mag eine solche nach dem Vertragsschluß auch noch einer näheren Konkretisierung bedürfen (vgl. OLG Düsseldorf CR 1993, 361, 362).

2. Ist nach dem Gesagten das Vertragsverhältnis der Parteien als Werkvertrag zu qualifizieren, steht der Klägerin der geforderte Werklohn gleichwohl nicht zu.

a) Unstreitig wurde der „Service-Vertrag für Systemberatung“ vom 27.4.1990 im Jahre 1992 beendet. Wie es dazu im einzelnen gekommen ist und welche Erklärungen die Parteien hierzu abgegeben haben, ist nicht mitgeteilt. Dies bedarf indes keiner näheren Aufklärung. Insbesondere kann offen bleiben, ob die Beklagte – wie das Landgericht angenommen hat (Seite 10 des Urteils, Bl. 122 R GA) – den Vertrag gekündigt hat und ihr hierfür ein wichtiger Grund zur Seite stand, oder ob die Parteien – wie von der Klägerin in der Berufungsinstanz vorgetragen (Bl. 154 GA) – das Vertragsverhältnis einvernehmlich gelöst haben. Denn die Klägerin macht lediglich Werklohn für Leistungen geltend, die sie bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses erbracht haben will. Auf die Vergütung erbrachter Leistungen hätte sie aber – unter den nachstehend genannten weiteren Voraussetzungen – in jedem Falle Anspruch, unabhängig davon, ob sie die Vertragsbeendigung zu vertreten hatte.

b) Der Vergütungsanspruch der Klägerin setzt voraus, daß sie bis zur Vertragsbeendigung die geschuldete Werkleistung teilweise erbracht und der Beklagten zur Verfügung gestellt hat und das Teilwerk/die Teilwerke frei von Mängeln ist/sind. Diese Voraussetzungen hat die Klägerin indes nicht schlüssig dargetan. Daran scheitert ihr Anspruch. So legt sie nicht nachvollziehbar dar, welche Teilleistungen sie von Dezember 1991 bis zur Beendigung des Vertrages erbracht und der Beklagten übergeben hat, sondern behauptet nur pauschal, die berechneten Leistungen ausgeführt zu haben. Damit bleibt unklar, welche konkreten Teilergebnisse sie im einzelnen erzielt hat und wieso die geltend gemachte Vergütung auf diese Teilleistungen entfällt. Das erschließt sich auch nicht aus dem Inhalt der Rechnungen. Die dort angegebenen Leistungen sind so allgemein beschrieben, daß sie sich keiner bestimmten Teilleistung innerhalb des Warenwirtschaftssystems zuordnen lassen. Soweit die Klägerin behauptet, bestimmte Dokumentationen hergestellt zu haben, fehlt es zudem an der substantiierten Darlegung, worauf sich diese beziehen sollen und daß sie der Beklagten übergeben worden sind.

Ebensowenig legt die Klägerin dar, daß und welche Leistungen bei Vertragsbeendigung fehlerfrei waren. Die Beklagte beanstandet, daß die Laufzeiten der Bearbeitung der einzelnen Arbeitsvorgänge unzumutbar lang gewesen seien. Dies gelte insbesondere für die Erstellung der Filiallisten (Bl. 179 ff GA). Das Programm der Klägerin habe am 1.3.1992 allein für das Sammeln und Sortieren ohne Ausdruck der Listen 46 Stunden, am 15.6.1992 29,5 Stunden, am 15.7.1992 41 Stunden und am 1.12.1992 60 Stunden benötigt. Daß es solche Laufzeiten gab und diese für die Beklagte nicht hinnehmbar waren, stellt die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz vom 13.6.1997 nicht in Abrede. Sie beruft sich vielmehr darauf, „Optimierungsvorschläge“ gemacht zu haben, ohne diese jedoch näher zu beschreiben und zu erläutern, welche Verbesserungen damit erzielt worden wären. Davon abgesehen müßte die Klägerin, um die Mangelfreiheit ihrer Leistung hinreichend darzulegen, erläutern, worauf die Laufzeitprobleme zurückzuführen waren und daß diese sich alsbald und mit zumutbarem Aufwand hätten beheben lassen. Auch daran fehlt es.

Ferner war das Programm bei Beendigung des Vertrages unstreitig nicht in der Lage, zukünftige Listungsdaten zu bearbeiten. Es leuchtet aber ein, daß die vorausschauende Planung der Beklagten und die Umsetzung in den Filialen es erforderten, auch künftige Änderungen von Stammdaten eingeben und abrufen zu können. Da nur so das Programm betriebswirtschaftlich effizient eingesetzt werden konnte, hätte die Klägerin dies von vorne herein entsprechend planen müssen. Soweit sie vorträgt (Bl. 197 GA), daß dafür noch ein „nicht unerheblicher Aufwand“ notwendig gewesen wäre, bestätigt dies nur noch die Fehlerhaftigkeit ihrer Leistung.

Angesichts der aufgezeigten Mängel kommt es für den in Rede stehenden Werklohnanspruch nicht mehr darauf an, ob zusätzlich die von der Beklagten darüber hinaus geltend gemachten Programmfehler (z.B. Dialogzeiten, Aufruf „Löschen“) vorlagen.

c) Schließlich wendet die Beklagte ein, der Klägerin stünden bereits die bislang gezahlten Vergütungen von mindestens 1.031.389,60 DM nicht zu, weil die abgelieferte Leistung insgesamt unbrauchbar sei. Dies verpflichtet die Klägerin, den mit der Klage geltend gemachten Spitzenbetrag von 149.972,13 DM auch mit Blick auf die schon erhaltene Vergütung zu rechtfertigen. Sie muß darzulegen, wieso sie für die von ihr bis zur Vertragsbeendigung erbrachten Teilleistungen nicht nur den vereinnahmten Betrag von mindestens 1.031.389,60 DM, sondern auch die streitigen Rechnungsbeträge verlangen kann. An solch zusammenfassenden Vortrag fehlt es ebenfalls.

3. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin folgt auch nicht daraus, daß sich die Parteien in ihrer Besprechung vom 12.6.1992 auf die Bezahlung der streitigen Rechnungen geeinigt hätten. Das dahingehende Vorbringen der Klägerin (Bl. 152/153 GA) ist nicht nachvollziehbar und daher unsubstantiiert, weil sich aus dem überreichten Protokoll, Gesprächspunkt 3 (Anlage T 42) eine solche Einigung gerade nicht ergibt, sondern danach die Beklagte über die von der Klägerin mitgeteilten Kosten und das weitere Vorgehen erst noch entscheiden sollte, wie insbesondere aus dem Terminvorschlag über das weitere Vorgehen (letzte Seite des Protokolls: „Entscheidung Götzen…bis 17.07.92“) erhellt.

(…)

Kammergericht Berlin entscheidet:

Kurzmitteilung

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Rechtsanwalt Dr. Dietmar Höffner

Zum formgerechten Nachweis der Vertretungsbefugnis des directors einer in Großbritannien gegründeten und registrierten Private Company Limited By Shares genügt eine notarielle Bescheinigung gemäß § 21 BNotO, wenn eine Zweigniederlassung der Gesellschaft im inländischen Handelsregister eingetragen ist und der der Notar seine Erkenntnisse aus der Einsicht in dieses Register erworben hat.
KG Berlin, Beschluss vom 28.03.2013, Az.: 1 W 434/12